Zweigeteiltes Bild: Links sieht man ein rotes Haus im Stockholmer Schärengarten, rechts einen Stadtausschnitt

Zwischen Sommeridylle und blutrünstigen Morden: Das Schwedenbild im Wandel

04.09.2019

Natur und Ruhe, Umweltbewusstsein, eine sympathische Königsfamilie, kurzum: ein perfektes Bullerbü-Idyll. Fragt man Deutsche nach ihren spontanen Gedanken zu Schweden, sind dies die typischen Dinge, die mit dem Land auf der anderen Seite der Ostsee verbunden werden. Doch aktuelle Diskussionen und Untersuchungen in Schweden zeigen, dass sich dieses Bild verändern kann und dass das Schwedenbild nicht in jedem Land so idyllisch ausfällt wie in Deutschland.

Woher rührt es, dass Deutsche so positiv über Schweden denken? Filme und Bücher vermitteln uns, dass Schweden ein Paradies ist. Zum Beispiel bewirken die beliebten Kinderbücher von Astrid Lindgren, dass wir Pippis und Michels Welt in die Realität übertragen. Auch Inga-Lindström-Filme sind den meisten Deutschen ein Begriff: Die romantischen Geschichten, die sich stets vor der schönsten sommerlichen Schwedenkulisse abspielen, transportieren ausschließlich positive Gefühle.

Außerdem ist Schweden, dabei vor allem die ländlichen Regionen des Landes, ein beliebtes Reiseziel vieler Deutscher. Alles zusammen schafft also eine märchenhafte Schwedenvorstellung.

Ein wenig getrübt wird diese Vorstellung durch die deutsche Vorliebe für schwedische Krimis. Neben blutrünstigen Morden sind Sozialkritik und drastische Schilderungen typische Bestandteile eines Schwedenkrimis.

Romane von Henning Mankell, Håkan Nesser, Stieg Larsson und vielen weiteren Autoren sind wahre Exportschlager Schwedens. Erst letzte Woche erschien in Schweden „Vernichtung“, der letzte Teil der Fortsetzung der Millenium-Reihe von David Lagercrantz. Das düstere Schweden ist also wieder ganz aktuell im Buchhandel.

Gutes Schweden, schlechtes Schweden

Schweden fasziniert auch in der Realität: Die Art und Weise, wie Schweden in internationalen Medien dargestellt wird, ist besonders interessant. Das Land wird oft sehr vereinfacht dargestellt und dabei gibt es nur zwei Optionen: Entweder handelt es sich es um ein „gutes“ oder um ein „schlechtes“ Schweden. Das ist ein Ergebnis der Forschungen des Instituts für Medienstudien in Stockholm aus dem Herbst 2018.

Ein Beispiel für das „gute“ Schweden ist die Darstellung in Deutschland: In der Bundesrepublik wird wenig Negatives über Schweden berichtet. Das beliebteste Schwedenthema in der ersten Jahreshälfte war Greta Thunberg und die durch sie entstandene Bewegung. Neben all der Kontroverse, die der Streik für das Klima auslöste, konnte sich dennoch das Bild von Schweden als umweltbewusstes, fortschrittliches Land weiter festigen.

In anderen, häufig englischsprachigen, Medien wird das Leben in Schweden ganz anders dargestellt: Schweden erhält insbesondere bei negativen Ereignissen Aufmerksamkeit. Diese Ereignisse sind allerdings oft Gerüchte, die sich hartnäckig in den Suchmaschinen halten.

Ein Gerücht, welches jedoch längst widerlegt wurde, ist zum Beispiel, dass Malmö eine besonders gefährliche Stadt mit den meisten Vergewaltigungen in Europa sein soll. Und wissen Sie noch, was Last night in Sweden passierte? Laut medialer Darstellung in einigen Ländern passiert tatsächlich wenig Positives, seit Schweden im Jahr 2015 viele Flüchtlinge aufgenommen hat.

Diese negative Entwicklung des Images wird in Schweden nicht ignoriert. Laut einer Studie der Universität Göteborg liegt es der Mehrheit der Schweden am Herzen, dass das Bild ihres Landes im Ausland positiv ist. Außerdem forscht das Svenska Institutet (Schwedisches Institut), eine Behörde mit dem Auftrag, die Bekanntheit, das Interesse und Vertrauen in Schweden zu stärken, fortlaufend zum Schwedenbild in verschiedenen Ländern.

Das gruselige Schweden als Kinotrend

Doch ein Trend aus der Kinowelt führt zu neuen Diskussionen über das Schwedenbild im Ausland: Aktuell ist Schweden eine beliebte Leinwandkulisse für internationale Horrorfilme. In bereits zwei Filmen, die große Aufmerksamkeit erhielten, nämlich The Ritual und Midsommar, wird Schweden in einem unruheweckenden Licht vorgestellt.

Erklären lässt sich Schweden als Standort für Gruselschocker durch die Masse an unberührter Natur, die genug Fantasie für Gefahren, die in den Wäldern lauern könnten, weckt. Sowohl in The Ritual als auch in Midsommar entwickelt sich die schöne Landschaft zur Falle und die allseits beliebten schwedischen Traditionen werden zu brutalen Albträumen.

Gut oder schlecht, märchenhaft oder albtraumhaft: Die verschiedenen Schwedenbilder könnten nicht unterschiedlicher sein. Es bleibt spannend, in welche Richtung sich die Wahrnehmung in den nächsten Jahren entwickeln wird.