
Schwedens Haushaltsentwurf für 2020 im Zeichen steigender Unsicherheit
18.09.2019
Finanzminister sind derzeit um ihren Job nicht zu beneiden. Die globale Konjunktur wackelt bedenklich. Mehrere wichtige Faktoren wie der amerikanisch-chinesische Handelskonflikt und das Brexit-Gerangel nehmen sich nicht gerade als positive Stimmungsmacher aus. Als ob diese Unsicherheitsfaktoren nicht schon reichten, kommt jetzt noch die instabile Entwicklung im Persischen Golf dazu, obwohl sich hier negative Dimensionen momentan überhaupt nicht abschätzen lassen. Insgesamt bedeuten diese geopolitischen Unsicherheitsfaktoren aber ganz gewiss kein gutes Vorzeichen für einen öffentlichen Haushaltsentwurf in diesen Tagen.
Unglücklicherweise für Schwedens Finanzministerin Magdalena Andersson kamen ausgerechnet einen Tag vor der Haushaltsdebatte noch schlechte Nachrichten vom schwedischen Arbeitsmarkt, der sich schon während der bis vor kurzem guten Konjunktur keineswegs sonderlich stark entwickelt hatte. Im August 2019 belief sich die Arbeitslosigkeit auf 7,1 Prozent oder einen vollen Prozentpunkt höher als ein Jahr zuvor. Diese Entwicklung entspricht beileibe nicht Schwedens arbeitsmarktpolitischen Ansprüchen.
Gas oder Bremse?
Sollte nun vorsichtshalber wegen der erheblichen Konjunkturrisiken mehr Gas gegeben werden, wie vielerorts verlangt wird? Sollte sich damit die seit Jahren grundsolide Finanzpolitik in Schweden – wie auch in Deutschland – wieder in den roten Bereich hinein bewegen, oder sollte die weitere Konjunkturentwicklung noch (etwas) abgewartet werden?
Wie Deutschland in Form der „schwarzen Null“ – was einem ausgeglichenen oder leicht positiven Budgetsaldo entspricht – hat auch Schweden derartige zurückhaltende fiskalpolitischen Rahmenbedingungen. Damit ist auch in Schweden kein Platz für nennenswerte finanzpolitische Stimulans und Exzesse. Dies spiegelt sich auch im eben vorgelegten Haushaltsentwurf für 2020 wider.
Wichtige Reformen oder Veränderungen
Wie immer enthält der Haushaltsentwurf der schwedischen Regierung – bestehend aus Sozialdemokraten und Grünen – eine Vielzahl von kleineren Reformen und Veränderungen. Dies muss nicht negativ sein, doch sind die Effekte dementsprechend bescheiden. Inhaltlich ist der Haushaltsentwurf für 2020 stark durch das 73-Punkte Abkommen vom Januar dieses Jahres mit den oppositionellen Liberalen und der ehemals ländlichen Zentrumpartei (Centern) geprägt. Erst durch dieses Abkommen mit deutlichen Spuren bürgerlicher Politik kam es letztendlich zur derzeit regierenden Minderheitsregierung.
Einige wirtschaftspolitische Reformen oder Veränderungen erscheinen durchaus nennenswert. Hierzu gehören für das Haushaltsjahr 2020 u.a.
- die seit 1995 erhobenen Extrasteuern für höhere Einkommen (kostet 6,1 Mrd. SEK, betrifft knapp 350 000 Einwohner),
- Steuersenkungen für Personen über 65 Jahre (kostet 4,3 Mrd. SEK, betrifft etwa mehr als 1 Million Einwohner),
- reduzierte Arbeitgeberbeiträge für Neueinstellungen von Migranten, Jugendlichen und Langzeitarbeitslosen (kostet 1,7 Mrd. SEK),
- verbesserte Unterstützung von Förderungsgebieten (kostet 1,35 Mrd. SEK),
- Verbesserungen des Schulwesens seitens des Staates (kostet 2,2 Mrd. SEK),
- Verbesserungen des Umweltschutzes (kostet in etwa 2.8 Mrd. SEK).
Mit diesen Beträgen sind bereits knapp zwei Drittel des insgesamt geplanten Reform- und Veränderungsbudgets abgedeckt. Allein diese Relation erlaubt die Schlussfolgerung, dass Schweden auch im Haushaltsjahr 2020 auf finanzielle Stabilität setzt. Ob dies allerdings ausreichen wird, die durchaus optimistische Wachstumsprognose für das BIP zu erreichen (2020: + 1,4 %), steht auf einem anderen Blatt.
Etwas mehr zukunftsweisender Reformeifer bei vor allem Bildung/Ausbildung und Steuern – aber auch in etlichen anderen Bereichen – wäre schon erwünscht gewesen, bei allem Respekt vor dem Primat der Haushaltsstabilität!
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