Prefabricated plate products from Raahe

Foto: Tähtikuva Oy/Pekka Rötkönen/SSAB

In Schweden entsteht die erste Pilotanlage zur nachhaltigen Stahlerzeugung

22.08.2018

Schwedische Energieversorger, Bergbau- und Stahlkonzerne untersuchen Möglichkeiten zur Senkung der CO2-Emissionen. So soll zum Beispiel Wasserstoff, der mit Strom aus fossilfreien Quellen erzeugt wird, Kohle und Koks bei der Reduktion von Eisenerz zu Roheisen ersetzen. Für zukunftsträchtige Investitionen und Innovationen zur Verringerung des Ausstoßes von Treibhausgasen in der Prozessindustrie stellt die schwedische Energiebehörde (Energimyndigheten) langfristig hohe Fördergelder bereit.

Schweden will die Nettoemissionen von Treibhausgasen bis 2045 auf null senken – und die Industrie des Landes will ihren Beitrag dazu leisten: In ihrer Roadmap zum Ausbau der „fossilfreien“ Produktion (Färdplan för fossilfri konkurrenskraft) unterbreiten nicht weniger als neun Branchen dafür konkrete Vorschläge. Den Strategieplan haben sie am 25. April 2018 der Regierung übergeben.

Die größte Herausforderung bildet zwar der Transportsektor: Schweden will bereits im Jahr 2030 kein Fahrzeug mit Verbrennungsmotor mehr zulassen. Von besonderer Bedeutung ist in den nächsten Jahren aber auch die Verringerung der CO2-Belastung durch den Bergbau und die mineralverarbeitende Industrie. Denn diese beiden Bereiche sind für rund 8 Prozent des landesweiten CO2-Ausstoßes verantwortlich.

So untersuchen Energieversorger, Bergbau- und Stahlkonzerne im Rahmen mehrerer Projekte Möglichkeiten zur Senkung der CO2-Emissionen, zum Beispiel bei der Eisenerzreduktion durch Ersatz von Kohle und Koks durch Wasserstoff, der mit Strom aus fossilfreien Energiequellen erzeugt wird. Vattenfall, SSAB und LKAB haben sich dafür zum Gemeinschaftsprojekt HYBRIT (Hydrogen Breakthrough Ironmaking Technology) zusammengeschlossen und bauen für umgerechnet rund 2 Millionen Euro in Luleå eine Pilotanlage. Vattenfall zufolge kann der gesamte CO2-Ausstoß in dem nordischen Land durch die Technologie um bis zu 10 Prozent gesenkt werden.

Wasserstoff aus Biomasse

Der Gasversorger Cortus Energy und der Metallpulver-Hersteller Höganäs versuchen es mit einer speziellen Technologie zur Biomassevergasung (WoodRoll). Am Firmensitz von Höganäs in der südschwedischen Provinz Schonen errichten sie eine modulare Versuchsanlage mit einer thermischen Leistung von 6 Megawatt. Die rund 10 Millionen Euro teure Anlage wird den CO2-Ausstoß in der Stahlindustrie Schwedens voraussichtlich ebenfalls erheblich reduzieren. Nach Beendigung der Testphase Ende 2018 geht die Anlage mit Cortus Energy als Eigentümer, der dann die so gewonnene erneuerbare Energie an Höganäs liefert, in den kommerziellen Betrieb über.

Für Schwedens Energiebehörde sind die beiden Pilotprojekte erst der Anfang. Im Rahmen ihrer langfristig angelegten Initiative Industriklivet (Industrielle Evolution) können Unternehmen für zukunftsträchtige Investitionen und Innovationen, angefangen bei Forschungs- und Entwicklungsvorhaben über Demonstrations- bis hin zu Komplettanlagen, staatliche Förderung erhalten. Die Regierung in Stockholm will im Rahmen von Industriklivet im Zeitraum 2018 bis 2040 pro Jahr rund 30 Millionen Euro bereitstellen.

Neben Klimatklivet gibt es mit Energisteget (Energieschritt) seit Februar 2018 auch ein neues Förderprogramm zur Verbesserung der Energieeffizienz in der Industrie. Danach können Unternehmen, die ein Energieaudit nach dem Gesetz Nummer 266/2014 vom 30. April 2014 (Lag om energikartläggning i stora företag) haben durchführen lassen, Zuschüsse in Planungsphasen oder zur Deckung von Mehrkosten durch Investitionen in bereits im Audit empfohlene Energieeffizienzmaßnahmen erhalten. Über Energisteget stehen in den Jahren 2018 bis 2020 insgesamt gut 12 Millionen Euro Fördermittel zur Verfügung.

Fossilfrei erzeugter Stahl frühestens ab 2035

Experten erwarten indessen, dass es fossilfrei hergestellten Stahl in industrieller Größenordnung nicht vor 2035 geben wird. Denn das neue Verfahren muss erst erprobt werden, und auch die Umstellung der Gesamtproduktion danach wird noch einige Zeit in Anspruch nehmen. SSAB will seinen CO2-Ausstoß bis 2025 um ein Viertel verringern und daher bereits in den nächsten Jahren seinen Hochofen in Oxelösund umrüsten. Später, zwischen 2030 und 2040, sollen dann auch die Öfen in Luleå und im finnischen Raahe fossilfrei werden.

Auch preislich wäre die Stahlerzeugung ohne fossile Energieträger noch nicht wettbewerbsfähig. Kosten für Energie, Kohle/Koks und Emissionszertifikate eingerechnet wäre Stahl bei nachhaltiger Produktion rund 20 bis 30 Prozent teurer als herkömmlicher. Längerfristig könnte sich aber ein ganz anderes Bild ergeben, sollten sich Verschmutzungsrechte verteuern und Energie im Zuge des Ausbaus der Erneuerbaren verbilligen.

Den kompletten Artikel zu den Plänen zur umweltfreundlichen Stahlerzeugung in Schweden finden Sie bei Germany Trade & Invest.