Konjunktur in Schweden 2017 – Leichte Abschwächung in einer unruhigen Welt

Von Hubert Fromlet

Zusammenfassung

  • 100 Mitglieder der Deutsch-Schwedischen Handelskammer, davon 80 Prozent Unternehmen in mehrheitlich schwedischem Besitz, beurteilen die Konjunkturperspektive in Schweden 2017 als mittelmäßig bis gut (3,5 auf einer Skala von 5 = sehr gut bis 1 = sehr schlecht). Die großen politischen Risiken, die hauptsächlich außerhalb der schwedischen Grenzen zu finden sind, scheinen den früheren, vielleicht allzu großen, Optimismus etwas zu dämpfen. Ob dies nur vorübergehend der Fall ist, hängt in hohem Maße von der neuen politischen Führung in der Vereinigten Staaten und der weiteren politischen Entwicklung in einer Reihe wichtiger EU-Länder ab.
  • Die Währungsentwicklung wird, deutlich stärker als der Wohnungs- und Immobilienmarkt, ebenfalls als externer Hemmschuh oder Risikofaktor beurteilt. Im Gegensatz zu ihren deutschen Kollegen (siehe Zusammenfassung über Deutschland) machen sich die schwedischen Unternehmen keine nennenswerten Sorgen über die mittlerweile recht lang anhaltende Niedrigzinspolitik.

 

Analyse

Die schwedische Konjunktur läuft nach wie vor gut, doch in letzter Zeit in etwas ruhigeren Bahnen. Dies geht unter anderem aus der offiziellen BIP-Statistik für das dritte Quartal dieses Jahres hervor. In diesem Zeitraum stieg das schwedische Bruttoinlandsprodukt (BIP) mit 0,5 Prozent im Vergleich zum zweiten Quartal 2016 und mit 2,8 Prozent im Vergleich zum gleichen Zeitraum 2015.

Statisch betrachtet sieht die schwedische Konjunktur weiter gut aus. Aus einer dynamischen Analyse der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung geht jedoch hervor, dass der Beschleunigungstakt in der schwedischen Wirtschaft in den letzten Monaten etwas abgenommen hat. Die gilt auch für den privaten Konsum – den bis dato stärksten Wachstumsmotor – den öffentlichen Konsum sowie die Bruttoinvestitionen. Sorgen macht die, trotz schwacher Krone, relativ schwerfällige Exportentwicklung. Der nicht zufriedenstellende Exporttrend ist jedoch vor dem Hintergrund der schwächelnden globalen Konjunktur, besonders mit Blick auf die Investitionen, wenig überraschend.

Unternehmen sind vorsichtiger

Bild 1

Möglicherweise haben diese eher gedämpften Wachstumssignale in Kombination mit der steigenden politischen Unsicherheit in einer Reihe von Schlüsselländern zu der etwas zurückhaltenderen Beurteilung der schwedischen Konjunktur für 2017 (Bild 1) beigetragen. Aus der aktuellen Umfrage der Handelskammer unter 100 Unternehmen (mit Interesse an Deutschland) geht dennoch ein durchschnittlicher Beurteilungswert von ordentlichen 3,5 hervor (Skala von 5 = sehr gut bis 1 = sehr schlecht).

Insgesamt sind die schwedischen Unternehmen in letzter Zeit möglicherweise ein wenig vorsichtiger geworden. Pessimistisch sind sie jedoch nicht.

Als positiv sticht die Tatsache hervor, dass die schwedische Wirtschaft stabil auf gesunden makroökonomischen Grundlagen steht. Dennoch benötigt auch Schweden langfristige Strukturreformen in mehreren Bereichen, beispielweise auf dem Arbeitsmarkt, in der Integrationspolitik, der Bildungspolitik und beim Zusammenspiel zwischen Universitäten (Forschung) und Wirtschaft.

Risikobeurteilungen immer wichtiger

Bild 2a

Im Hinblick auf die ungewöhnlich vielen Unsicherheitsfaktoren im Umfeld der Unternehmen ist es wichtig, Risikobeurteilungen ausreichend Platz in den Konjunkturprognosen für 2017 zu geben. Hierbei unterscheiden wir zwischen national (Bild 2a) und international basierten Risiken. Die politische Entwicklung dominiert sowohl als nationaler als auch als internationaler Risikofaktor. Dies deutet darauf hin, dass es derzeit keine klare Trennlinie zwischen den beiden mehr gibt.

Ein zweiter deutlicher Risikofaktor ist die das Unternehmensergebnis stets direkt beeinflussende Währungsentwicklung. Als weitere nennenswerte einheimische Risiken zeigen sich außerdem eine Abschwächung der wachstumstragenden Binnennachfrage, eine allzu expansive Finanzpolitik (mit Blick auf das Wahljahr 2018) und der in Teilen Schwedens stark überhitzte Wohnungs- und Immobilienmarkt. Einige Bedenken bestehen auch im Hinblick auf die sehr expansive Geldpolitik der schwedischen Zentralbank (Riksbanken). Diese sind jedoch deutlich kleiner als die des deutschen Panels bezüglich der Auswirkungen der Negativzinsen der EZB.

