Prof. Hubert Fromlet kommentiert für die Deutsch-Schwedische Handelskammer

Schwedische Konjunktur am Wendepunkt?

02.06.2017

Ein flüchtiger Blick auf die Entwicklung der schwedischen Wirtschaft im ersten Quartal 2017 verheißt wenig Gutes. Mit einem Wachstum des BIP in Höhe von 0,4 Prozent gegenüber dem vierten Quartal 2016 und von 2,2 Prozent im Vorjahresvergleich blieb die Realität deutlich hinter den Erwartungen der meisten Experten zurück.

Bahnt sich mit diesen Zahlen schon eine Wende zu mäßigerem Wachstum an, zumal das BIP-Wachstum 2016 mit 3,2 Prozent leicht nach unten revidiert wurde? Diese Frage lässt sich natürlich nicht aus dem Stegreif beantworten. Hilfestellung ist jedoch bei etwas genauerer Analyse der statistischen BIP-Komponenten durchaus möglich.

Was den privaten Konsum – das größte BIP-Aggregat überhaupt – betrifft, ist der 0,5-prozentige Anstieg im Vergleich zum vierten Quartal 2016 nach wie vor ordentlich und sogar genau auf der Trendlinie der letzten zehn Jahre. Dagegen nahm der öffentliche Konsum im Vergleich zum vorigen Quartal leicht ab (-0,2 Prozent), hauptsächlich im staatlichen Bereich wegen geringerer Migrationskosten.

Sehr gut haben sich im ersten Quartal dieses Jahren die Investitionen entwickelt (+2,5 Prozent gegenüber dem vierten Quartal 2016). Den schon zuvor starken Zahlen für den Wohnungsbau schließen sich allmählich auch die Industrie und der Dienstleistungsbereich immer sichtbarer an. Dagegen haben die staatlichen Investitionen zuletzt wieder nachgelassen. Die Lagerinvestitionen wiesen zu Beginn dieses Jahres keine nennenswerten Veränderungen auf.

Dienstleistungsexporte enttäuschen

Etwas gespalten nimmt sich dagegen die Entwicklung der schwedischen Exporte aus (zusammengenommen -0,2 Prozent im Vorquartalvergleich). Die sogenannten Nettoexporte – das heißt Exporte minus Importe – reduzierten das BIP als Teilaggregat sogar um 0,4 Prozent verglichen mit dem vierten Quartal 2016. Verantwortlich für diese vergleichsweise gedämpfte Entwicklung waren zum einen relativ hohe Importe und zum anderen ein unerwartet großer Rückgang der im Trend immer wichtiger werdenden Exporte von Dienstleistungen (-4,3 Prozent im Vergleich zum vorigen Quartal). Die Warenexporte legten dagegen im Vergleich zum Schlussquartal 2016 um 1,7 Prozent zu – und der Export von Investitionsgütern sogar um ganze 5 Prozent. Hier zeigt sich die verbesserte Europakonjunktur relativ deutlich.

Insgesamt stieg das schwedische BIP im ersten Quartal 2017 – wie oben berichtet – um 0,4 Prozent im Vergleich zu den letzten drei Monaten von 2016. Dazu lieferten die verschiedenen großen BIP-Komponenten folgende Wachstumsbeiträge (in Prozenteinheiten, mit leichten Auf- und Abrundungseffekten):

Privater Konsum + 0,2
Öffentlicher Konsum ± 0
Bruttoinvestitionen + 0,6
Lagerinvestitionen + 0,1
Nettoexport - 0,4

Schweden weiterhin attraktiver Markt

Schwachpunkte im BIP-Wachstum des ersten Quartals 2017 waren offensichtlich in erster Linie der öffentliche Konsum, die staatlichen Investitionen sowie die Exporte von Dienstleistungen und Konsumgütern sowie – statistisch betrachtet – die relativ umfangreichen Importe.

Von diesen Schwachpunkten gehören aber nur der etwas hinterherhinkende öffentliche Konsum und die staatlichen Investitionen zur schwedischen Binnennachfrage, dem Markt für deutsche Exporteure. Daher dürfte Schweden auch weiterhin ein relativ guter Markt für viele deutsche Unternehmen bleiben – zumindest wenn ein Platzen der schwedischen Immobilienblase vermieden werden kann und international keine allzu ernsten, wachstumshemmenden Störungen hinzukommen.

Folglich dürfte es verfrüht sein, jetzt schon von einem konjunkturellen Wendepunkt in Schweden zu sprechen. Sorgfältige analytische Aufmerksamkeit ist aber weiter angebracht.

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Hubert Fromlet

Affiliierter Professor an der schwedischen Linné-Universität und Senior Advisor der Deutsch-Schwedischen Handelskammer

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