Jon Simonsson, Markus Müller-Neumann, Mark Meier, Dirk Voeste, Olof Holmer, Mats Hagwall, Lena Claésson, Bengt Jacobsson och Annika Helker Lundström
Dirk Voeste

Alle müssen Verantwortung für mehr Nachhaltigkeit übernehmen, sagte Dirk Voeste.

Markus Müller-Neumann

In der modernen Wissenschaft geht es immer mehr um Zusammenarbeit – und dasselbe gilt auch für Innovationen, sagte Markus Müller-Neumann.

Mark Meier

Mark Meier erklärte, warum Chemieindustrie und Nachhaltigkeit keine Gegensätze sind.

Mark Meier, Dirk Voeste, Markus Müller-Neumann und Annika Helker Lundström

Mark Meier, Dirk Voeste, Markus Müller-Neumann und Moderatorin Annika Helker Lundström.

Publikum während des Nachhaltigkeits-Seminars im Stockholmer Epicenter

Über 100 Gäste waren ins Epicenter gekommen, um das Seminar zu verfolgen.

Jon Simonsson

Der öffentliche Sektor wird vermehrt zum Testumfeld für Innovationen, sagte Jon Simonsson.

Anna Lilja, Olof Holmer, Bengt Jacobsson, Mats Hagwall und Lena Claésson

Das Podium: Anna Lilja, Olof Holmer, Bengt Jacobsson, Mats Hagwall und Lena Claésson.

Anna Lilja und Olof Holmer

Verbrauchersorgen bzgl. Chemikalien müssen ernst genommen werden, forderte Anna Lilja.

Bengt Jacobsson, Mats Hagwall und Lena Claésson

Bei Henkel nimmt man sich Zeit, um verständliche Texte zu schreiben, erklärte Mats Hagwall.

Ein Mann im Publikum stellt eine Frage während des Nachhaltigkeits-Seminars im Epicenter.

Im Anschluss an die Diskussion hatten die Zuhörer die Gelegenheit, Fragen zu stellen.

Malin Johansson

Malin Johansson von der Deutsch-Schwedischen Handelskammer begrüßte die Teilnehmer.

Nicklas Augustsson und Daniel Grimes

Vor und nach dem Seminar war Zeit für persönliche Gespräche.

Markus Müller-Neumann och Sussi Wetterlin
Joakim NIlsson och Måns Edensten
Många människor står och samtalar med varandra på minglet efter seminariet om hållbarhet och innovation på Epicenter.

Partnerschaft notwendig für mehr Nachhaltigkeit

11.10.2017

Um bei der Entwicklung nachhaltiger Materialien schneller voranzukommen, braucht es mehr Zusammenarbeit – über Branchengrenzen, Landesgrenzen und die gesamte Wertschöpfungskette vom Rohstoffproduzenten bis zum Endverbraucher hinweg. Beim Seminar der Deutsch-Schwedischen Handelskammer zusammen mit BASF vergangene Woche bestätigten die Teilnehmer aus Industrie, Handel und Regierung, dass sie bereit sind, ihren Beitrag zu leisten.

„Wir sind alle dafür verantwortlich, unseren Planeten den kommenden Generationen in einem guten Zustand zu überlassen. Sämtliche Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen bilden den Rahmen für unsere Arbeit, aber eines sehen wir bei BASF als besonders wichtig an: Nr. 17, wo es um Partnerschaft zum Erreichen der Ziele geht. Dies wird oft vergessen. Manchmal sind Partnerschaften einfach, manchmal schwierig. Aber sehr vieles können wir nur dann verändern, wenn wir über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg zusammenarbeiten. Alle müssen dafür Verantwortung übernehmen, dass wir uns in die richtige Richtung bewegen“, sagte Dirk Voeste, Vice President Sustainability Strategy bei BASF.

Zusammen mit seinen Kollegen Mark Meier, Geschäftsführer von BASF in Nordeuropa und im Baltikum, und Markus Müller-Neumann, Senior Manager European Innovation Policies bei BASF, eröffnete er letzten Mittwoch das German Swedish Tech Forum-Seminar „Diese Innovationen führen uns in eine nachhaltige Zukunft“ im Epicenter in Stockholm. Der Zeitpunkt hätte kaum besser gewählt sein können: Am gleichen Tag, an dem die diesjährigen Nobelpreisträger für Chemie bekanntgegeben wurden, diskutierten Vertreter aus Chemieindustrie, Einzelhandel und öffentlichem Sektor über die Entwicklung und Nutzung von nachhaltigen Stoffen und Materialien.

Zusammenarbeit entscheidend für Innovation

„Der Nobelpreis wurde heute für eine Entdeckung verliehen, die Biologie, Chemie und Physik vereint. In der modernen Wissenschaft geht es immer mehr um Zusammenarbeit – und dasselbe gilt auch für Innovationen. Forschung ist wichtig, um neue Erkenntnisse zu gewinnen, aber dann braucht es Zusammenarbeit mit und in der Industrie, um diese Erkenntnisse in neue Technik und neue Produkte umzusetzen“, sagte Markus Müller-Neumann.

