
Oliver Blume, Vorstandsvorsitzender der Porsche AG, hätte 2020 Gastredner der Jahrestagung der Deutsch-Schwedischen Handelskammer sein sollen, aber aufgrund der Coronakrise musste die Veranstaltung abgesagt werden.
Foto: Porsche AG

Der Taycan ist Porsches erster vollelektrischer Sportwagen.
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Oliver Blume: „Wir halten an unseren Investitionen in Zukunftstechnologien fest“
08.06.2020
Oliver Blume, Vorstandsvorsitzender der Porsche AG, in einem Exklusivinterview für die Deutsch-Schwedische Handelskammer zu den Auswirkungen der Coronakrise auf den Autobauer und Porsches Stellung auf dem schwedischen Markt.
Deutsch-Schwedische Handelskammer: Porsche hat bis zum Ausbruch der Corona-Pandemie eine Art Sonderkonjunktur erlebt und auch 2019 wieder Höchstwerte bei Umsatz und Ergebnis erreicht. Wie gehen Sie nun mit der Coronakrise um?
Oliver Blume: Eine Krise meistert man nur gemeinsam. Mit Teamwork, im Schulterschluss mit den Behörden und mit dem Herzblut der Mannschaft. Wir haben schon sehr früh nach Auftreten des Coronavirus in China eine interdisziplinäre Taskforce gegründet. Diese beurteilt die Lage rund um die Uhr und leitet entsprechende Maßnahmen ab. Höchste Priorität hat für uns die Gesundheit unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Unser Anspruch ist es, die Krise systematisch und verantwortungsvoll zu managen und sie gleichsam als Chance zu verstehen. Wichtig ist eine optimistische Grundhaltung, nach vorne zu schauen – und nach der Krise so schnell wie möglich wieder Vollgas zu geben. Auch deshalb halten wir an unseren hohen Investitionen in Zukunftstechnologien fest. Bis 2024 investieren wir insgesamt rund 15 Milliarden Euro in E-Mobilität und die Digitalisierung von Porsche.
Langfristig soll Porsche eine „Zero-Impact-Company“ werden, deren Produkte die Umwelt nicht belasten. Wie gehen Sie diesen Umstellungsprozess an?
Mit Konsequenz, Systematik und in sämtlichen Unternehmensbereichen! Der Schutz der Natur liegt mir auch persönlich am Herzen. In der Produktion werden wir unseren ökologischen Fußabdruck kontinuierlich reduzieren. Dabei geht es zu allererst immer darum, CO2-Emissionen nach Möglichkeit komplett zu vermeiden. Wo sie sich nicht vermeiden lassen, reduzieren wir soweit es geht. Kompensation bleibt als letzte Option. Die Taycan–Fertigung in Zuffenhausen ist schon heute CO2-neutral, ebenso die Energieversorgung unseres kompletten Stammwerks. Das sind erste, wichtige Schritte. Aber in der gesamten Prozesskette liegt noch viel Arbeit vor uns, die wir als Pionier nachhaltiger Mobilität systematisch angehen.
Wo sehen Sie darüber hinaus in den kommenden Jahren die größten Veränderungen auf Porsche zukommen?
Die Automobilindustrie verändert sich in den nächsten fünf Jahren stärker als in den 50 Jahren zuvor. Elektrifizierung, Digitalisierung und Konnektivität sind die drei großen Trends. Ich sehe das als Chance, die Zukunft zu gestalten. Bei uns im Unternehmen sage ich häufiger: Nur weil Porsche sich stets verändert hat, ist Porsche immer Porsche geblieben. Genau darum geht es. Wir haben beispielsweise früh verstanden, dass die Digitalisierung unsere Geschäftsmodelle stark verändern wird. Deshalb ist die digitale Transformation ein zentrales Ziel unserer Porsche-Strategie. Themen wie die Vernetzung der Fahrzeuge, die Entwicklung von Mobilitätsdiensten und den Ausbau digitaler Vertriebswege treiben wir so voran. Entscheidend ist letztlich, innovative Wertschöpfungsfelder zu erschließen und mit neuen Produkten Marktwachstum zu generieren. Dafür sind wir gut aufgestellt.
Wie stehen eingefleischte Porsche-Fans zur Elektrifizierung ihrer Modelle? Befürchten Sie nicht, dass dabei die DNA von Porsche verloren gehen könnte?
Mit unserer Antriebsstrategie setzen wir auf einen Dreiklang aus rein elektrischen Fahrzeugen, starken Hybriden und optimierten Verbrennern. Das wird noch lange so bleiben. Unsere Fans können sich darauf verlassen, dass wir auch in Zukunft nur hochemotionale Fahrzeuge mit Porsche-DNA auf den Markt bringen. Der Taycan, unser erster rein elektrisch angetriebener Sportwagen, ist so ein echter Porsche. Mit diesem E-Fahrzeug haben wir gezeigt, dass es möglich ist, die traditionellen Kernwerte unserer Marke in die Zukunft zu transferieren. Viele langjährige Porsche-Kunden, die zum ersten Mal Taycan fahren, sind begeistert von dessen Fahrdynamik. Porsche elektrisch – das wird eine Erfolgsstory, davon bin ich überzeugt. Die Technik passt einfach sehr gut zum Sportwagen, Beschleunigung und Kraft sind sogar noch schneller verfügbar als beim Verbrenner.
Das unverwechselbare Design ist ein weiteres Kennzeichen der Marke Porsche. Wie schaffen Sie es, beim Design neuer Modelle Wiedererkennbarkeit zu schaffen und sich dennoch laufend neu zu erfinden?
Vielen Dank für das Kompliment. Über die Jahre ist unser Anspruch an das Design gleichgeblieben: Ein Porsche muss zeitlos-klassisch sein. Das macht die Marke so unverwechselbar. Trotzdem bleiben wir im Design nicht stehen und erfinden uns ständig neu. Ein gutes Beispiel ist unsere Stilikone, der 911. Unser Ur-Elfer, der Typ 901 aus dem Jahr 1963, unterschiedet sich trotz aller grundlegenden Gemeinsamkeiten durchaus signifikant vom aktuellen Typ 992. Ähnliches gilt für den Taycan. Seine Designsprache ist typisch Porsche, aber im Detail ist er als eigenständiges Modell erkennbar – als der erste vollelektrische Sportwagen von Porsche.
Wie ist Porsche in Schweden aufgestellt? Welches Potenzial sehen Sie auf dem schwedischen Markt?
Schweden und Porsche passen gut zusammen. In Schweden sind wir in den vergangenen fünf Jahren kontinuierlich stark gewachsen – und das gegen den Trend. 2019 haben wir mit mehr als 2 200 Kundenauslieferungen einen neuen Bestwert erreicht. Die Modellreihen 911, 718 und Panamera sind in ihren Segmenten jeweils Marktführer. Auch der Taycan stößt in Schweden auf großes Interesse. Besonders freue ich mich über das Vertrauen und die Investitionen unserer Partner vor Ort. So haben wir 2019 drei neue Porsche-Zentren eröffnet und damit unser schwedisches Händlernetz von sieben auf zehn Zentren ausgebaut. Ich sehe weiterhin gute Aussichten für Porsche in Schweden.