Blaue Wand, Schatten von Menschen und der Text "Wirtschaftliche Einschätzungen zum Coronavirus. Prof. Hubert Fromlet kommentiert für die Deutsch-Schwedische Handelskammer"

Schweden hofft auf konjunkturellen Wendepunkt

25.06.2020

Die Stimmung in der schwedischen Wirtschaft hat sich etwas verbessert. Schweden hofft auf den Wendepunkt, doch auf welcher Basis? Das fragt sich unser Senior Advisor Prof. Hubert Fromlet.

Hoffnung kann sich als bedeutender Faktor für Konjunktur und Wachstum entpuppen, denn sie deutet einen baldigen Wendepunkt an. „Die Hoffnung stirbt zuletzt“ – damit ist eine deutlich negative Entwicklung mit schlechten Aussichten gemeint, bei der dennoch eine Wende zum Besseren in letzter Minute nicht ausgeschlossen ist.

Hoffnungsschimmer als Vorstufe für einen Wendepunkt bedeuten allerdings nicht zwangsläufig eine Erholung der Konjunktur. In der Vergangenheit konnten immer wieder konjunkturelle Strohfeuer beobachtet werden. Wie sieht es dieses Mal aus?

Hoffnung kommt aus vieler Munde

Psychologie (”behavioral finance” oder “behavioral economics”) spielt eine besonders wichtige Rolle für den weiteren Konjunkturverlauf. Neugeborene Hoffnung bei schwieriger Wirtschaftslage macht dabei meistens den ersten Schritt einer Konjunkturerholung aus. Erste positive Signale können von den Finanzmärkten, Managern, Ministern, aus Umfragen oder der Presse stammen.

In Schweden sind diese Quellen frisch erwachter Hoffnung grundsätzlich angesprungen. Auch Finanzministerin Magdalena Andersson vertritt die Ansicht, dass der konjunkturelle Wendepunkt inzwischen erreicht sein könnte. Schweden hofft wieder – bislang allerdings ohne statistische Datenbasis.

Denn bei genauer statistischer Analyse kann von beruhigender Entspannung an der Coronafront noch keineswegs gesprochen werden. Erst jetzt wird breiter getestet, sodass sich weiterhin nur wenig über die unterliegende Infektionstätigkeit sagen lässt. Zudem muss abgewartet werden, wie sich die offiziell gelobte Coronadisziplin der Bevölkerung in den Sommermonaten entwickeln wird.

Daher sind die inzwischen sichtbaren, aber noch immer recht vorsichtigen schwedischen Konjunkturhoffnungen in erster Linie eine Funktion der zukünftigen Entwicklung der Infektionen und Todesfälle.

Wichtige Indikatoren

Es lohnt sich, einige politische und wirtschaftliche Indikatoren genauer zu analysieren. Dazu gehören vor allem die Wirtschaftspolitik der schwedischen Regierung, die finanzpolitische Ausgabenfreudigkeit, der Wille zur Verlängerung von coronabedingten Hilfsprogrammen, das BIP für das zweite Quartal (Veröffentlichung am 14.8.), die Stimmungsindizes der Einkäufer und des staatlichen Konjunkturinstituts, Auftragseingänge in der Industrie mit Branchen sowie Verkaufszahlen des Einzelhandels.

Dabei sollte bedacht werden, dass einzelne Tages-, Wochen- oder Monatsdaten normalerweise nicht so viel hergeben, sondern Entwicklungen über einen etwas längeren Zeitraum hinweg erfasst werden sollten, wie etwa zwei Tage, eine Woche, zwei Monate oder ein rollender 12-Monate-Vergleich.  

Auch die Entwicklungen in den USA, China und der EU müssen analysiert werden. Ein Scheitern der internen EU-Finanzverhandlungen könnte sich sehr negativ auf die europäische und globale BIP-Entwicklung auswirken. Hier steht Schweden in der Pflicht und sollte einem Kompromiss zwischen Zuschuss und Kredit beim 750-Milliarden-Euro-Hilfsprogramm der EU nicht im Wege stehen.

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Hubert Fromlet

Affiliierter Professor an der schwedischen Linné-Universität und Senior Advisor der Deutsch-Schwedischen Handelskammer

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