Prof. Hubert Fromlet kommentiert für die Deutsch-Schwedische Handelskammer

Schweden wird 2020 wohl eine Rezession vermeiden können

19.12.2019

Schweden – wie auch Deutschland – blieb 2019 von einer konjunkturellen Rezession verschont. Zunehmender Pessimismus verbreitete sich aber vor allem im Herbst, in erster Linie angetrieben durch den Handelskonflikt zwischen den USA und China und die weltweit abflauende Konjunktur im verarbeitenden Gewerbe.

Nicht zuletzt die zusehends trübere deutsche Industriekonjunktur trug zu den tiefen Sorgenfalten der schwedischen Analysten bei. Dabei wurde allerdings hierzulande meist übersehen, dass sich weite Teile der deutschen Binnenkonjunktur auch nach den Sommerferien gar nicht so schlecht entwickelten.

Stimmung schlechter als Lage?

Wahrscheinlich war die Stimmung in den letzten Monaten auch in Schweden (etwas) schlechter als die faktische Lage. Das heißt dennoch, dass sich die schwedische Konjunktur im Laufe des Jahres 2019 erheblich abgekühlt hat. Dies lässt sich auch statistisch bestätigen.

Relativ ordentlich entwickelte sich auch in den letzten Monaten die schwedische Baukonjunktur, doch hat das Tempo beim Wohnungsbau spürbar abgenommen. Auch im Einzelhandel scheint die Stimmung unverändert gut zu sein, meldete erst vor Kurzem das staatliche Konjunkturinstitut (KI).

Deutliche Konjunkturmüdigkeit besteht laut KI aber weiterhin in der verarbeitenden Industrie und inzwischen auch im industrienahen Dienstleistungsbereich. Diese negativen Entwicklungen haben auch Spuren auf dem schwedischen Arbeitsmarkt hinterlassen – trotz zuletzt positiver Korrekturen der mit statistischen Systemmängeln behafteten Arbeitslosenzahlen.

Insgesamt scheint dennoch die Frage berechtigt, ob die Stimmungsindikatoren in den letzten Monaten im Vergleich zur faktischen Entwicklung nicht doch etwas zu düster ausfielen. Zahlen für das schwedische BIP im vierten Quartal 2019 und für das ganze Jahr 2019 werden allerdings erst am 28. Februar 2020 veröffentlicht.

Verhaltene Entwicklung auch 2020 – aber keine Rezession

Die Überwindung einer schwachen Konjunktur oder gar Rezession im verarbeitenden Gewerbe dauert in der Regel geraume Zeit, bei historischer Betrachtung durchschnittlich etwa zwei Jahre. Dies würde in der aktuellen Situation bedeuten, dass sich die schwedische Industriekonjunktur – ceteris paribus – im Laufe des Jahres 2020 bestenfalls leicht erholen dürfte. Ein ähnlicher Verlauf ist auch für die totale Baukonjunktur zu erwarten.

Von der Nachfrageseite aus betrachtet wird sich die schwedische Konsumkonjunktur auch 2020 ordentlich entwickeln. Allerdings ist nur mit kaum nennenswertem Aufwind für die schwächelnde Investitionsnachfrage (exklusive Bauwirtschaft) zu rechnen. Auch bei den Nettoexporten (Export minus Import) sind in den nächsten Quartalen nur kaum merkbare Wachstumsimpulse zu erwarten.

Insgesamt dürften diese Konjunkturperspektiven für 2020 für ein verhaltenes BIP-Wachstum reichen, in etwa in der Größenordnung von 0,75 bis 1,25 Prozent. Bescheiden zwar – aber wenigstens keine Rezession – falls die mancherorts instabile politische Entwicklung nicht doch noch ausartet.

Schwedenkrone weiter mit Vorsicht zu genießen

Abschließend noch ein kurzer Kommentar zur schwedischen Krone, die uns auch im vergangenen Jahr wieder allerhand Streiche gespielt hat. Erneut wurde die Erfahrung gemacht, dass Währungsprognosen in der Praxis nicht möglich sind. Dies betraf im letzten Jahr auch immer wieder die schwedische Krone.

Wenn nun bei aktuellen Konjunkturprognosen wieder mit einer stärkeren Krone im Jahr 2020 gerechnet wird, handelt es sich hier lediglich um eine technische Annahme für die makroökonomischen Modellrechnungen, aber keineswegs um anwendbare Werte für die Wirtschaft – wenn auch sie manchmal ins Ziel treffen können.

Ich wünsche allen Lesern ein schönes Weihnachtsfest und alles Gute für 2020 – mit sich hoffentlich aufhellenden Konjunkturperspektiven für Schweden und, falls hilfreich, auch für das eigene Unternehmen.

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Hubert Fromlet

Affiliierter Professor an der schwedischen Linné-Universität und Senior Advisor der Deutsch-Schwedischen Handelskammer

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