So bremsen Lieferkettenprobleme die Unternehmen aus

17.11.2021

Die aktuelle Situation auf den Märkten ist durch einen Mangel an Komponenten und ein Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage gekennzeichnet. Dies geht aus der Herbstausgabe des AHK World Business Outlook hervor, bei der rund die Hälfte der teilnehmenden Unternehmen Probleme in der Lieferkette als eine der größten Herausforderungen sieht. Die Handelskammer hat ein Stimmungsbild im Netzwerk eingeholt.

Insgesamt zeichnen sich in der AHK-Umfrage positive Aussichten für die deutsch-schwedischen Handelsbeziehungen ab. Gleichzeitig wird deutlich, dass die Auswirkungen der Pandemie die Unternehmen weiterhin belasten. Bei den in Schweden tätigen Umfrageteilnehmern stehen Probleme in der Lieferkette derzeit weit oben auf der Liste der Hindernisse, die die Geschäftstätigkeit verlangsamen (48 Prozent der Unternehmen).

Deutsch-Schwedische Handelskammer: Wie wirken sich die aktuellen Lieferkettenprobleme und der Mangel an Komponenten auf Ihr Unternehmen und Ihre Kunden aus?

Ali Mohtarami, Trade Manager bei DB Schenker Schweden:

„Die weltweite Halbleiterknappheit ist ein sehr wichtiges Problem, das es zu lösen gilt. Was Seefracht angeht, gibt es derzeit enorm viele Anfragen, aber das Angebot entspricht nicht der Nachfrage. Mit dem Abklingen der Pandemie beobachten wir neue Handelsmuster wie zum Beispiel den zunehmenden Onlinehandel, die eine Reihe von Herausforderungen und lange Vorlaufzeiten mit sich bringen. Das Frachtaufkommen und die Nachfrage nach Schiffen und Containern sind immens. Als China während der Pandemie sehr kurzfristig in den Lockdown ging, sank die Kapazität. Inzwischen wird sie jedoch wieder benötigt. Der Markt ist in vielerlei Hinsicht aus dem Gleichgewicht geraten: Die Unternehmen bekommen ihre Waren aufgrund von Engpässen nicht wie geplant geliefert, was angesichts des bevorstehenden Weihnachtsgeschäfts natürlich beunruhigend ist.“

Helena Svensson, Region Account Manager Automotive bei DB Schenker:

„Wie alle anderen in der Branche sind auch wir von den fehlenden Kapazitäten, vor allem in Asien, betroffen. Die Frachtpreise sind in die Höhe geschossen. Das bedeutet eine doppelte Belastung für unsere Kunden, durch sowohl höhere Preise als auch längere Lieferzeiten. Damit die Lieferkette funktioniert, sind eine gute, vorausschauende Planung, Prognosen und enge Zusammenarbeit notwendig. Der Kapazitätsmangel wird wahrscheinlich bis weit in 2022 hinein andauern, wenn nicht sogar das gesamte Jahr. Wenn eine Fabrik gezwungen ist, ganz zu schließen oder eine Schicht zu streichen, trifft das indirekt auch uns: Wir erhalten weniger Lieferungen und verlieren somit Einnahmen. Am schwierigsten in die Situation aber für die Autohersteller. Ich vermute, dass sich die Lieferketten unserer Kunden in Zukunft verändern werden. Lange Ketten sind anfällig für Störungen. Die Beschaffung wird daher künftig geografisch näher organisiert werden: in Europa oder sogar im Land, in dem das jeweilige Unternehmen produziert. Die Hersteller könnten sich auch gezwungen sehen, größere Lagerbestände als Puffer vorzuhalten, um ihre Produktion zu sichern.“

Knut Omholt, Market Research Manager bei Södra Cell International:

