Blaue Wand, Schatten von Menschen und der Text "Wirtschaftliche Einschätzungen zum Coronavirus. Prof. Hubert Fromlet kommentiert für die Deutsch-Schwedische Handelskammer"

Trotz Talfahrt: Schweden wartet auf erste Lichtblicke

18.05.2020

Wie entwickeln sich das BIP und die Arbeitslosigkeit in der Coronakrise?

In Schweden gibt es gegenwärtig – wie auch in vielen anderen Ländern – kaum Anlass zum Jubeln. So gut wie alle Pfeile zeigen in die falsche Richtung. An manchen Börsentagen kommen mal kleinere Aktienschübe nach oben zustande, aber auch nur aufgrund wenig brauchbarer Lichtblicke im Kampf gegen das Coronavirus. Eine Schwalbe macht allerdings noch keinen Sommer, auch wenn die Sommermonate saison- oder temperaturbedingt vielleicht etwas weniger Neuansteckungen mit sich ziehen könnten.

Als ob die vielen offenbaren Gesundheits- und Wirtschaftsnöte nicht schon genug wären, kam zuletzt noch ein anderes Risiko eventuell schwerwiegender Natur dazu: das mögliche Hineingeraten in eine Deflation. Mehr dazu können Sie in meinem nächsten Artikel lesen, der am kommenden Montag veröffentlich wird.

Noch kein Silberstreifen am Horizont

Die Coronakrise und die gegenwärtige schlechte wirtschaftliche Lage Schwedens hängen selbstverständlich eng zusammen. Die Krise ist noch immer ernst – ernster als vielerorts beschrieben und interpretiert. Im Vergleich zu Deutschland mit seiner 8-mal größeren Bevölkerung sind die Relationen zwischen Schweden und Deutschland bei

  • insgesamt gemeldeten Infektionen 1:6
  • Todesfällen 1:2
  • Infektionen pro eine Million Einwohner 3:2.

Die oben erfassten Zahlen sind ungefähre Schätzungen und geben lediglich Größenordnungen wieder. Auch die Anzahl der täglichen Neuerkrankungen entwickelt sich seit geraumer Zeit in Schweden deutlich ungünstiger als beispielsweise in Deutschland. Daher verwundert es nicht, dass etliche Experten eine zweite größere schwedische Ansteckungswelle binnen weniger Quartale oder ein strengeres „social closing” keineswegs ausschließen. Aber wer weiß das schon? Bleibt hierzu nur die Feststellung des klugen Cicero im alten Rom: „Ich weiß, dass ich nichts weiß”.

Wirtschaftliche Talfahrt

Stimmungsbarometer und amtliche Statistiken entwickelten sich in letzter Zeit wie erwartet sehr negativ. Zwar ging das schwedische BIP im ersten Quartal nur um 0,3 Prozent zurück im Vergleich zum vierten Quartal 2019 (das entspricht +0,5 Prozent im entsprechenden Vorjahresvergleich), doch ist diese Zahl aufgrund der späten und dann relativ lockeren schwedischen Restriktionen im März wenig aussagefähig. Da wird die Veränderungszahl für das zweite Quartal schon wesentlich interessanter.

Tragischerweise hat die Zahl der existenzgefährdeten Unternehmen stark zugenommen, was sich auch am Arbeitsmarkt sehr negativ auswirkt. Schon 2019 lag die durchschnittliche Arbeitslosigkeit bei nicht gerade niedrigen 6,8 Prozent. Inzwischen beläuft sich die Arbeitslosigkeit schon auf über 8 Prozent und ist damit nahe am Peak der Finanzkrise vor gut zehn Jahren. Ein Wendepunkt ist noch nicht in Sicht.

Düstere Stimmungsbarometer

Erste negative Auswirkungen am Wohnungsmarkt sind schon auszumachen. Beim privaten Konsum dürften die ersten Bremsspuren sogar wesentlich deutlicher ausfallen. Die Stimmungsbarometer für die schwedische Exportwirtschaft sind ebenfalls sehr düster. All dies lässt auch die Investitionen sinken. Genaueres hierzu lässt sich aber erst im August nach der Veröffentlichung der BIP-Zahlen für das zweite Quartal ausfindig machen.

Wie die meisten anderen EU-Länder hofft auch Schweden darauf, dass Deutschland als Europas wirtschaftlich wichtigstes Land vielleicht etwas früher als erwartet die Kurve kriegt und dass vielleicht doch ein Impfstoffwunder passiert.

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Hubert Fromlet

Affiliierter Professor an der schwedischen Linné-Universität und Senior Advisor der Deutsch-Schwedischen Handelskammer

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