Henrik Olinder spricht beim PremiumPartner-Lunch der Deutsch-Schwedischen Handelskammer im Stockholmer Grand Hôtel

Für den Chef ist eine Krisensituation immer ein Balanceakt, sagte Henrik Olinder.

Die Gäste des PremiumPartner-Lunchs im Grand Hôtel, vorne Malin Johansson während der Begrüßung

Etwa 20 Vertreter der PremiumPartner der Handelskammer waren ins Grand Hôtel gekommen.

Malin Johansson begrüßt die Teilnehmer des PremiumPartner-Lunchs

Die Kommunikationschefin der Handelskammer, Malin Johansson, begrüßte die Teilnehmer.

Krisenkommunikation: So gewinnen Sie Vertrauen

12.10.2017

Früher oder später landet jedes Unternehmen einmal in einer – kleinen oder großen – Krise. Um diese auf beste Art zu meistern, gilt es, gut vorbereitet zu sein, die Initiative zu ergreifen und schnell mit Informationen an die Öffentlichkeit zu gehen sowie eine Führung zu haben, die mit ihren Äußerungen Vertrauen zurückgewinnt. Dies sagte Henrik Olinder, Sachverständiger für Krisenkommunikation bei der schwedischen Zivilschutzbehörde, beim PremiumPartner-Lunch der Deutsch-Schwedischen Handelskammer. 

„Zu allererst sollte man sich an die Öffentlichkeit wenden und zugeben, dass die Krisensituation, in der man sich befindet, tatsächlich eingetroffen ist. Es gibt eine gewisse Zeitspanne, in der die Öffentlichkeit oder die von der Krise Betroffenen darauf warten, dass derjenige, der für die Situation verantwortlich ist, eine Erklärung abgibt. Da muss man den Mut haben, sich der Presse zu stellen, eingestehen, dass etwas Negatives passiert ist und vermitteln, dass man alles, was in seiner Macht steht, unternimmt, um das Problem zu lösen oder zumindest die Konsequenzen abzumildern. Sagt man während dieser Zeit gar nichts, verändert sich die Lage und die Medien und die Öffentlichkeit fangen stattdessen an, darüber zu spekulieren, warum sich die Verantwortlichen nicht äußern. Der Eindruck entsteht, dass man Informationen zurückhält, Dinge unter den Teppich kehren möchte. In solch einer Situation können plötzlich andere Akteure ins Rampenlicht treten und sich mit ihrer Version der Geschehnisse profilieren“, warnte Henrik Olinder.

Der renommierte Redner, Ausbilder und Krisenkommunikationsexperte der schwedischen Zivilschutzbehörde (Myndigheten för samhällsskydd och beredskap, MSB) war Gastredner bei einem Mittagessen für Vertreter der PremiumPartner-Unternehmen der Deutsch-Schwedischen Handelskammer Ende September im Stockholmer Grand Hôtel. In seiner Präsentation ging er mehrere Male auf die Rolle der obersten Führungskraft in einer Krisensituation ein.

Chef stets in der Schusslinie

„Es ist äußerst interessant, verschiedene Beispiele von Krisen in Unternehmen, der Politik oder der Gesellschaft zu analysieren. Immer ist es die höchstgestellte Führungsperson, die in die Schusslinie gerät. Man versucht vielleicht, Pressesprecher, Juristen oder im operativen Geschäft tätige Personen verschiedene Erklärungen abgeben zu lassen, aber das funktioniert eigentlich nie sonderlich gut. Stattdessen verlangt die Öffentlichkeit, dass der höchste Chef nach vorne tritt und selbst das Wort ergreift.“

Das kann für die jeweilige Führungsperson eine sehr schwierige Situation werden. „Um in einer Krise gute Kommunikationsarbeit leisten zu können, braucht man jemanden, der diese Aufgabe auch gut meistern kann. Für den Chef ist eine solche Situation immer ein Balanceakt. Man kann mit gestärktem Vertrauen aus der Krise herauskommen – man kann aber auch tief fallen und hart landen, auch wenn der Auslöser der Krise vielleicht gar nichts wirklich Schwerwiegendes war“, sagte Henrik Olinder.

