
Optimistische deutsche Konjunkturprognosen ”übersehen” erhebliche Risiken
17.03.2017
Mitte März besuchte ich einige Konjunkturkonferenzen in Deutschland und hatte auch etliche persönliche Gespräche mit Ökonomen ausserhalb der organisierten Veranstaltungen. Dabei fiel mir in einer Vielzahl von Präsentationen und Gesprächen ganz klar auf, dass eine deutliche Mehrheit der professionellen Prognostiker sowohl die globalen als auch die deutsche Konjunkturaussichten für 2017 und 2018 in ein recht günstiges Licht rückten.
Für Deutschland erwartet man vielerorts sogar eine allmähliche Erholung der bislang ziemlich enttäuschenden Ausrüstungsinvestitionen. Die Perspektiven für den Export werden größtenteils auch etwas günstiger beurteilt. Gleichzeitig nimmt sich die erwartete leichte Konsumdämpfung als Folge von etwas erhöhter Inflation nur gering aus. Damit bleibt der private Konsum als Wachstumsmotor erhalten, meinen die deutschen Konjunkturforscher unisono.
Diese relativ optimistischen Einschätzungen überraschen bei gleichzeitiger Analyse aller teilweise schwerwiegenden Konjunkturrisiken. Diese offensichtlichen Risiken – ausgehend u.a. von diversen politischen Fronten, allzu expansiver Geldpolitik, Protektionismus und Ungleichgewichten in China – haben allerdings kaum oder überhaupt nicht Eingang in das Zahlenwerk der einzelnen Konjunkturprognosen gefunden.
Das mag vielleicht daran liegen, dass bei den Risiken wirklich Unsicherheit à la Knight vorliegt - in Lehrbüchern beschrieben als Unsicherheit, der keine numerische Wahrscheinlichkeit zugeschrieben werden kann. Warum sollte man da ein Katastrophenszenario in die konkreten Prognosezahlen einverleiben – d.h. potentielle Entwicklungen, die sich sowieso nicht berechnen lassen?
Bei aller Freude über die Widerstandskraft der deutschen, schwedischen und großer Teile der globalen Wirtschaft sollten Unternehmen nicht übersehen, dass die für die nächsten Quartale vielmals prognostizierte weitere Konjunkturerholung weltweit auf einem wackeligen Fundament steht. Sorgfältige und regelmäßige Beobachtung von Konjunktur, Politik und Finanz-/Immobilienmärkten sind daher weiterhin unerlässlich.
Kontakt
