Eine Collage mit zwei Bildern: Links sieht man die Stadtmauer der Stadt Visby bei Sonnenuntergang, rechts sieht man die Bühne bei der Almedalswoche mit Publikum.

Foto: Region Gotland

Almedalen – ein Festival für die Demokratie

28.06.2019

Der Frühsommerstress ist überstanden, Mittsommer gefeiert und für viele Schweden kehrt nun die Sommerruhe ein. Doch eine Großveranstaltung trotzt dem Sommerloch: Die Almedalsvecka (Almedalen-Woche). Jedes Jahr Anfang Juli lockt sie Schwedens Politik, Wirtschaft und NGOs eine Woche lang auf die Insel Gotland – genauer gesagt in den Park Almedalen der Inselhauptstadt Visby – wo gemeinsam Pläne, Visionen und Ziele für die Gesellschaft entwickelt und diskutiert werden.

Hierbei treffen sich schwedische Politiker, Vertreter von Kommunen, Behörden, gemeinnützigen Organisationen und der Wirtschaft bei einer großen Bandbreite an Veranstaltungen, die fast ausschließlich kostenlos und auch für die Allgemeinheit zugänglich sind. Alle sind eingeladen, an den Seminaren, Debatten und anderen Veranstaltungsformaten teilzunehmen und rege mitzudiskutieren.

Die Almedalen-Woche ist so zu einer Art Festival für eine lebendige Demokratie geworden, welches in seiner Größe und politischen Bedeutung weltweit einzigartig und fest in der 27. Kalenderwoche verankert ist. Doch wie ist die oft auch Politikerwoche genannte Großveranstaltung eigentlich entstanden?

Palme startet politisches Großevent

Den Grundstein zur heutigen Almedalen-Woche legte der Sozialdemokrat und ehemalige schwedische Ministerpräsident Olof Palme. 1968 hielt er im Visbyer Park Almedalen erstmals eine Rede auf der Ladefläche eines LKW. Diese Rede inspirierte andere Politiker, im Sommer ebenfalls nach Gotland zu kommen, wo viele Schweden gerne Urlaub machen, und war der Startschuss für eine neue politische Tradition.

In den darauffolgenden Jahren wurden im sommerlichen Almedalen-Park immer mehr politische Reden gehalten und 1991 waren zum ersten Mal alle im schwedischen Reichstag vertretenen Parteien in Visby vor Ort. Besonders in den 2000er-Jahren ist die Veranstaltungswoche dann explosionsartig gewachsen, da zu den politischen Reden auch immer mehr Veranstaltungen von Interessenverbänden und der Wirtschaft hinzukamen.

Die Almedalen-Woche hat sich mittlerweile als feste politische Tradition in Schweden etabliert und Visby somit zum place to be für politische Sommerdiskussionen gemacht.

Acht Parteien – acht Tage

In der Woche hat jede Partei, die im schwedischen Reichstag vertreten ist, jeweils einen eigenen Tag, an dem sie besonders im Fokus steht. Festgelegt ist, dass der Parteivorsitzende oder ein anderer hochrangiger Vertreter der Partei um 19 Uhr eine Rede hält, die live im schwedischen Fernsehen übertragen wird.

Die Anzahl der Parteien bestimmt die Länge der Almedalen-Woche (aktuell acht Tage) und damit Demokratie und gleiches Recht für alle sichergestellt werden können, rotiert die Reihenfolge der Parteien von Jahr zu Jahr. Die Partei, die in einem Jahr am letzten Tag der Woche im Fokus steht, macht im nächsten Jahr den Anfang usw.

Dieses Jahr stehen vom 30. Juni bis zum 7. Juli über 3.500 Events von circa 1.500 Veranstaltern auf dem Programm. 2018 wurden während der Almedalen-Woche 45.000 Besucher gezählt, was, vor allem gemessen an Visbys Einwohnerzahl (ungefähr 24.000 Einwohner), eine beträchtliche Anzahl ist.

Nachhaltigkeit und Digitalisierung im Fokus

Die meisten Veranstaltungen werden dabei in Seminarform angeboten, bei der sich Experten zu einem bestimmten Thema austauschen und die Zuhörer Fragen stellen oder mitdiskutieren können. Auch eine Vielzahl an Get-Togethers an den Abenden lädt zu einem regen Austausch ein.

Bei diesem großen und bunten Programm ist es für die Veranstalter jedoch nicht einfach, aus der großen Masse herauszustechen. Im Fokus besonders vieler Seminare und Debatten stehen dieses Jahr beispielsweise die Themen Digitalisierung, Nachhaltigkeit, Umwelt- und Klimafragen, Pflege und Bau.

Auch die Deutsch-Schwedische Handelskammer ist alljährlich vor Ort in Visby und veranstaltet dieses Mal ein Seminar zu der Frage, wie Deutschland und Schweden in Sachen Digitalwirtschaft führend werden können. Weitere Informationen zu unserer Veranstaltung finden Sie hier.