Pläne für den Ausbau des Fernheizkraftwerks Värtaverket in Stockholm

Foto: Fortum

Neuregelungen befördern Ausbau der Fernwärme

16.10.2014

Schweden bietet gute Perspektiven für den Ausbau der Fernwärme, vor allem in den städtischen Gebieten im Großraum Stockholm. Einige Gesetzesänderungen aus diesem Jahr dürften sich positiv auf die Entwicklung der Branche auswirken.

Unter Fernwärme versteht man die Lieferung von Wärme zur Versorgung von Gebäuden mit Heizung und Warmwasser. Der Transport der thermischen Energie erfolgt dabei über ein wärmegedämmtes Rohrsystem. Fernwärme deckt gut die Hälfte des landesweiten und im Raum Stockholm sogar um die 70 Prozent des Wärmebedarfs.

Während Fernwärme vor allem in Mehrfamilienhäusern und größeren Gebäuden zum Einsatz kommt, finden sich in schwedischen Einfamilienhäusern vorwiegend Elektroheizungen oder auch einzelne Wärmepumpen. Strombasiertes Heizen macht etwa ein Drittel der Wärmezulieferung in Schweden aus.

Neue Regelungen sollen Energieverbrauch senken

Der Bereich der Fernwärme wird ab diesem Jahr von einigen neuen Regelungen tangiert, die im Zuge der Umsetzung der EU-Energieeffizienz-Richtlinie in Schweden am 1. Juni 2014 in Kraft getreten sind. Im Rahmen dieser Richtlinie müssen große Unternehmen spätestens bis zum 5. Dezember 2015, und danach mindestens alle vier Jahre, von kompetenten und unabhängigen Experten ein Energieaudit (energikartläggning) durchführen lassen, das in der Regel eine Energieverbrauchs- und eine Potenzialanalyse umfasst.

Des Weiteren werden für Energieerzeuger bei bestimmten Investitionen künftig Kosten-Nutzen-Analysen zur Pflicht. Ziel dieser Analysen ist es, zu prüfen, ob im Rahmen des Produktionsprozesses industrielle Abwärme genutzt werden kann, bevor neue Energie erzeugt wird. Sowohl der Bau neuer Fernwärme- und -kältenetze, also auch der Bau bzw. Umbau von bestehenden Produktionsanlagen mit einer thermischen Nennleistung von mehr als 20 MW sind von dieser Regelung betroffen.

Industrielle Abwärme bietet großes Potenzial

Derzeit stammen nur etwa sieben Prozent der in Schweden erzeugten Fernwärme aus Abwärme. Dieser Anteil lässt sich nach Meinung des Branchenverbands Svensk Fjärrvärme(Schwedische Fernwärme) noch deutlich ausbauen.

Zwei prominente Beispiele für die Nutzung von Abwärme sind zum einen das Müllheizkraftwerk Brista 2 von Fortum in Sigtuna, das Abwärme zur Strom- und Fernwärmeerzeugung verwendet, und zum anderen die nordschwedische Stadt Kiruna. In Kiruna befindet sich eine der größten Eisenerzlagerstätten der Welt und die Stadt will künftig bis zu 90 Prozent der Prozesswärme, die im Rahmen der Eisenerzveredelung entsteht, in Heizenergie umwandeln.

Ein weiterer Trend ist die Einspeisung von Restwärme aus Computerzentren ins Fernwärmenetz. So arbeitet beispielsweise der schwedische Internetprovider Bahnhof mit dem finnischen Energieunternehmen Fortum zusammen, um Überschusswärme aus seinem neuen Rechenzentrum in Stockholm als Fernwärme nutzbar zu machen.

Produktionsanlagen nutzen verstärkt Biomasse

Allgemeiner Trend bei Investitionen in neue Fernwärmeanlagen ist es, sich von fossilen Brennstoffen wie Kohle, Torf, Erdgas und Öl zu verabschieden. Das größte Vorhaben dieser Art ist derzeit der Ausbau des von Fortum betriebenen Fernheizkraftwerks Värtaverket in Stockholm um eine Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlage, die ausschließlich Biomasse verfeuern wird und zu Jahresbeginn 2016 in Betrieb gehen soll.

Auch E.ON, der größte privatwirtschaftliche Player auf dem schwedischen Fernwärmemarkt, investiert in neue Anlagen. Noch in diesem Jahr will der Energiekonzern eine neue Anlage in Åkersberga, nördlich von Stockholm, einweihen, die ausschließlich Biobrennstoffe verfeuert. Unter anderem wegen einer Reihe geplanter Logistikobjekte rechnet E.ON in der Region in den nächsten Jahren mit einer steigenden Nachfrage nach Fernwärme.

Immer mehr Unternehmen treten in den schwedischen Fernwärmemarkt ein. In den letzten Jahren haben insbesondere IT-Dienstleistungen und Softwarelösungen an Bedeutung gewonnen, zum Beispiel Alarmsysteme zur Leckageüberwachung an Rohrleitungen. Gerade hier besteht in Schweden großer Investitionsbedarf, da viele Netze aus den 1950er- und 1960er-Jahren stammen und daher nachgerüstet werden müssen.

 

Den ausführlichen Artikel zu den Perspektiven von Fernwärme in Schweden finden Sie bei Germany Trade & Invest.