
Schweden braucht mehr Angebotspolitik
20.03.2018
Momentan gibt es wenig Neues über die schwedische Wirtschaftsentwicklung zu berichten. Konjunktur und Konjunkturklima sind nach wie vor gut. Man kann sich jedoch fragen, ob das Wachstumstempo nicht gerade die Höchstgeschwindigkeit erreicht. Deswegen müssen ja noch lange nicht schlechte Zeiten vor der Tür stehen.
Beispielsweise scheint sich der vielzitierte Einkäuferindex in den letzten Monaten auf einem Hochplateau angesiedelt zu haben. Ähnliche Eindrücke lassen sich auch aus den Stimmungsumfragen des staatlichen Konjunkturinstituts (KI) gewinnen. Allerdings finden sich in den Analysen des KI in letzter Zeit auch leichte Anzeichen für eine Eintrübung der Erwartungen der privaten Haushalte und der Bauindustrie.
Diese zwei letztgenannten Signale könnten sogar zusammenhängen. Seit einigen Monaten pendelt die Preisentwicklung bei Eigenheimen und Wohnungen zwischen Rückgang und Stagnation, wohl angetrieben von den am 1. März in Kraft getretenen verschärften Tilgungsbedingungen für neugewährte Hypothekenkredite. Dabei richten sich die verschärften Tilgungsbedingungen nach Kredithöhe und Einkommen.
Inzwischen lassen sich auch neu gebaute Immobilien nicht mehr so leicht verkaufen. Dies erklärt seinerseits den gemäß KI zuletzt etwas nachlassenden Optimismus in der Bauindustrie. Ob damit schon ein weniger ansprechender Trend eingeleitet wird, bleibt allerdings abzuwarten. Noch sind die notierten Dämpfungssignale zu frisch und nicht stark genug. Allerdings sollten die nächsten Monate in dieser Hinsicht mit erhöhter Aufmerksamkeit beobachtet werden.
Anreize für langfristiges Wachstum
Was mehr Anlass zu Skepsis geben könnte, ist der noch immer zu lasche Umgang mit dem Thema Angebotspolitik. Diese hat in Schweden noch nie viel Anklang gefunden. Eigentlich dreht sich Angebotspolitik nur um die Schaffung von Anreizen für Unternehmen und private Haushalte, um bessere längerfristige Wachstumsaussichten zu generieren. Dies umfasst zum Beispiel verbesserte Institutionen sowie mehr Mittel und Anreize für Bildung, Forschung, Investitionen oder neue Arbeitsplätze. Solche Anreizverbesserungen können sich auch psychologisch positiv auswirken.
Das Problem mit einer derartigen Orientierung der Wirtschaftspolitik sind vor allem die langen Transmissionszeiten für einzelne Maßnahmen. Erfolge zeigen sich kaum schon nach vier Jahren, also innerhalb einer Legislaturperiode. Oft beträgt die Wartezeit bis zum sichtbaren Erfolgsresultat fünf bis zehn Jahre. So lange wollen nur wenige Politiker auf öffentliche Anerkennung warten. James M. Buchanan bekam für Studien mit derartigem Inhalt sogar den Wirtschaftsnobelpreis.
Insgesamt betrachtet fokussiert sogenannte Nachfragepolitik in erster Linie auf das kurzfristige Wachstum einer Volkswirtschaft, Angebotspolitik eher auf die längerfristigen Voraussetzungen und Anreize für Wirtschaftswachstum. Oft werden diese zwei wirtschaftspolitischen Ansätze als prinzipiell unvereinbar dargestellt. Dies ist jedoch falsch. Angesichts der Globalisierung kommt kein Land mehr ohne längerfristig angelegte Angebotspolitik aus.
Entscheidend für Schweden als Volkswirtschaft
Bei aller Freude über die gute wirtschaftliche Entwicklung der letzten Jahre führt daher kein Weg daran vorbei, dass Schweden bei der Gestaltung der wirtschaftlichen Zukunft auch eine strukturorientierte Angebotspolitik ins Visier nehmen muss. Dasselbe gilt übrigens auch für die neue deutsche Bundesregierung.
Bei allem Respekt vor dem aktuell seitens der Regierung in den Mittelpunkt gestellten schwedischen Großthema Steuergerechtigkeit sollten die zukunftsorientierten politischen Kräfte Schwedens effektive Angebotspolitik endlich in den Vordergrund rücken – auch wenn dieser Terminus technicus in Schweden noch immer auf wenig Gegenliebe stößt.
Wie stark Angebotspolitik fokussiert wird, sagt viel über die längerfristigen Wachstumsaussichten eines Landes aus, dementsprechend natürlich auch von Schweden.
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