„Ich würde es befürworten, wenn es mehr Zusammenarbeit zwischen den Branchen und über Grenzen hinweg gäbe, sodass wir alle voneinander lernen können. In der Textilbranche, in der ich bisher hauptsächlich tätig gewesen bin, arbeiten die verschiedenen Handelsketten bereits seit Langem zusammen, um so nachhaltig wie möglich zu agieren. Ich bin der Meinung, dass diese Zusammenarbeit über unseren Branchenverband gut funktioniert, aber scheinbar läuft es nicht überall so rund. Mehr Branchen müssen sich beteiligen und wir müssen uns alle gleichzeitig damit beschäftigen“, sagte Lena Claésson, die bei der schwedischen Handelskette Rusta mit Nachhaltigkeits- und Qualitätsfragen arbeitet.

Höhere Kosten drücken Nachfrage

Auch die anderen Teilnehmer der Podiumsdiskussion betonten, dass Zusammenarbeit wichtig sei, um mehr fossile, umwelt- oder gesundheitsgefährdende Rohstoffe austauschen und durch neue nachhaltige Produkte für Unternehmen und Endkonsumenten ersetzen zu können. Ein Problem ist jedoch, dass innovative Produkte oftmals teurer sind als die konventionellen Alternativen, die schon länger auf dem Markt sind. Entweder sind die nachhaltigen Rohstoffe an sich teurer, die Herstellungsweisen komplizierter oder die Produktionsmengen kleiner, zumindest anfangs.

„Wir haben eine Wandfarbe auf den Markt gebracht, bei der wir ein fossilbasiertes Bindemittel gegen eine Substanz, die aus erneuerbaren Rohstoffen gewonnen wurde, ausgetauscht haben. Damit waren wir die ersten in Skandinavien und wir haben eine klare Strategie in unserer Innovationsarbeit. Aber es kostet Geld und Energie, neue Produkte wie dieses zu entwickeln. Die Kosten für den Endverbraucher sind zwar meist nur geringfügig höher, aber dennoch hat dies Auswirkungen auf die Nachfrage. Der Markt muss nachhaltige Produkte künftig stärker unterstützen. Vielleicht kann der öffentliche Sektor, der in vielen Bereichen ein großer Besteller ist, die Entwicklung durch veränderte Prioritäten im Einkauf unterstützen“, sagte Bengt Jacobsson, Geschäftsführer der DAW Nordic AB.

Staat setzt auf neue Lösungen

In der schwedischen Regierung hat man sich die Wünsche der Industrie zu Herzen genommen. Zahlreiche Behörden und andere Akteure aus dem öffentlichen Sektor sind nun in die Innovationsarbeit, die sich um die von der Regierung beschlossenen fünf strategischen Partnerschaftsprogramme dreht, eingebunden. Auf diese Weise sollen neue innovative Lösungen nicht nur entwickelt, sondern auch auf dem Markt wettbewerbsfähig gemacht werden.

„Insgesamt haben wir Mittel in Höhe von 700 Millionen Kronen bereitgestellt und die Wirtschaft wird noch einmal ungefähr die gleiche Summe beitragen. Unser Gedanke in der Regierung ist es, dass andere Akteure auf unsere Initiativen und Prioritäten reagieren sollen. Es gibt jetzt beispielsweise einen großen Druck auf den öffentlichen Sektor, als Testumfeld für verschiedene Innovationen zu fungieren. Auch haben wir eine neue Behörde eingerichtet, die dafür zuständig ist, bei öffentlichen Ausschreibungen Innovationen unterzubringen. Und es tut sich wirklich sehr viel! Die Behörden richten ihre Arbeit an unseren Prioritäten aus und es kommen ständig Vorschläge für konkrete neue Projekte herein“, sagte Jon Simonsson, Head of Innovation, Research and Capital im schwedischen Wirtschaftsministerium.

Er erwähnte auch die Initiative der Regierung, ein nationales Substitutionszentrum einzurichten, welches die Suche nach Ersatzstoffen für gesundheits- und umweltgefährdende Substanzen und Materialien, die derzeit noch in verschiedenen Produktionsprozessen zum Einsatz kommen, unterstützen und beschleunigen soll. Das Zentrum soll Industrie, Verbände, Forschung und Behörden zusammenbringen und wird laut Jon Simonsson „sehr bald“ seine Pforten öffnen.

