Prof. Hubert Fromlet kommentiert für die Deutsch-Schwedische Handelskammer

Schwedens Haushalt für 2021 im Zeichen von Umwelt, öffentlichen Ausgaben und Steuersenkungen

21.09.2020

Heute hat Schwedens Regierung den Haushaltsentwurf für 2021 vorgestellt. Unser Senior Advisor Prof. Hubert Fromlet berichtet über die Inhalte.

Vor ein paar Wochen konnten an dieser Stelle die absehbaren Konturen des schwedischen Staatshaushalts für 2021 nachgelesen werden – mit deutlich ausgeweiteten Mitteln für die Umwelt und den öffentlichen Sektor. Inzwischen hat Finanzministerin Magdalena Andersson die Haushaltsplanung der Regierung und der zwei bürgerlichen Unterstützungsparteien dem Parlament und der Öffentlichkeit vorgestellt. In der Tat konzentrieren sich die für das nächste Jahr geplanten Ausgabensteigerungen auf die oben genannten Bereiche. Gewisse Steuersenkungen kommen noch hinzu.

Rahmenbedingungen

Zweifelsohne prägt die Coronakrise die Wirtschaftspolitik der schwedischen Regierung 2021 in hohem Maße. Dazu gehört der nach wie vor gültige Konsens der zwei Regierungsparteien (Sozialdemokraten und Grüne) mit den beiden bürgerlichen Unterstützungsparteien (Liberale und Zentrum) bei Haushaltsabstimmungen. Diese politische Kooperation bedeutet, dass die Minderheitsregierung auch Elemente bürgerlicher Wirtschaftspolitik in ihrem Haushalt berücksichtigen muss. Dies zeigt sich vor allem in den vorgeschlagenen Steuersenkungen. Allerdings ist das Verhalten der oppositionellen Linkspartei bei der kommenden Abstimmung im Reichstag noch unklar, was von einschneidender Bedeutung sein könnte.

„Insgesamt enthält der schwedische Haushaltsentwurf „von allem etwas“ – und lässt sich aufgrund der Corona-Unsicherheit qualitativ nur sehr schwer beurteilen.“

Insgesamt enthält der schwedische Haushaltsentwurf „von allem etwas“ – und lässt sich aufgrund der Corona-Unsicherheit qualitativ nur sehr schwer beurteilen. Offensichtlich ist, dass die vier schwedischen „Haushaltsplaner“ keine größeren Rückschläge im Kampf gegen Covid-19 erwarten. Wer weiß denn schon, wie die Lage nach dem nächsten Winter einzuschätzen ist?

Konjunktur – sukzessive Erholung erwartet

Die Beurteilung der Konjunktur und die dazugehörigen Annahmen dienen normalerweise als Ausgangspunkt für die Einnahmen- und Ausgabenplanung der Regierung. Die Prognosen sehen wie folgt aus:

Die schwedische Wirtschaft 2019-2022 (Veränderungen in Prozent)
  2019 2020 2021 2022
BIP 1,2 -4,6 4,1 3,8
         
Privater Konsum 1,2 -4,7 4,3 4,3
Öffentlicher Konsum 0,3 1,2 0,8 -0,1
Bruttoinvestitionen -1,3 -9,0 3,5 5,5
Export 3,2 -6,8 4,8 5,7
Import 1,1 -8,3 5,0 4,8
         
Arbeitslosigkeit (in %) 6,8 9,0 9,5 8,1
Öffentliche Verschuldung (in % des BIP) 35,2 42,6 42,3 41,4

Die wichtigsten Maßnahmen

Insgesamt sind für das nächste Haushaltsjahr zusätzliche Ausgabensteigerungen von über 105 Milliarden Kronen vorgesehen. Das hört sich nach viel Geld an, macht aber nur rund 2 Prozent des schwedischen BIP aus. Die öffentliche Verschuldungsquote verändert sich zwar von 35,2 Prozent des BIP 2019 über 42,6 Prozent in diesem Jahr auf 42,3 Prozent 2021. Dies ist bei Schwedens fundamental starken Staatsfinanzen nicht gerade furchterregend. Allerdings lässt sich nicht abschätzen, welche zusätzlichen Belastungen die Coronapandemie später noch für den Staatshaushalt bedeuten kann, weder auf der Ausgaben- noch auf der Einnahmenseite.

Nennenswerte zusätzliche Ausgabensteigerungen sind unter anderem erhöhte Staatszuschüsse an die Kommunen und Regionen (10 Mrd. SEK), verbesserte Konditionen für Altenpflege (6 Mrd. SEK) und weitere Corona-Bekämpfung (7 Mrd. SEK), Umwelt (8 Mrd. SEK), reduzierte Arbeitgeberabgaben für Jugendliche (7,5 Mrd. SEK), Steuervergünstigungen für Investitionen (5,5 Mrd. SEK), sonstige Unternehmenszuschüsse (10,6 Mrd. SEK), Steuersenkungen für Rentner (4,6 Mrd. SEK) und übrige private Haushalte (5 Mrd. SEK), Erhöhung  des Arbeitslosengeldes (5,7 Mrd. SEK), zusätzliche Ausgaben für Bildung und Ausbildung (4 Mrd. SEK) sowie Forschung (3,4 Mrd. SEK).*

Für alle diese breit gestreuten Maßnahmen gibt es Lob und Tadel. Beim nächsten Budget werden wir wohl mehr über Richtigkeit oder Unzulänglichkeit wissen. Gegenwärtig nehme ich aufgrund der allgemeinen wirtschaftlichen Unsicherheit eher eine neutrale Position ein.

 

*Teilweise eigene Additionen von Einzelpositionen

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Hubert Fromlet

Affiliierter Professor an der schwedischen Linné-Universität und Senior Advisor der Deutsch-Schwedischen Handelskammer

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