Blaue Wand, Schatten von Menschen und der Text "Wirtschaftliche Einschätzungen zum Coronavirus. Prof. Hubert Fromlet kommentiert für die Deutsch-Schwedische Handelskammer"

In Schweden häufen sich wieder die Fragezeichen

29.09.2020

Der Sommer ist vorbei – eine Jahreszeit, in der in Schweden immer alles heller aussieht. So auch in diesem Jahr, inklusive Covid-19 und Konjunktur, überlegt unser Senior Advisor Prof. Hubert Fromlet.

Die beiden letzteren Entwicklungen waren keine große Überraschung. Es wurde schon im April und Mai vielerorts vorhergesehen, dass sich die Lage an der Coronafront im Sommer temporär entspannen würde, und die Sorgen danach im Herbst und Winter wieder erheblich zunehmen könnten.

Coronainfektionen steigen wieder schneller an

Inzwischen steigen die schwedischen Zahlen für Neuinfektionen wieder rapide an, relativ betrachtet sogar doppelt so schnell wie in Deutschland. Sowohl Ministerpräsident Stefan Löfven als auch Staatsepidemiologe Anders Tegnell zeigten sich zuletzt sorgenvoll. Andeutungen über weitere, vielerorts erhoffte Lockerungen wurden zuletzt weder von Löfven noch von Tegnell gemacht. Der teilweise in Deutschland und anderen Ländern während des Sommers hochgelobte schwedische Sonderweg scheint inzwischen wieder holpriger geworden zu sein.

„Der teilweise in Deutschland und anderen Ländern während des Sommers hochgelobte schwedische Sonderweg scheint inzwischen wieder holpriger geworden zu sein."

All dies muss noch nicht heißen, dass eine schlimme zweite Welle auf Schweden zukommt, allerdings bleibt wenig Zeit, die Covid-19-Entwicklungen auf eine günstigere Bahn zu lenken. Diese Schlussfolgerung gilt wohl auch für Deutschland.

In den letzten Monaten basierte die verbesserte Stimmung in Schweden wesentlich auf dem Aufschwung der wirtschaftlichen Stimmungsindikatoren. Die zeitlich hinterherhinkende Statistik für die Realwirtschaft (Konsum, Investitionen und Export) hingegen gab bislang keinen Anlass zu begründeter Freude.

Daher lassen sich die zuletzt etwas freundlicheren Konjunkturprognosen vor allem mit drei Argumenten erklären: den verbesserten Stimmungsbarometern erstens in Schweden und zweitens im Ausland, drittens mit den zu Zeiten der Produktionsprozesse für die jetzt aktuellen Konjunkturprognosen noch relativ günstigen Coronasituation.

Drei Faktoren für die weitere Entwicklung der Konjunktur

Faktor 1: Es gilt inzwischen als branchenüblich bei Prognostikern, einen zukünftig schlechteren Trend von Covid-19-Infektionen im eigenen Land als Hauptrisiko für die eigenen Konjunkturprognose aufzuführen. Damit verweilen auch die zuletzt in Schweden erstellten, etwas freundlicheren Prognosen für die Jahre 2020 und 2021, auf einem fragilen Fundament.

Faktor 2: Da wir wissen, dass die Coronapandemie ein weltumspannendes Phänomen ist, spielt die Covid-19-Entwicklung in den Nachbarländern und global eine wichtige Rolle für die Konjunktureinschätzung des eigenen Landes. Aus schwedischer Sicht betrifft dies vor allem die anderen EU-Länder, Großbritannien und die USA.

Faktor 3: Politik – in Schweden, in der EU und in den USA. Politik und wirtschaftliche Entwicklung hängen immer enger zusammen und können deshalb Konjunkturprognosen erheblich erschweren und obsolet machen, auch für Schweden und Deutschland.

„Bei Konjunkturprognosen stets beachten: den heute völlig unbekannten Risikofaktor.“

Seit Jahren pflege ich, „den heute völlig unbekannten Risikofaktor“ hinzuzufügen. Ein solcher taucht nicht jedes Jahr auf. Mit inzwischen erhaltenem Fazit wäre dies für 2020 der Ausbruch der Coronapandemie gewesen.

 

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Hubert Fromlet

Affiliierter Professor an der schwedischen Linné-Universität und Senior Advisor der Deutsch-Schwedischen Handelskammer

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