
Businessführer für Schweden
Um in Schweden erfolgreich zu sein, ist es wichtig, die Codes und Gepflogenheiten der Geschäftswelt zu verstehen. Ninni Löwgren Tischers Neuauflage des Businessführers hilft Ihnen dabei.
Es ist gefährlich, immer nur an die Unterschiede zu denken, sagte Niclas Mårtensson.
Deutsche und Schweden sind beide ziemlich geradeaus, meinte Martin Höhler.
Etwa 60 Vertreter deutscher und schwedischer Unternehmen verfolgten die Diskussion.
Anne Geitmann zählte vier große Unterschiede zwischen Deutschland und Schweden auf.
Als Chef landet man in einer Pufferzone, wo die Kulturen aufeinandertreffen, sagte Peter Berg.
Die Podiumsdiskussion wurde von Karin Bock-Häggmark moderiert.
Am Ende konnten die Teilnehmer Fragen an die deutsch-schwedischen Experten stellen.
Vor und nach der Diskussion gab es die Gelegenheit zu persönlichen Gesprächen.
Das Mittagessen wurde von Nordea gesponsert.
Wer holt morgens den Kaffee? Was sollte ich meine Mitarbeiter lieber nicht fragen? Wie treffen wir hier Entscheidungen? Als deutsche Führungskraft in Schweden oder schwedischer Chef in Deutschland entdeckt man mit der Zeit immer mehr Unterschiede zwischen den Geschäfts- und Managementkulturen der beiden Länder. Um auf der anderen Seite der Ostsee Erfolg haben zu können, gilt es, sich dieser Unterschiede bewusst zu sein und gleichzeitig authentisch zu bleiben.
Als Niclas Mårtensson, heute Geschäftsführer von Stena Lina, vor einigen Jahren nach Deutschland kam, um die Leitung der deutschen Tochtergesellschaft von Stena Line zu übernehmen, ließ er kaum ein Fettnäpfchen aus: Er parkte sein Auto nicht auf dem für den Geschäftsführer vorgesehenen Parkplatz neben dem Eingang, wollte seinen Kaffee am liebsten selbst holen und versuchte, seine Mitarbeiter durch Smalltalk über Familie und Hobbies näher kennenzulernen.
Für Martin Höhler, heute Senior Vice President Risk, Accounting and Controlling bei E.ON, war die erste Zeit bei E.ON in Schweden ebenfalls hart. Er saß in Meetings, deren Zweck er nicht verstand, und als er dachte, er hätte eine Entscheidung getroffen, musste er einsehen, dass die schwedischen Mitarbeiter dies nicht so aufgefasst hatten. Außerdem wunderte er sich, wie sich die Kollegen zweimal täglich zum Kaffeetrinken treffen, früh nach Hause gehen und trotzdem so viel schaffen konnten.
Beide erfuhren am eigenen Leib, dass sich die Erwartungen an den Chef und die Art und Weise, wie man ein Unternehmen lenkt, in Deutschland und Schweden doch stärker unterscheiden, als man zunächst denkt. Beim Seminar „Deutsches vs. schwedisches Management – was funktioniert besser?“, zu dem die Deutsch-Schwedische Handelskammer und Schwedens Führungskräfteorganisation Ledarna Mitte Oktober in die Räumlichkeiten von Nordea in Malmö eingeladen hatten, berichteten sie von ihren Erfahrungen.
Circa 60 Führungskräfte aus deutschen und schwedischen Unternehmen verfolgten die unterhaltsame Podiumsdiskussion, an der auch Anne Geitmann, stellv. Bereichsleiterin Market Entry & Business Development bei der Deutsch-Schwedischen Handelskammer, und Peter Berg, Management-Coach bei Ledarna, teilnahmen und die von der deutsch-schwedischen Journalistin Karin Bock-Häggmark moderiert wurde.
