Ninni Löwgren, Emma Rönnmark, Dr. Matthias Heiden und Peter Berg bei der Deutsch-Schwedischen Handelskammer in Stockholm

Ninni Löwgren, Emma Rönnmark, Dr. Matthias Heiden und Peter Berg im Gespräch.

Seminarteilnehmer bei der Deutsch-Schwedischen Handelskammer in Stockholm

Das Seminar in den Räumlichkeiten der Handelskammer war restlos ausgebucht.

Malin Johansson und Karin Bock-Häggmark bei der Deutsch-Schwedischen Handelskammer in Stockholm

Malin Johansson (r.) begrüßte die Gäste, Karin Bock-Häggmark moderierte die Diskussion.

Emma Rönnmark und Dr. Matthias Heiden bei der Deutsch-Schwedischen Handelskammer in Stockholm

Es gab vielerlei Erfahrungen auszutauschen.

Dr. Matthias Heiden und Peter Berg bei der Deutsch-Schwedischen Handelskammer in Stockholm

Anekdoten aus dem Management-Alltag...

Ninni Löwgren und Emma Rönnmark bei der Deutsch-Schwedischen Handelskammer in Stockholm

...sorgten für Heiterkeit.

Seminarteilnehmer bei der Deutsch-Schwedischen Handelskammer in Stockholm

Vor dem Seminar waren die Teilnehmer zum Frühstück eingeladen.

Karin Bock-Häggmark, Peter Berg, Ninni Löwgren, Emma Rönnmark und Dr. Matthias Heiden bei der Deutsch-Schwedischen Handelskammer in Stockholm.

„Auf ein klares Nein von einem Schweden kann man lange warten“

21.05.2019

Als deutscher Chef in Schweden oder schwedischer Chef in Deutschland gibt es etliche Unterschiede zwischen den vorherrschenden Managementstilen der beiden Länder zu entdecken. Welche das sind und wie man mit ihnen umgeht, war Thema des Seminars „Deutsches vs. schwedisches Management“, das die Deutsch-Schwedische Handelskammer und die schwedische Führungskräfteorganisation Ledarna am Donnerstag in Stockholm veranstaltet haben.

„Als ich meinen Posten als CFO bei SAP in Schweden antrat, war die erste Amtshandlung, mein Büro zu suchen. Doch die Mühe war vergebens“, gestand Dr. Matthias Heiden, Vorstandsmitglied der Deutsch-Schwedischen Handelskammer und mittlerweile CFO bei SAF-Holland in Bessenbach. „Ich, der CFO des Unternehmens, sollte in einem Großraumbüro vertrauliche Informationen verarbeiten? Das hat mich sehr überrascht.“

Als deutscher Manager mit Erfahrung aus Schweden hat Dr. Matthias Heiden die Unterschiede zwischen dem deutschen und dem schwedischen Führungsstil gemeinsam mit Emma Rönnmark, CFO Building Solutions bei Consolis und früher CFO bei Siemens in Görlitz, sowie den Managementcoaches Ninni Löwgren, Bereichsleiterin Market Entry & Business Development bei der Deutsch-Schwedischen Handelskammer, und Peter Berg von Ledarna diskutiert. Die Podiumsdiskussion wurde von der deutsch-schwedischen Journalistin Karin Bock-Häggmark moderiert.

Chef sein vs. Chef werden

Auch Emma Rönnmark war erstaunt, als sie in Deutschland Chefin wurde. „Alle Mitarbeiter haben genau das gemacht, was ich gesagt habe, selbst wenn ich nur eine Idee geäußert habe. Hingegen waren sie irritiert, wenn ein einmal gefasster Beschluss im Nachhinein geändert wurde. Die Deutschen haben sehr viel Respekt vor der Autorität des Chefs, die sie auch nicht infrage stellen. Habe ich die Rolle des Chefs zugeteilt bekommen, bin ich automatisch als Chef akzeptiert.“

Die Coaches im Panel erklärten die Hintergründe dieses Phänomens. „In Deutschland erhält man die ‚Macht‘ in dem Moment, in dem man zum Chef befördert wird“, sagte Peter Berg. „In Schweden ist es allerdings erst der Startschuss für den Prozess, Leader zu werden und eine Machtbasis aufzubauen. Man muss sich das Chef-Sein erst verdienen.“

Ninni Löwgren fügte hinzu: „Der deutsche Managementstil basiert auf Struktur, klaren Regeln und Hierarchie, während der schwedische auf Konsens beruht. Das betrifft sowohl die Beziehung zwischen Chef und Mitarbeiter als auch die Art und Weise, wie Meetings ablaufen und Entscheidungen getroffen werden.“

Feste Struktur vs. „Das löst sich schon“

Emma Rönnmark war beeindruckt, wie effektiv Meetings in Deutschland sind: „Zweck eines Meetings ist es, zu diskutieren und anschließend einen Beschluss zu fassen. Deshalb werden nur relevante Personen eingeladen und diese bereiten sich gut vor: Der Verantwortliche schickt im Vorhinein Dokumente per Mail an die Beteiligten, diese wiederum überfliegen diese mindestens vorab.“

