Andreas Kuhlmann, Vorsitzender der Geschäftsführung der Deutschen Energie-Agentur (Dena)

Andreas Kuhlmann.

Foto: Christian Schlüter/Deutsche Energie-Agentur GmbH

Andreas Kuhlmann: „Mir imponiert der schwedische Innovationsgeist“

07.07.2020

Wie denkt man in Deutschland über die schwedischen Pläne für eine „fossilfreie Gesellschaft“? Und in welchen Bereichen bietet sich eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen den Ländern an? Wir haben Andreas Kuhlmann gefragt, Vorsitzender der Geschäftsführung der Deutschen Energie-Agentur (Dena).

Deutsch-Schwedische Handelskammer: Herr Kuhlmann, wie schätzen Sie die schwedische Initiative „Fossilfreies Schweden“ ein und wäre eine ähnliche Initiative auch in Deutschland zu begrüßen?

Andreas Kuhlmann: Die Initiative „Fossilfreies Schweden“ finde ich spannend. Der Ansatz, alle gesellschaftlichen Akteure an der Reduzierung der Treibhausgasemissionen zu beteiligen, sorgt für die notwendige Dynamik. So ist die Energiewende mehr als eine Debatte, weil jeder zur Teilnahme motiviert wird. Und ich glaube, dass in der Umsetzung Hürden schneller genommen werden. Ein gutes Beispiel dafür sind die 21 schwedischen Branchen, die bereits Umsetzungspläne zum fossilfreien Wirtschaften vorgelegt haben. Das ist ein Punkt, den ich aktuell in Deutschland noch etwas vermisse: Die Vorstellungen über die anstehenden Veränderungen sind noch zu wenig konkret. Allerdings haben wir in Deutschland auch andere Rahmenbedingungen und mit dem jüngst verabschiedeten Klimapaket der Bundesregierung wird sich auch bei uns eine Menge ändern.

Wie kann Schweden bei der Umstellung hin zur fossilfreien Gesellschaft von Deutschland profitieren? Gibt es Ihrer Ansicht nach Bereiche, in denen sich die Zusammenarbeit anbietet?

Wir haben einen wirklich guten Austausch mit der Deutsch-Schwedischen Handelskammer. Das ist gut so, denn auf dem Weg hin zur Klimaneutralität können Deutschland und Schweden in vielen Punkten voneinander profitieren. Aktuell unterstützen deutsche Unternehmen mit Technik und Know-how zum Beispiel den Windkraftausbau in Schweden. Auch die Instandhaltung und Modernisierung bestehender Anlagen sind Chancen zur Zusammenarbeit. Großes Potential für Schweden sehe ich vor allem in der Solarenergie – hier können Impulse aus Deutschland gesetzt werden. Vor allem die Start-ups beider Länder können im engen Austausch mit den jeweiligen Industriepartnern voneinander profitieren. Das ist ein spannendes Thema unserer Zusammenarbeit mit der Deutsch-Schwedischen Handelskammer. Anhand der Beispiele kann man erkennen: Die Liste ist lang – Tendenz steigend.

Und wo könnten schwedische Unternehmen einen Beitrag für die Energiewende in Deutschland leisten?

Aktuell ist Wasserstoff in aller Munde. Grüner Wasserstoff, der mittels Strom aus erneuerbaren Energien gewonnen wird, soll ein zentraler Baustein der Energiewende werden – vor allem, um den Verkehrssektor und energieintensive Industriezweige zu dekarbonisieren. Schweden geht hier einen ähnlichen Weg. Das zeigt zum Beispiel die Pilotanlage für „grünen Stahl“ in Luleå. Dort soll mit grünem Wasserstoff statt Kohle produziert werden. Auch die vitale Start-up Szene ist für mich ein Sinnbild dieser neuen Wege. Mir imponiert der schwedische Innovationsgeist. Die Effekte dieser Ideenschmieden dürfen auf keinen Fall unterschätzt werden. Deswegen fördert die Dena Start-ups für die Energiewende und den Klimaschutz mit dem Start Up Energy Transition Award. Ich freue mich sehr über die Partnerschaft mit der Handelskammer und der schwedischen Energie-Agentur. Das hat auch dazu geführt, dass die letzte Kick-off-Veranstaltung für unseren Award bei der Handelskammer in Stockholm stattgefunden hat.

Sie sind seit Juli 2015 Vorsitzender der Dena-Geschäftsführung. Themen wie die Energiewende und der Klimaschutz haben diese Zeit entscheidend geprägt. Wie sieht Ihre Zwischenbilanz aus? In welchen Bereichen hat Deutschland in den letzten Jahren die besten Ergebnisse erzielt?

Es ist schon spektakulär, wie sich die Dinge in den letzten Jahren weiterentwickelt haben. Heute ist viel mehr Druck in der Debatte und mehr Entschlossenheit in der Politik. Das liegt natürlich auch daran, dass die Gesellschaft insgesamt bessere Ergebnisse einfordert. Es liegt aber auch daran, dass mehr und mehr Unternehmen erkennen, welche Chancen mit dieser großen Transformation verbunden sind. Neue Geschäftsmodelle entstehen, ganze Branchen sind im Umbruch. Das ist kompliziert in der Gestaltung, aber es ist eben auch unumkehrbar und voller Chancen. Bei der Dena haben wir uns seit 2015 vor allem auf die hohe Veränderungsdynamik von Energiewende und Klimaschutz konzentriert. Und dabei vor allem auf Innovationen, und eine sektorübergreifende integrierte Betrachtung gesetzt. Das zeigt Wirkung und darauf sind wir auch ein bisschen stolz.