Verbrauchersorgen ernst nehmen

Ein Problem für die Chemieindustrie ist ihr negatives Image bei einigen Endverbrauchern. Hier muss mehr getan werden, um den Vorurteilen und Befürchtungen, die Konsumenten gegenüber der Verwendung von gewissen Chemikalien zum Beispiel in Kosmetika oder Reinigungsmitteln haben, zu begegnen, meinte Anna Lilja, Sprecherin in Umweltfragen bei Konsumentföreningen Stockholm:

„Allein das Wort Chemiebranche treibt manchen Verbrauchern schon Sorgenfalten auf die Stirn. Diese Sorgen muss man verstehen und akzeptieren. Manchmal sind sie berechtigt, manchmal nicht. Es klafft grundsätzlich eine Wissenslücke zwischen Konsumenten und Herstellern – die teilweise auf fehlenden Grundkenntnissen beruht – durch die Missverständnisse entstehen. Ich glaube, dass es gut wäre, wenn die Unternehmen auf mehr Transparenz setzen und klar sagen würden, worin sie gut sind und welche Probleme sie noch nicht optimal gelöst haben. Man kann ja zum Beispiel daran denken, wie man als Privatperson reagiert, wenn jemand behauptet, er oder sie könne alles – da wird man doch misstrauisch. Vielleicht ist es ein guter Weg, auch mal einige Schwächen zuzugeben.“

Direktkontakt in den sozialen Medien

Mats Hagwall, Technical and SHEQ Manager bei Henkel Norden AB, stimmte Anna Lilja zu, dass die Unternehmen mehr tun sollten, um besorgte Verbraucher mit sachlichen Informationen zu beruhigen. Seinen Erfahrungen nach funktioniert dies gut, wenn man in einen direkten Dialog mit dem jeweiligen Fragesteller eintritt, beispielsweise in den sozialen Medien:

„Wir bekommen sehr viele Fragen von Verbrauchern, zum Beispiel warum wir gewisse Inhaltsstoffe benutzen. In den sozialen Medien muss man solche Fragen auf eine transparente und auf Fakten basierte Art und Weise beantworten. Entweder haben wir gute Argumente für den Einsatz einer bestimmten Substanz – dann bringen wir diese vor. Oder aber wir haben keine guten Argumente – dann fragen wir uns selbst, ob wir den Stoff künftig weiter verwenden sollen, ob wir ihn gegen einen anderen austauschen könnten und was dies bedeuten würde. Wir nehmen uns viel Zeit, unsere Antworten so zu formulieren, dass sie für jeden verständlich sind. Man sollte nicht Chemiker sein müssen, um uns zu verstehen. Wenn man einen Sachverhalt gut erklärt und der Verbraucher diesen nachvollziehen kann, bekommt man manchmal auch ein ‚Danke‘ zurück“, sagte Mats Hagwall.

Geringere Anforderungen in Asien

Das Podium war sich darin einig, dass kommende Generationen von Konsumenten noch höhere Anforderungen an Nachhaltigkeit und Transparenz stellen werden. Die aktuellen Probleme in der Branche gingen jedoch meist auf unseriöse Hersteller und Händler zurück. Den großen etablierten Akteuren könne man vertrauen, dass sie Umwelt- und Gesundheitsfragen ernst nehmen.

„Die großen Handelsketten in Schweden haben beispielsweise ihre eigenen Systeme und nehmen nur sorgfältig ausgewählte Produkte in ihr Sortiment auf. Das funktioniert gut. Man kann mit gutem Gewissen in normale Geschäfte gehen und dort einkaufen. Aber es ist ein Problem, dass man in Europa höhere Anforderungen stellt als  zum Beispiel in Asien, wenn es darum geht, was ein Produkt beinhalten darf und wie es hergestellt wird. Ich hoffe, dass die Entwicklung in Richtung global einheitlichere Regeln gehen wird, sodass wir künftigen Streit über Freihandel oder ähnliche Fragen vermeiden können. Und damit meinte ich, dass es gut wäre, wenn man unsere strengeren Regeln in Asien einführt, nicht andersherum“, sagte Olof Holmer, Geschäftsführer des Branchenverbands Kemisk Tekniska Företagen.

Nachhaltigkeit im eigenen Interesse

Im Endeffekt liegt nachhaltiges Handeln im langfristigen  Interesse jedes einzelnen Unternehmens – auch wenn man kurzfristig vielleicht einige Kunden gewinnen könnte, indem man billiger produziert und verkauft.

„Nachhaltigkeit bedeutet, langfristig erfolgreiche Geschäfte machen zu können. Wenn es bei uns aktuell gut läuft, wir aber die kurz- und langfristigen Bedürfnisse nicht ausbalancieren, werden wir nicht lange überleben. Es gibt BASF als Unternehmen bereits seit über 150 Jahren und wir wollen auch in Zukunft eine wichtige Rolle auf dem Markt spielen. Gleichzeitig müssen wir aber auch zusehen, dass wir weiter rentabel bleiben, sonst haben wir keine Ressourcen, um neue nachhaltige Lösungen zu entwickeln“, sagt Dirk Voeste.