Dr. Markus Miele, Konzernchef von Miele, war Gastredner der Jahrestagung 2016 der Handelskammer.

Der Präsident der Deutsch-Schwedischen Handelskammer, Olof Persson, hieß ca. 200 Gäste im Stockholmer Grand Hôtel willkommen.

Deutschlands Struktur mit starken Bundesländern und Clustern ist Grund für die gute Wachstumsbasis für Unternehmen, so Miele.

Volles Haus bei Tyskland i dialog, dem wirtschaftspolitischen Diskussionsforum der Handelskammer, über nachhaltiges Wachstum.

Das Podium: Hjalmar Winbladh (EQT Ventures), Dag Agnvall (Energiebehörde), Markus Miele, Lisa Thorén (BabyBjörn/Performance Sk8)

Über 10 Jahre reiste Lisa Thorén umher und vermarktete die Produkte des Familienunternehmens BabyBjörn. Die Exporte stiegen.

Winbladh lobte das schwedische Innovationsklima, mahnte aber eine Steuersenkung für Personaloptionen an um Kompetenz anzulocken.

Fehlendes Risikokapital ist ein Problem in Schweden und kann das Unternehmenswachstum schmälern, meinte Dag Agnvall.

Lisa Thoréns Coup: Jeder im Podium erhielt ein Skateboard mit dem Motto „Geh Risiken ein und du wirst es schaffen“.

Auch der Moderator der Diskussion, Ulf Wickbom, erhielt ein Skateboard des Start-ups Performance Sk8.

Olof Persson, Präsident der Deutsch-Schwedischen Handelskammer, und Gastredner Markus Miele.

Deutschlands Botschafter in Schweden, Michael Bock, war einer der Gäste.

Aus dem Vorstand: Werner Borgers (Borgers AG), Hans-Theodor Kutsch, Glenny Holdhof (EDUR-Pumpenfabrik Eduard Redlien).

Nalini Bonnier (Deutsche Bank) sprach mit Nils Waldmann (Nordea).

Julia Schmitz (Deichmann Sko) mit Martin Kauffner (Lidl).

Monica Palmgren von der SEB im Gespräch.

Mikael Granström von der Allianz Global Corporate & Specialty netzwerkte mit anderen Gästen.

Eva Sjögren vom deutschen Windkraftwerkshersteller Enercon.

Malin Johansson von Miele demonstrierte einen Dampfgarer für Thomas Kleiner von Schaeffler Schweden.

Markus Miele verewigte sich auf dem beschreibbaren Miele-Kühlschrank K 20.000. Im Hintergrund Kent Oderud (Miele Schweden).

Mymuesli eröffnete in den letzten Wochen zwei Geschäfte in Stockholm und lud die Gäste des Abends auf ein Müsli to go ein.

Becker's Pils, ein deutsches Bier des Handelskammer-Mitglieds Great Brands, war Teil der abendlichen Getränkeauswahl.

Markus Miele: Wir denken nicht in Quartalen, sondern in Generationen

15.04.2016

Um als Unternehmen langfristig und erfolgreich zu wachsen, ist es nicht immer am wichtigsten, schnell zu sein mit Veränderungen und Neuheiten – aber die Führungsebene muss die richtige Richtung vorgeben. Dies sagte Dr. Markus Miele, geschäftsführender Gesellschafter von Miele, bei Tyskland i dialog im Rahmen der Jahrestagung der Deutsch-Schwedischen Handelskammer am Dienstag. Auf der Podiumsdiskussion nach seiner Rede sprachen sich die Teilnehmer für unterschiedliche Wachstumsstrategien aus.

„Auch nach 117 Jahren ist Miele noch immer zu 100 Prozent im Besitz der beiden Gründerfamilien. Wir denken in Generationen anstelle von Quartalsberichten. Das übergeordnete Ziel unserer Arbeit in der Geschäftsführung ist, dass wir mehr an unsere Kinder weitergeben als wir selbst erhalten haben“, sagte Dr. Markus Miele.

Der geschäftsführende Gesellschafter des Familienunternehmens Miele & Cie. KG war Hauptredner von Tyskland i dialog, dem wirtschaftspolitischen Forum der Deutsch-Schwedischen Handelskammer, im Rahmen der 65. Jahrestagung der Handelskammer am 12. April im Grand Hôtel in Stockholm.

