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Wehrdienst in Deutschland – Lässt sich Freiwilligkeit einfach so in eine Pflicht verwandeln?
23.04.2025
Mit der neuen Koalition kommt auch in Deutschland die Diskussion über die Wehrpflicht. Häufig erwähnt wird dabei das schwedische Modell. Doch passt der Vergleich?
In Deutschland entbrennt gerade eine Debatte. Denn: Deutschland soll wehrhafter werden. Dieser Duktus geistert nicht erst seit dem schwindenden amerikanischen Schutzschirm von Seiten Donald Trumps durch die deutsche Politik. Bereits das Sondervermögen von 2022, damals im Kontext des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine, war der erste Schritt in diese Richtung. Nun macht auch Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) ernst und will einen Wehrdienst, basierend auf Freiwilligkeit einsetzen. Ein Novum, seitdem der Wehrdienst 2011, damals unter Kraftanstrengung von Ex-Verteidigungsminister Karl-Theodor von Guttenberg (CSU) ausgesetzt wurde.
Neu ist auch der Diskussions-Einfluss des vielgenannten „schwedischen Modells“ bezüglich des Wehrdienstes. Allerdings versteckt sich dahinter eher ein Euphemismus als ein Vorbild. Denn der Faktor Freiwilligkeit funktioniert in Schweden nicht.
Kaum Freiwillige in Schweden
Kurz erklärt rekrutiert Schweden seit 2018 folgendermaßen: Volljährige werden unabhängig vom Geschlecht angeschrieben und ein Teil davon zur Musterung einberufen. Hinzu kommt die Möglichkeit, sich bei einer Nicht-Einberufung freiwillig zu melden.
Auch Pistorius plant den Fragebogen: Für Männer in Deutschland ist das Ausfüllen Pflicht, für Frauen und Personen anderen Geschlechts bleibt es freiwillig. Wer bereit ist Wehrdienst zu leisten, wird eingeladen und geprüft.
Was dabei allerdings außer Acht gelassen wird: Die Freiwilligkeit, auf die Pistorius hofft, spielt in Schweden eine verhältnismäßig kleine Rolle.
2025 erhielten laut Pliktverket, der zuständigen nationalen Behörde in Schweden, 110.000 Schwedinnen und Schweden mit Jahrgang 2007 die Unterlagen für den Auswahlprozess. Diejenigen, die durch diesen Prozess ausgewählt werden, sind gesetzlich dazu verpflichtet, den Wehrdienst zu leisten. Es handelt sich also nicht um ein rein freiwilliges Modell. Rund 9.000 davon sollen im Zeitraum 2026 bis 2027 die Grundausbildung abschließen. Allerdings heißt es von Seiten eines Pliktverket-Sprechers: „Wenige der 9.000 sind Freiwillige“. Hinter dem schwedischen Modell versteckt sich also eine Pflicht, die notwendig ist, um die nötigen Zahlen zu erreichen.
„Gegen die Kriegstüchtigkeit“
Eine mögliche Wehrpflicht kommt bei der Mehrheit der Deutschen, etwa laut einer ARD-Umfrage von April, gut an. Betroffene Jugendliche ecken aber auch an. So heißt der Mitte März erschienene Bestseller des deutschen, jungen Journalisten Ole Nymoen „Warum ich niemals für mein Land kämpfen würde.“ Nymoen hält ein Plädoyer „gegen die Kriegstüchtigkeit“ und reist momentan durch die deutsche Medienlandschaft. Er erhält viel Zuspruch und Aufsehen.
Kurzum: Sollte Pistorius vorhaben aus der Freiwilligkeit eine Pflicht zu machen, könnte er auf mehr Widerstand stoßen, als das schwedische Modell verspricht.