„Wir sind international tätig, auch wenn Europa unser Hauptmarkt ist. Das gesamte Jahr über sind logistische Probleme die größte Herausforderung für uns gewesen. Dazu gehören etwa der Lkw-Fahrermangel in Europa, insbesondere in Großbritannien, sowie Einschränkungen und Verzögerungen im Containerverkehr von und nach Asien. Die Container fehlen überall dort, wo sie benötigt werden. Durch die Coronapandemie sind die Kapazitäten der meisten großen Häfen gesunken, sodass viele Containerschiffe in den Häfen warten müssen, bis sie entladen und beladen werden können.“

Ann Berglund, Marketing & Communications Manager bei DHL Express in Schweden:

„Wir haben die Abläufe in unserem globalen Netzwerk angepasst, um uns auf neue Entwicklungen, regulatorische Anforderungen und ständige Veränderungen bei Angebot und Nachfrage einzustellen. Das hat dazu beigetragen, dass wir seit Beginn der Pandemie voll einsatzfähig waren und es noch immer sind. Zwischen Schweden und Deutschland haben wir vorübergehend einen zusätzlichen Transittag eingeführt, was bedeutet, dass unsere Express-Sendungen normalerweise innerhalb von zwei Werktagen zugestellt werden. Für abgelegene Gebiete können weitere Tage hinzukommen.“

Marcus Thomasfolk, Head of Communications bei Volkswagen Schweden:

„Mit Ausbruch der Pandemie gingen die Autoverkäufe weltweit zurück und so wurden die Produktionsplanungen nach unten angepasst. Das passierte auch bei unseren Zulieferern, zum Beispiel den Herstellern von Halbleitern, welche in vielen elektronischen Produkten, einschließlich Autos, verbaut werden. Als sich die Nachfrage dann schneller erholte als erwartet, waren die Halbleiterhersteller nicht in der Lage, diesen gestiegenen Bedarf zu befriedigen. Weitere Coronaausbrüche und Naturkatastrophen in Ländern, in denen Halbleiter hergestellt werden, taten ihr Übriges. Infolgedessen konnten mehrere Fahrzeugmodelle nicht in dem von uns gewünschten Tempo produziert werden. Wir konnten die hohen Auftragseingänge, die wir hatten und noch immer haben, nicht erfüllen. Entsprechend mussten einige Kunden erheblich länger auf ihre bestellten Fahrzeuge warten. Im derzeit laufenden vierten Quartal gibt es Anzeichen für eine Erholung, doch die Verzögerungen werden wahrscheinlich bis weit ins nächste Jahr hinein andauern.“

Staffan Ring, Key Account Manager Sweden bei Flyeralarm:

„Ungleichgewichte auf dem Markt in Bezug auf Angebot und Nachfrage haben auch Folgen für unser Unternehmen. Für die Zukunft erwarten wir unter anderem eine Preisanpassung für Papier, wahrscheinlich gegen Ende des Jahres. Es ist jedoch schwer vorherzusagen, wie hoch diese ausfallen wird. Darüber hinaus könnte auch Aluminium knapp werden, das zum Beispiel für Roll-ups benötigt wird. Lange Zeit war die Nachfrage gering, und jetzt, wo die Verkäufe wieder an Fahrt aufnehmen, können die Lieferketten nicht mehr mithalten. Diese Erfahrung teilen wir aktuell mit vielen anderen Branchen. Als Großabnehmer der Papierlieferanten ist es für uns entscheidend, unsere Versorgung zu sichern, was uns dank einer guten Planung sicher auch gelingen wird.“

Jeanette Smårs, Schwedenchefin bei Grohe:

Zurzeit verzeichnen wir eine enorme Nachfrage nach unseren Produkten. Unser Ziel ist es daher, so eng wie möglich mit unseren Lieferanten zusammenzuarbeiten, um die Lieferkette zu optimieren. Dabei kann es zu allen möglichen Problemen kommen, zum Beispiel ausbleibende Lieferungen oder Kapazitätsengpässe. Wir bemühen uns um eine gute Kommunikation mit unseren Partnern, um das Risiko, dass solche Situationen auftreten, zu minimieren.