Nachhaltige Geschäftsmodelle in Nischen

Vor über 200 Gästen stellte er die Unternehmensstrategie von Miele vor und erklärte, warum viele deutsche Mittelstandsunternehmen so erfolgreich sind, wenn es um Innovation, Export und langfristiges, nachhaltiges Wachstum geht.

„Der Wettbewerb in Deutschland und global ist hart. Da braucht man ein nachhaltiges Geschäftsmodell, um überleben zu können. Viele kleinere deutsche Unternehmen haben sich traditionell dafür entschieden, auf eine bestimmte Nische zu setzen und in dieser weltweit führend zu werden. Vielfach hat man es dabei als wichtig angesehen, die Produktion im eigenen Land zu behalten und die eigenen Produkte immer wieder weiterzuentwickeln. Zusammen mit der Tatsache, dass viele dieser Firmen in Familienbesitz sind, was häufig mit Kontinuität in Sachen Werte und Ziele sowie einem Fokus auf organisches Wachstum einhergeht, hat dies dazu geführt, dass wir so viele weltweit führende Unternehmen dieser Größenordnung in Deutschland haben“, sagte er.

Große Erfolge in kleinen Städten

Markus Miele wies auch darauf hin, dass erfolgreiche deutsche Mittelständler oft aus kleineren Städten oder Regionen abseits der Ballungsräume stammen:

„Solingen ist heutzutage nahezu Synonym mit guten Messern. Kugellager werden traditionellerweise in Schweinfurt hergestellt. Tuttlingen im Schwarzwald ist die Heimat von mehr als 400 Medizintechnik-Produzenten und in und um Göttingen finden sich viele Unternehmen, die Messinstrumente fertigen. Verschiedene Regionen haben sich auf unterschiedliche Produkte oder Branchen spezialisiert. Oft gibt es hier einen Zusammenhang mit den traditionellen Schwerpunkten der lokal ansässigen Hochschule. Aber die vielen starken Regionen außerhalb der Ballungsgebiete haben wir vor allem dem deutschen Föderalismus zu verdanken.“

Kein Grund für einen Umzug

Auch die Zentrale von Miele steht bekanntermaßen nicht in einer Metropole, sondern in der 96.000-Einwohner-Stadt Gütersloh. Laut Markus Miele gibt es für den Haushaltsgerätehersteller keinerlei Grund, die Region Ostwestfalen-Lippe zu verlassen. Die Fachkräftesituation vor Ort sei gut, man habe eine zentrale Lage in Europa und sei Teil eines starken Branchenclusters. Vom Miele-Sitz sind es nur wenige Kilometer bis zu den Firmenzentralen von anderen global aktiven Unternehmen wie Benteler, Hella, Claas, Bertelsmann und Dr. Oetker.

All diese Konzerne – Miele mit seinen insgesamt 18.000 Mitarbeitern eingeschlossen – sind nach offizieller Definition natürlich längst Großunternehmen. Aber was die Denkweise und die langfristige Unternehmensstrategie angehe, sehe man sich als Mittelständler, erklärte Markus Miele.

Mittelstand für Schweden?

Blickt man in dieser Hinsicht auf Schweden, fehlt der Sektor ähnlicher mittelgroßer und international agierender Unternehmen. Die schwedische Wirtschaft wird stattdessen von der großen Masse kleiner und einigen richtig großen Firmen bestimmt. Der Fokus der Podiumsdiskussion nach der einleitenden Rede von Markus Miele lag deshalb auf der Frage, wie noch mehr schwedische Unternehmen durch Internationalisierung wachsen können.

Hjalmar Winbladh, Gründer der Private-Equity-Gesellschaft EQT Ventures, sieht eine große Chance in der immer weiter fortschreitenden Digitalisierung der Wirtschaft: „In einer digitalisierten Wirtschaft ergibt sich eine deutlich höhere Effektivität, wenn man groß denkt. Mit einem guten Produkt oder einer Dienstleistung und der richtigen Strategie kann man in der ganzen Welt enorme Marktanteile erreichen. Deshalb gibt es Unternehmen wie Google, Facebook und Apple, die in gewissen Bereichen völlig dominant sind. Bei EQT Ventures suchen wir nach Unternehmern mit von Anfang an globalen Ambitionen, die auf ähnliche Weise mit ihren Ideen ‚Weltmeister‘ werden wollen. Im Kern geht es bei all unseren Aktivitäten immer um Digitalisierung“, erklärte er.