Konkrete Unterschiede zwischen den Führungskulturen werden zum Beispiel dann deutlich, wenn man sich genauer ansieht, wie die deutsche und die schwedische Gesellschaften eigentlich aufgebaut sind. Anne Geitmann nannte insgesamt vier Dimensionen, in denen sich Deutschland und Schweden erheblich unterscheiden:
Hintergründe für diese Unterschiede finden sich sowohl in der Geografie als auch in der Geschichte, meinte Anne Geitmann: „Schweden ist ein großes, langgestrecktes Land mit einer verhältnismäßig kleinen Bevölkerung. Hier ist es schon immer wichtig gewesen, eine Balance zwischen Staat und Bürgern herzustellen. Jedes Zahnrad wird gebraucht, damit die Maschine läuft. In Deutschland sind wir viel mehr Menschen. Man konkurriert immer mit vielen anderen und ist sich auch stets bewusst, dass man ersetzbar ist. Und unsere Geschichte hat dazu geführt, dass wir Stabilität suchen und Unsicherheiten vermeiden wollen.“
Für einen Chef im jeweils anderen Land kann es schwierig sein, beide Seiten miteinander in Einklang zu bringen. „Vielleicht wird man als Deutscher Chef für ein deutsches Tochterunternehmen hier in Schweden oder als Schwede für eine schwedische Firma in Deutschland. Man hat viel Kontakt mit den Mitarbeitern vor Ort, aber auch mit der Firmenzentrale auf der anderen Seite der Ostsee. Da befindet man sich als Chef in einer Art Pufferzone, in der die deutsche und die schwedische Kultur aufeinandertreffen. Viele versuchen dann die Rolle des Brückenbauers zwischen den Kulturen einzunehmen. Das kann aber zu einer großen Belastung werden und funktioniert oftmals auch nicht sonderlich gut“, sagte Peter Berg.
Den Diskussionsteilnehmern zufolge ist es eine bessere Strategie, einen eigenen authentischen Führungsstil zu entwickeln und beizubehalten, mit dem man flexibel bleibt und sich je nach Situation anpassen kann, aber auch seine Wurzeln und grundlegenden Wertvorstellungen nicht verleugnet.
„Es ist gefährlich, immer nur an die Unterschiede zu denken. Wenn Sie ständig versuchen, sich anzupassen, ist das Resultat am Ende nicht Sie – und das ist nie von Vorteil. Zu einem bestimmten Teil haben Sie Ihren Posten ja auch deshalb bekommen, weil Sie genau der sind, der Sie sind“, sagte Niclas Mårtensson.
„Auch wenn es unter deutschen Chefs sonst ungewöhnlich ist, kann man als Schwede ruhig ein bisschen aus seinem Privatleben erzählen, wenn man in Deutschland anfängt. Schweden sind in Deutschland ja sehr beliebt. Alle wissen, dass ihr ein wenig komisch seid und viel über eure Kinder redet“, fügte Anne Geitmann hinzu.
Erweitert man die Perspektive und vergleicht mit anderen Ländern, sind die Unterschiede zwischen den Managementkulturen in Deutschland und Schweden auch gar nicht so groß, betonte Martin Höhler: „Ich habe drei Jahre lang in Großbritannien gearbeitet und dachte zunächst, dass es Schweden recht ähnlich sein würde. Aber mir wurde schnell bewusst, dass es sehr wohl erhebliche Unterschiede gab. Die Briten redeten immer sehr viel und man verstand nie so wirklich, wie man damit umgehen sollte, was wichtig war und was nicht. Deutsche und Schweden sind beide – auf ihre jeweilige Art und Weise – ziemlich geradeaus. In beiden Ländern meint man, was man sagt, und das führt dazu, dass wir uns trotz allem recht gut verstehen“, sagte er.
Generell gesehen führt der immer intensiver werdende Austausch zwischen Ländern und Kulturen dazu, dass das Verständnis für kulturelle und andere Unterschiede in vielen Organisationen wächst: „In internationalen Unternehmen hat man heutzutage ständig einen enormen Zufluss an neuen Ideen und Menschen aus den verschiedensten Richtungen. Das führt dazu, dass man vielerorts inzwischen ein ganz anderes Verständnis für Unterschiede aufgebaut und gelernt hat, mit diesen besser umzugehen. Wenn der Wille zur Zusammenarbeit da ist, funktioniert es in den meisten Fällen auch sehr gut. Das A und O ist es, dass man auf die Unterschiede Rücksicht nimmt“, sagte Peter Berg.