Der neue Stadtplatz von Kiruna. Die Seilbahn verbindet die Stadt mit der Erzgrube.

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Der metallene Innenbau des neuen Rathauses versinnbildlicht die Bedeutung des Eisens für Kiruna.

Foto: Henning Larsen Architects

Das Rathaus soll ein öffentlicher Raum für die Bürger sein. Eine Art zweites Wohnzimmer.

Foto: Henning Larsen Architects

Das neue Kiruna hat einen länglichen Aufbau mit vielen kleinen Zentren entlang der Hauptstraße.

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Kiruna: Eine Stadt zieht um

23.01.2014

Parallel zur schwedischen Baumesse Nordbygg findet dieses Jahr die Konferenz Sustainable Days Featuring Germany statt. Dort werden deutsche und schwedische Experten über die Zukunft des nachhaltigen Bauens diskutieren. Thema des ersten Tages wird unter anderem die Umsiedlung von Kiruna sein. Die Stadt muss wegen des Eisenerzbergbaus um einige Kilometer versetzt werden. Darüber berichtet Göran Cars, Professor an der Technischen Hochschule in Stockholm und Projektleiter in Kiruna und auch das Architekturbüro White wird seine Pläne für Kiruna vorstellen.

Das nordschwedische Kiruna lebt vom Eisenerz. Der Bergbau bringt der Stadt Arbeitsplätze und Einnahmen, doch er hat auch Schattenseiten. Der Boden ist durch den umfassenden Erzabbau instabil geworden, in den nächsten Jahren werden deshalb viele Gebäude unbewohnbar. Um die Stadt zu retten, müsste der Eisenerzabbau gestoppt werden. Doch er ist wirtschaftlich so wichtig, dass man stattdessen die Stadt verlagern wird. In den nächsten zehn Jahren wird das Zentrum von Kiruna etwa vier Kilometer nach Osten verschoben.

Für die Bewohner bedeutet das den Verlust ihrer gewohnten Umgebung und eine finanzielle Belastung, auch wenn der LKAB als Betreiber der Erzgrube für einen großen Teil der Kosten aufkommt. Dennoch ist das neue Kiruna auch eine Chance. Aus dem Nichts kann eine Musterstadt entstehen, in der aktuelle Vorstellungen von Nachhaltigkeit und Wohnkomfort verwirklicht werden.

In diesem Jahr beginnt die Umsiedlung, die bereits 2016 abgeschlossen sein soll: „Es muss alles sehr schnell gehen. Die Expansion der Grube gibt den Zeitplan vor und die Menschen müssen ja irgendwo wohnen. Wir müssen Kiruna aufbauen statt abbauen”, sagte Göran Cars, Projektleiter für die Umsiedlung, im Interview mit der Zeitung Norrländska Socialdemokraten.

Der Zuschlag für die Gestaltung des neuen Kiruna ging im vergangenen Jahr an das schwedische Architekturbüro White. In ihrem Plan Kiruna 4-ever berücksichtigten sie viele der Wünsche, die die Bewohner geäußert hatten. In einer Umfrage bemängelten sie, dass es in Kiruna keinen repräsentativen Stadtplatz und wenig öffentliche Plätze und Treffpunkte gebe. Das neue Rathaus der Stadt, Kristallen, soll deshalb eine Art öffentliches Wohnzimmer für die Bürger werden: ein Ort um Kultur zu erleben oder Kaffee zu trinken. Der Schienenverkehr soll ausgebaut werden und der neue Bahnhof im Stadtzentrum liegen. Für den öffentlichen Nahverkehr ist eine Seilbahn geplant. Teil der modernen Infrastruktur sind auch Ladestationen für Elektroautos.

Die Energie für die neue Stadt sollen die enormen Mengen an Abwärme liefern, die als Abfallprodukt beim Eisenerzabbau entstehen. Sie kann zur Stromproduktion verwendet werden. Die Architekten schätzen, dass schon ein kleiner Teil der Abwärme ausreichen dürfte, um ein klimaneutrales Kiruna zu schaffen. Alle neuen Gebäude sollen zudem energieeffizient gestaltet werden.

Das Grundkonzept der Stadtplaner sieht einen schlauchförmigen Aufbau von Kiruna entlang einer neuen Hauptstraße vor. Der Gedanke dahinter ist, dass die Stadt somit flexibel auf eventuelle weitere Deformationen des Bodens reagieren kann und sich einfach weiter nach Osten verlängern lässt. Der längliche Aufbau der Stadt soll die Stadt außerdem mit der Natur verbinden. Egal wo man sich in Kiruna befindet, „die Natur ist nie mehr als drei Blöcke entfernt“, schriebt das Architekturbüro in einer Beschreibung auf der Webseite.

 Weitere spannende Vorträge bei den Sustainable Days:

1. April: Nachhaltige Stadtplanung für eine intakte Gesellschaft

  • Uli Hellweg, Geschäftsführer der Internationalen Bauausstellung in Hamburg:
    Stadt neu bauen – Am Beispiel des Stadtteiles Wilhelmsburg in Hamburg
  • Wolfgang Feist, Gründer des Passivhaus Instituts in Darmstadt:
    Energie und Ökologie

2. April: Gebäudeentwicklung und nachhaltige Finanzierung

  • Cord Soehlke, Stadt Tübingen, und Staffan Schartner, Baugenossenschaftliche Vereinigung:
    Städtebau mit privaten Baugenossenschaften – Tübingens Strategie der Stadtentwicklung

3. April: Architektur und Forschung: Städtebau und Architektur der Zukunft

  • Gerhard Hausladen, deutscher Architekt und Gewinner des Bayerischen Architekturpreises:
    Ganzheitliches Planen und Bauen – Wo stehen wir?
  • Achim Menges, Professor an der Universität Stuttgart, Institute for Computational Design:
    Verbesserte Materialleistung durch Konstruktionsberechnung und digitale Darstellung

4. April: Grünes Wohnen: Das Baumaterial der Zukunft

  • Fraunhofer-Institut für Bauphysik in Stuttgart:
    Mit Hightech die Zukunft bauen – gesammeltes Wissen für innovative Lösungen