Internationale Risiken wiegen schwerer

Bild 2b

Wenig überraschend wird die Liste der größten internationalen Risiken für die schwedischen Unternehmen im Jahr 2017 (Bild 2b) von der Entwicklung der internationalen Konjunktur an sich, der globalen Währungsentwicklung sowie der Politik außerhalb Schwedens angeführt – Rohstoff- und Energiepreise nicht zu vergessen. Die zum großen Teil nicht in der Finanzbranche tätigen Unternehmen lassen die regionalen und globalen finanziellen Risiken (abgesehen vom Währungsmarkt) hingegen weitgehend außer Acht. Ob dies richtig oder falsch ist, bleibt abzuwarten. Nicht einmal die extreme Niedrigzinspolitik vieler wichtiger Zentralbanken ruft, ganz im Gegenteil zu den deutschen Kollegen, bei den Teilnehmern unserer schwedischen Umfrage größere Sorgen hervor.

Bild 3

Die Gewichtung der Risiken zwischen nationalen und internationalen Faktoren (Bild 3) ist relativ gleichmäßig (48 zu 52 Prozent). Diese Verteilung kommt nach Betrachtung der nationalen Risikofaktoren recht unerwartet. Möglicherweise sind die internationalen Risiken noch nicht so gewichtig, da viele denkbare politische Komplikationen derzeit noch nicht konkret geworden sind. Es ist nicht auszuschließen, dass die internationalen Risiken in der nächsten Umfrage im Mai 2017 mehr ins Gewicht fallen werden.

Donald Trump beunruhigt

Bild 4

Wie oben bereits angesprochen, legen wir dieses Mal besonderes Gewicht auf die Analyse politischer Risiken für das Konjunkturjahr 2017. Aus diesem Grund wurden die befragten schwedischen Unternehmen gebeten, bis zu drei politische Risiken mit spürbaren Auswirkungen auf die eigenen Geschäfte (Bild 4) zu nennen.

Dabei landet die politische Entwicklung in den USA unter Donald Trump ganz vorne, mit großem Abstand gefolgt von der Entwicklung in Russland, einem möglichen Scheitern von TTIP und dem Brexit. Dahinter folgt die Flüchtlingskrise, die einem Teil des Panels ebenfalls Sorgen bereitet. Die bevorstehende Bundestagswahl in Deutschland scheint den Schweden nur wenig Kummer zu bereiten, ohne jedoch als Risikofaktor völlig vernachlässigbar zu sein.

Geschäfte mit Deutschland ausbaufähig

Bild 5

Was die Geschäfte des eigenen Unternehmens auf dem deutschen Markt angeht, beurteilt das schwedische Panel diese mit 3,3 (Skala von 5 = sehr gut bis 1 = sehr schlecht) – einer mittelmäßigen Bewertung, die auf ein gewisses Potenzial nach oben hindeutet (Bild 5).

Jeweils 29 Prozent der teilnehmenden Unternehmen sind in der Industrie beziehungsweise im Handel tätig, 42 Prozent im Dienstleistungssektor. 81 Prozent dieser Unternehmen haben ihren Hauptsitz in Schweden, 14 Prozent in Deutschland und die restlichen 5 Prozent in einem anderen Land.

 

Über die Umfrage

Von 16. November bis 1. Dezember 2016 führte die Deutsch-Schwedische Handelskammer (DSHK) zum sechsten Mal eine Umfrage unter deutschen und schwedischen Unternehmen zur Bewertung der Konjunkturen beider Länder und der deutsch-schwedischen Beziehungen durch. Die befragten Unternehmen sind zum größten Teil Mitglieder der DSHK. Insgesamt haben dieses Mal 151 deutsche und schwedische Unternehmen teilgenommen. Die Umfrage wird zwei Mal pro Jahr erstellt.

Ziel des Deutsch-Schwedischen Konjunkturbarometers ist es, mithilfe dieser operativ tätigen Unternehmen ein Bild der Konjunkturentwicklungen in Deutschland und Schweden zu zeichnen. Durch die geografische Nähe und Deutschlands Rolle als Schwedens größtem Handelspartner ergibt sich ein besonderer Bedarf, die Konjunkturperspektiven der Unternehmen auf den beiden Märkten zu verfolgen.

Unser Panel beurteilt neben den Konjunkturaussichten auch die größten nationalen sowie internationalen Risiken für die jeweiligen Unternehmen. Darüber hinaus wird der Politik in dieser Ausgabe besondere Aufmerksamkeit geschenkt.

In dieser Umfrage lassen wir Unternehmen in Schweden Fragen über die schwedische Konjunktur und Unternehmen in Deutschland Fragen über die deutsche Konjunktur beantworten – und nicht umgekehrt wie in den vorhergehenden Ausgaben.

Die Ergebnisse werden von Hubert Fromlet kommentiert, Professor für internationale Ökonomie an der schwedischen Linné-Universität (Linnaeus University) sowie ehemals langjähriger Chefökonom der Swedbank und Konjunkturexperte bei Scania. Fromlet entwickelte seinerzeit den häufig in den Medien zitierten schwedischen Einkäuferindex (PMI – Purchasing Manager Index).

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Malin Johansson

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