Schnelle Statements immer wichtiger

Der Schlüssel für ein erfolgreiches Krisenmanagement liegt laut Olinder darin, dass man die Initiative ergreift und schnell eigene Informationen verbreitet. Die Öffentlichkeit verlangt heutzutage mehr Transparenz und ein höheres Tempo als noch vor wenigen Jahren – eine Konsequenz des veränderten Medienklimas und der schnellen Informationsflüsse im Internet und den sozialen Medien.

„Wir Bürger fordern heute immer schneller Antworten. Wir sind unglaublich ungeduldig geworden. Man muss sich dem anpassen und wissen, dass andere Akteure es ausnutzen werden, wenn man es nicht tut. Außerdem kann man sich nicht darauf vorbereiten, nur auf bestimmte Fragen zu antworten. Es ist besser, zu sagen, dass man noch keinen vollen Überblick über die aktuelle Lage hat. Man kann immer mit dem beginnen, was man schon sicher weiß, und später weitere Informationen herausgeben, sobald man diese vorliegen hat.“

Vorbereitung ist das A und O

Um in einer Krisensituation schnell, schadensmindernd und vertrauenserweckend agieren zu können, ist jedoch eine gründliche Vorarbeit erforderlich. Alla Verantwortlichen in der eigenen Organisation müssen vorbereitet sein und genau wissen, was sie tun müssen, wenn eine Krise eintrifft. Im besten Fall hat man eine interne Struktur für Krisenmanagement geschaffen, potenzielle Krisenszenarios identifiziert und für diese bereits trainiert und geplant.

„Dann läuft alles, wenn es soweit ist. In einer solchen Situation sollte man nicht erst einen Plan durchlesen müssen oder spontan entscheiden, wie man das Problem angeht. Alles sollte routinemäßig ablaufen. Schauen Sie sich beispielsweise an, wie das schwedische Militär reagiert hat, als man während des Einsatzes in Afghanistan tote und verletzte Soldaten zu vermelden hatte. Das war eine äußerst schwierige Situation, aber es war deutlich zu sehen, dass der Oberbefehlshaber und viele andere in der Organisation eingeübt hatten, was zu tun war.“

Aus überstandenen Krisen lernen

Genauso wichtig, wie es ist, sich auf mögliche zukünftige Krisen vorzubereiten, ist es, das eigene Verhalten und das von anderen zu analysieren und Lehren daraus zu ziehen, wenn eine Krisensituation einmal überstanden ist. Nur auf diese Weise kann man es beim nächsten Mal besser machen.

„Hat man seine Hausaufgaben gemacht, wächst meist auch das Vertrauen zwischen denen, die die Situation intern gemanagt haben. Alle bekommen das Gefühl, dass nichts unter den Teppich gekehrt wurde und dass man beim nächsten Mal darauf vertrauen kann, dass alle wissen, was sie zu tun haben. So geht man mit der gesamten Organisation gestärkt aus der Krise und ist gut auf die nächste vorbereitet“, schloss Henrik Olinder ab.

 

Henrik Olinders Tipps für gute Krisenkommunikation:

  • Seien Sie vorbereitet: Überlegen, planen und trainieren Sie, sodass Sie wissen, was in einer eventuellen Krisensituation zu tun ist. Denken Sie daran, dass Krisen sowohl intern als auch extern entstehen können.
  • Reagieren Sie schnell: Gehen Sie schnell mit einem Statement an die Öffentlichkeit. Gestehen Sie ein, dass eine Krise eingetroffen ist, und geben Sie weitere Details heraus, sobald Sie diese vorliegen haben.
  • Versetzen Sie sich in andere hinein: Was wollen Ihre Kunden, Mitarbeiter und die Allgemeinheit wissen, die von der Krise betroffen oder daran interessiert sind?
  • Achten Sie auf die richtige Wortwahl: Bedenken Sie, an wen Sie sich mit öffentlichen Äußerungen richten, und wählen Sie passende Worte.
  • Lassen Sie den Chef sprechen: Die Öffentlichkeit erwartet, dass sich die höchste verantwortliche Person äußert. Lassen Sie Ihren den Chef strategische Aussagen treffen und interne Experten auf operative Fragen antworten.
  • Verpassen Sie nicht die Chance: Meist schadet es Unternehmen oder Organisationen in der Peripherie nicht, sich ebenfalls zu einer bestimmten Situation zu äußern, auch wenn sie nur am Rande davon betroffen oder dafür verantwortlich sind.
  • Lernen Sie aus Krisen: Analysieren Sie eigene und andere Krisen und ziehen Sie Lehren aus ihnen.