Digitalisierung als Antriebskraft

Für Tech-Start-ups ist die Digitalisierung heute eine wichtige Antriebskraft, die ihnen dabei hilft, schnell zu wachsen. Aber auch wenn man herkömmliche, „anfassbare“ Produkte herstellt, biete die Entwicklung fantastische Chancen, meinte Lisa Thorén. Sie ist Teilhaberin des Kleinkinderprodukte-Herstellers BabyBjörn sowie Business Angel und arbeitet derzeit unter anderem mit dem jungen Skateboard-Produzenten Performance Sk8 Europe.

„Performance Sk8 ist ein Born-global-Unternehmen mit einem physischen Produkt. Das Geschäftsmodell besteht teilweise darin, dass wir Innovationen für Skateboards entwickeln, die wir dann an die Hersteller weiterverkaufen, die derzeit vor allem in China sitzen. Außerdem sind wir dabei, Technologien zu konzipieren, die es künftig ermöglichen werden, Bretter, Rollen und andere Teile in kleinen Fabriken überall auf der Welt herzustellen. Auf diese Weise müssen wir nicht mehr einen Exportmarkt nach dem anderen erschließen“, sagte Lisa Thorén.

Verschiedene Wege zum Erfolg

Diese neue Herangehensweise passe jedoch nicht für alle Arten von Unternehmen, betonte Markus Miele: „Es gibt nicht das eine Erfolgsrezept für alle. Verschiedene Märkte und Branchen funktionieren nicht alle nach der gleichen Logik. Das Entscheidende ist letztlich, dass man den Konsumenten erreicht – ob das jetzt mit einem Produkt ist, das man anfassen kann, oder mit einer App.“

Zur gleichen Schlussfolgerung gelangte auch Dag Agnvall, Senior Advisor bei der schwedischen Energiebehörde (Energimyndigheten). Die Behörde unterstützt innovative Unternehmen aus den Bereichen erneuerbare Energien und Energieeffizienz auf unterschiedliche Art und Weise, je nach individuellem Bedarf.

„Einige bieten digitale Dienste über das Internet an, andere müssen eine große Demonstrationsanlage bauen, die sie vorzeigen können. Die Bedürfnisse sind sehr unterschiedlich. Aber viele der Unternehmen haben gemeinsam, dass sie mit ihrem Geschäft direkt auf einem anderen Markt als Schweden starten oder schon sehr früh auf das Ausland setzen müssen. Wenn die Eigentümer ein langfristiges Engagement an den Tag legen, können wir ihnen bei der Internationalisierung behilflich sein. In diesem Zusammenhang haben wir zum Beispiel das Deutschlandprogramm, unsere erfolgreiche Zusammenarbeit mit der Deutsch-Schwedischen Handelskammer, initiiert“, sagte Dag Agnvall.

Mehr Risikokapital notwendig

Ein großes Problem für Unternehmen, die wachsen wollen, ist der Mangel an Wagniskapital in Schweden und Deutschland. Darin waren sich alle Podiumsteilnehmer einig. „In Europa haben potenzielle Investoren oft Angst davor, auf das falsche Pferd zu setzen, und sind deshalb vorsichtig. In den USA ist die Stimmung eher so, dass man Angst hat, das nächste große Ding zu verpassen. Hier brauchen wir einen Mentalitätswechsel, wenn wir die Umstellung auf eine digitalisierte Wirtschaft und alle Veränderungen, die diese mit sich bringt, meistern wollen“, meinte Hjalmar Winbladh.

Einig waren sich die Podiumsteilnehmer auch darin, dass junge Unternehmer mehr Ausdauer an den Tag legen sollten. Viele seien darauf aus, ihr Unternehmen zu verkaufen und sich aus dem Staub zu machen, sobald sich die erstbeste Möglichkeit dazu biete. Für langfristigen Erfolg sei es aber notwendig, dass man mit seiner Firma sowohl gute als auch weniger schöne Zeiten durchlebe.

„Vielleicht sollte man Skateboards an alle jungen Leute verteilen. Dann lernen sie, wie man hinfällt, hinfällt und wieder hinfällt, aber mit der Zeit immer besser wird. Das gleiche Prinzip gilt ja auch fürs Unternehmertum“, sagte Lisa Thorén, bevor sie zum Abschluss jedem der anderen Podiumsteilnehmer ein Skateboard überreichte.