
Bilaterales Innovationsforum
Zukunftsthemen der Wirtschaft stehen beim German Swedish Tech Forum im Fokus. Ziel ist mehr Zusammenarbeit zwischen deutschen und schwedischen Unternehmen.
Sanna Balsvik, Elna Hallgard, Rickard Nordin, Amanda Palmstierna und Mark Meier nahmen an der Podiumsdiskussion teil.
Moderatorin Sanna Balsvik und Åsa Stenmarck vom schwedischen Amt für Umweltschutz.
Elna Hallgard, Orkla Foods Schweden.
Harald Pflanzl, BASF.
In Kürze legt das schwedische Amt für Umweltschutz der Regierung seinen Bericht über die Voraussetzungen für chemisches Recycling vor. Um die Infrastruktur für Kunststoffrecycling zu verbessern, braucht es politische Initiativen. Die Verbraucher wären bereit, für nachhaltige, recycelte Materialien mehr zu bezahlen. All dies wurde bei einem von der Deutsch-Schwedischen Handelskammer und dem Chemiekonzern BASF organisierten Webinar deutlich.
Kunststoffe und Chemikalien sind eine der größten Warengruppen im deutsch-schwedischen Handel. Da diese darüber hinaus auch in einer Reihe anderer Produkte wie Fahrzeuge, Textilien, Möbel und Lebensmittelverpackungen zu finden sind, kommt ihnen eine besondere Bedeutung zu.
Neue Technologien wie chemisches Recycling spielen eine entscheidende Rolle, um Netto-Null-Emissionen erreichen zu können. Dies wurde deutlich, als Harald Pflanzl, Senior Vice President Nordwest- und Mitteleuropa bei BASF, die Vision des Unternehmens vorstellte:
„Es geht um einen grundlegenden Wandel und weitreichende Veränderungen in der gesamten Chemie- und Kunststoffindustrie“, so Pflanzl. „Wenn wir bis 2050 Netto-Null-Emissionen erreichen wollen, müssen wir bereits heute entsprechende Schritte einleiten – ungeachtet der Herausforderungen, die sich uns stellen. Dazu gehört, Schadstoffemissionen komplett zu vermeiden, den Übergang zur Kreislaufwirtschaft einzuleiten und den Recyclinggrad von schwer zu handhabenden Kunststoffen zu erhöhen.
„Dass in unserer Produktion viel Energie verbraucht wird, ist unvermeidlich.“
Unser Unternehmen möchte auf diesem Weg eine führende Rolle übernehmen. Dass in unserer Produktion viel Energie verbraucht wird, ist unvermeidlich. Deshalb investieren wir in großem Stil in erneuerbare Energiequellen, die sich in der Nähe unserer Produktionsanlagen befinden müssen. Gleichzeitig müssen wir unsere Wettbewerbsfähigkeit erhalten. Dafür sind klarere Rahmenbedingungen und eine bessere Zusammenarbeit zwischen Politik und Industrie erforderlich.“
Laut Harald Pflanzl spielt chemisches Recycling, als Ergänzung zum mechanischen, eine wichtige Rolle beim Übergang zur Kreislaufwirtschaft. Dieser Meinung war auch Åsa Stenmarck, die beim schwedischen Amt für Umweltschutz Naturvårdsverket für die nationale Kunststoffkoordination zuständig ist.
„Wir haben einen Fahrplan für die nachhaltige Verwendung von Kunststoffen in Schweden aufgestellt“, so Stenmarck. „Bei der Kreislaufwirtschaft geht es nicht nur um Recycling, wie man leicht meinen könnte, sondern auch darum, dass die Unternehmen weniger Kunststoffe herstellen müssen. Doch wir müssen nicht nur Kunststoffe reduzieren, sondern ganz allgemein sparsamer werden. Im nächsten Schritt müssen wir dafür sorgen, die Abläufe zu verbessern.
„Wir prüfen, wie die Bedingungen für chemisches Recycling verbessert werden können, weil die Technologie Kunststoffe weniger giftig macht.“
Wir haben den Auftrag von der Regierung bekommen, zu prüfen, wie die Bedingungen für chemisches Recycling verbessert werden können. Dies ist unter anderem notwendig, weil die Technologie Kunststoffe weniger giftig macht. Gleichzeitig sehen wir ein gewisses Risiko, dass chemisches Recycling zu Greenwashing führen könnte, was es zu vermeiden gilt. Außerdem müssen wir entscheiden, welche Arten von Kunststoffabfällen überhaupt in den Recyclinganlagen landen dürfen, um sicherzustellen, dass das recycelte Endprodukt auch von guter Qualität ist.“
Moderatorin Sanna Balsvik nannte eine Studie, aus der hervorging, dass in Schweden 2017 nur 10 Prozent der produzierten Kunststoffe recycelt wurden. Wie sieht die Situation heute aus?
„In ein paar Monaten werden wir eine neue Studie veröffentlichen, die diese Frage hoffentlich beantworten kann“, sagte Åsa Stenmarck. „Allgemein gesehen ist die Verwendung von Kunststoffen in der Welt wohl kaum zurückgegangen und beim Recycling gab es keine größeren Zuwächse. Allerdings stimmen mich Initiativen der Verpackungsindustrie, umweltfreundlichere Materialien zu verwenden, optimistisch. Wir müssen Mut haben, über den Tellerrand hinausschauen und offen dafür sein, mit unerwarteten Partnern zusammenzuarbeiten.“
„Kunststoff ist als Material unverzichtbar, stellt aber gleichzeitig eine Herausforderung dar, wenn es ums Recycling geht“, erklärte Elna Hallgard, Development Manager Packaging bei Orkla Foods Schweden.