Analyse, Beschluss, Durchführung – die deutsche Art, Meetings zu strukturieren, die Dr. Matthias Heiden gewohnt war, funktioniert in Schweden allerdings weniger gut. Hier zielt ein Meeting darauf ab, gemeinsam zu diskutieren und zu reflektieren. Alle sind dabei und dürfen auch ihre Meinung äußern. „Wenn man nicht weiterkommt, sagt man in Schweden ‚Das löst sich schon‘. Damit drücke ich aus, dass ich das Problem verstanden habe, und sicher bin, dass wir es gemeinsam lösen können – auch wenn ich noch keine Lösung habe“, erklärte Dr. Matthias Heiden. „Selbst in Deutschland, wo es traditionell ein Zeichen von Schwäche ist, als Chef keine Antwort parat zu haben, wird diese Ehrlichkeit mehr und mehr geschätzt. Ich habe die Macht des Teams aus Schweden mit nach Hause genommen. Ich sage jetzt ‚wir‘ statt ‚ich‘.“

Die Art und Weise, wie man miteinander kommuniziert, hält noch weitere Unterschiede parat. In Deutschland werden beispielsweise Konflikte nicht als etwas Negatives angesehen – nur als Weg, ein Problem zu lösen. Daher ist es undramatisch, auch mal Nein zu sagen. „Dahingegen kann man auf ein klares Nein von einem Schweden lange warten, da Konsens wichtig ist und sich niemand angegriffen fühlen soll“, sagte Dr. Matthias Heiden. Insbesondere für die so deutlichen Deutschen ist es mitunter eine Herausforderung, zwischen den Zeilen der Schweden zu lesen. Emma Rönnmark möchte die deutsche Deutlichkeit nun vermehrt an ihrem neuen schwedischen Arbeitsplatz einführen.

Sprache als Türöffner

Alle Teilnehmer auf der Bühne waren sich einig, dass Sprachkenntnisse der Schlüssel zu der jeweils anderen Kultur sind – sogar in einer globalen Geschäftswelt. Viele große Unternehmen haben Englisch als Konzernsprache. Doch: „Englisch ist keine neutrale Sprache, da man seine eigene Kultur immer in das Gesagte und die Art und Weise, wie es gesagt wird, einbringt“, so Ninni Löwgren. „Außerdem sind Details wichtig, um einen Beschluss zu verstehen. Es wäre ungünstig, ein Detail zu verpassen, nur weil man die Sprache nicht versteht.“

Sprache ist zudem ein Weg, sich zu integrieren, sowohl bei wichtigen Entscheidungen als auch in den Small Talk im Büro. „Wenn man in einem deutschen Unternehmen arbeitet und Deutsch kann, hat man Zugang zu einem ‚inneren Kreis‘, der sich oft vor wichtigen Beschlüssen in kleiner Runde zusammensetzt. Selbst in internationalen Unternehmen finden diese Vorgespräche auf Deutsch statt. Nur wer die Sprache kann, wird hierzu eingeladen“, berichtete Emma Rönnmark.

„Und sogar in globalen Unternehmen in Schweden wird die fika, die traditionelle schwedische Kaffeepause, auf Schwedisch abgehalten“, gab Peter Berg zu bedenken. „Wenn, wie wir gelernt haben, Entscheidungen nicht im Meeting selbst getroffen werden, wo dann? Einige sicher während der fika, also auf Schwedisch.“

Anpassungsvermögen ist das A und O

Bei interkulturellem Leadership geht es also nicht darum, welcher Stil besser ist, sondern dass man sich der Unterschiede bewusst und darüber hinaus flexibel ist. Alle Diskussionsteilnehmer waren sich einig, dass man auf der anderen Seite der Ostsee nur erfolgreich sein kann, wenn man sich an die andere Kultur anpasst. Aber wie genau gelingt das?

„Setze in Schweden auf persönliche Beziehungen“, so Dr. Matthias Heiden. „Es ist nicht wichtig, wer du bist, sondern wen du kennst.“

„Frage Kollegen um Rat und übergehe nie deinen deutschen Chef, zum Beispiel wenn es um Informationen geht“, riet Emma Rönnmark.

„Versuche, deine neuen Kollegen so gut wie möglich kennenzulernen“, schlägt Peter Berg vor. „Schweden sollten darauf vorbereitet sein, dass man in Deutschland auch mal zu zweit ein Bier nach der Arbeit trinken geht. Deutsche müssen hingegen damit rechnen, dass gleich die gesamte Abteilung dabei ist. Und natürlich duzen sich hier in Schweden alle.“

„Wenn man sich in der ‚neuen‘ Kultur nicht wohl fühlt, dann kann man seinen Job auch nicht gut machen. Es ist daher sehr hilfreich, einen Coach zu haben, der einem mit einem ‚Werkzeugkasten‘ für die andere Kultur zur Seite steht“, rundete Ninni Löwgren ab.