„Als Lebensmittelhersteller verwenden wir große Mengen an Plastik für Verpackungen, denn es gibt derzeit keine zufriedenstellenden Alternativen. Das Material hält Lebensmittel frisch, die sonst im Müll landen würden, und hat ein geringes Gewicht. Darüber hinaus ist es leicht zu transportieren und wird von den Kunden geschätzt. Aber wir müssen anpacken, um die Kreisläufe zu schließen. Auf diesem Weg ist noch viel zu tun – beispielsweise müssen neue Verpackungen auch allen Anforderungen entsprechen.
„Es ist sehr viel Plastik um Umlauf, doch oft fehlt es an Kunststoffen in der richtigen Qualität.“
Es ist sehr viel Plastik um Umlauf, doch oft fehlt es an Kunststoffen in der richtigen Qualität, wenn wir nach wiederverwertetem Rohmaterial suchen, das wir in unseren Verpackungen verwenden können. Hier ist die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Akteuren die einzige Lösung. Die neue EU-Richtlinie sieht vor, dass bis 2025 die Hälfte aller Kunststoffe recycelt werden soll. In Schweden liegt der Anteil derzeit zwischen 10 und 20 Prozent. Wir haben also noch einen langen Weg vor uns. Die gesamte Infrastruktur muss so angepasst werden, dass die Wiederverwertung klimatfreundlich stattfinden kann. Dazu sind wiederum politische Initiativen und Anreize notwendig“, meinte Elna Hallgard.
An der abschließenden Podiumsdiskussion nahmen auch die schwedischen Parlamentsabgeordneten Amanda Palmstierna (Grüne) und Rickard Nordin (Zentrumspartei) teil. Beide betonten, wie wichtig Zusammenarbeit und Standardisierung sind.
„Vor allem brauchen wir Mut und vorwärts gerichtetes Denken.“
„Vor allem brauchen wir Mut und vorwärts gerichtetes Denken“, sagte Amanda Palmstierna. „Alle Akteure – Industrie, Verbraucher und Politik – müssen an einem Strang ziehen. Ganz besonders möchte ich die Verbraucherperspektive betonen. Es geht hier um Vertrauen und darum, Greenwashing zu vermeiden, denn damit schwindet die Motivation zum Recycling. Darüber hinaus müssen wir auch auf EU-Ebene zusammenarbeiten.“
„Eine Standardisierung auf EU-Ebene ist wichtig, damit alle die Spielregeln kennen.“
„Eine Standardisierung auf EU-Ebene ist außerordentlich wichtig, damit alle die Spielregeln kennen“, meinte Rickard Nordin. „Wenn aus Abfällen eine wichtige Ressource im Recyclingprozess wird, werden sie plötzlich wertvoll und attraktiv. An genau diesem Punkt müssen wir ansetzen. Die Fahrpläne, die wir gemeinsam mit der Initiative Fossilfreies Schweden entwickelt haben, sind ein wichtiger Schritt auf dem Weg dorthin.“
Alle Webinarteilnehmer waren sich darin einig, dass entscheidend ist, welche Anreize für Recycling bestehen und dass es mehr davon geben müsse. Es herrschte auch Einigkeit darüber, dass die Verbraucher bereit sind, mehr für nachhaltige und recycelte Verpackungen zu zahlen, welche letztendlich auch nur einen relativ kleinen Teil der Gesamtkosten ausmachen.
Mark Meier, Geschäftsführer BASF Schweden und Vice President BASF Nordic/Baltic, rundete die Diskussion ab:
„Wir müssen mehrere Dinge gleichzeitig anpacken und Mut und Kooperationsbereitschaft beweisen.“
„Wir müssen mehrere Dinge gleichzeitig anpacken und Mut und Kooperationsbereitschaft beweisen. Die Bedeutung von chemischem Recycling steht außer Frage. Unklar ist, in welcher Form genau es Anwendung finden wird, da noch ein paar technische Herausforderungen gelöst werden müssen. Darüber hinaus braucht es klare Vorgaben aus der Politik. Auch wenn der Ausgang ungewiss ist, ist Nichtstun keine Option. Unser Unternehmen hat sich ehrgeizige Recyclingziele für das Jahr 2025 gesetzt. Weil das im Grunde ja schon morgen ist, ist es jetzt höchste Zeit zu handeln.“
Das Webinar wurde im Rahmen des German Swedish Tech Forum veranstaltet. Das German Swedish Tech Forum ist eine Innovationsplattform, die zu mehr Zusammenarbeit zwischen Industrieunternehmen in Deutschland und Schweden beitragen soll, und im Januar 2017 von Angela Merkel und Stefan Löfven eingeweiht wurde. Initiatoren des Forums sind die Deutsch-Schwedische Handelskammer und die Königlich Schwedische Akademie der Ingenieurwissenschaften (IVA).
Lesen Sie hier mehr über das Forum.
Haben Sie das Webinar verpasst? Sie können sich die Sendung auch im Nachhinein auf unserem Youtube-Kanal anschauen.