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Eine Rakete beim Start vom Esrange Space Center in Kiruna.

Foto: Marcus Lindh/SSC

Der Start eines Ballons vom Esrange Space Center.

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Kooperationen in der Raumfahrt: Schweden und Deutschland greifen gemeinsam nach den Sternen

21.10.2021

Im Esrange Space Center nahe der nordschwedischen Stadt Kiruna wird bald ein neuer Weltraumbahnhof in Betrieb genommen. Voraussichtlich ab Sommer 2022 wird Schweden dann das erste EU-Land sein, von dem aus Satelliten in die Erdumlaufbahn gebracht werden können. Die Handelskammer hat mit Schwedens erstem Astronauten Christer Fuglesang über die deutsch-schwedische Zusammenarbeit im Weltraum gesprochen.

Die Swedish Space Corporation (SSC) ist ein staatliches Unternehmen, das Raumfahrtorganisationen, Unternehmen, anderen kommerziellen Akteuren und Forschungsinstituten den Zugang zum Weltraum ermöglicht. Die Produkte und Dienstleistungen von SSC ermöglichen die erfolgreiche Durchführung von Weltraumprojekten in einer Reihe von Bereichen, etwa in der Telekommunikation, Sicherheit, Meteorologie, Ortung, wissenschaftlichen Forschung oder Erdbeobachtung. Laut Philip Påhlsson, Projektleiter von New Esrange, hat der neue schwedische Weltraumbahnhof gute Chancen, der erste Satellitenstartplatz auf dem europäischen Kontinent zu werden:

Philip Påhlsson, Projektleiter New Esrange

„Es gibt auf der ganzen Welt nur wenige solche Anlagen. Dass wir über eine solche verfügen, stärkt Schwedens Rolle als führende Raumfahrtnation und gibt auch anderen Ländern die Möglichkeit, die Infrastruktur von Esrange zu nutzen. Am Standort sind zum Beispiel zwei deutsche Raketenhersteller aktiv, Isar Aerospace und die Rocket Factory Augsburg, die derzeit ausgiebig ihre Triebwerke testen. Außerdem kommt bald ein weiterer europäischer Partner hinzu, der seine wiederverwendbare Raketentechnik am neuen Weltraumbahnhof testen wird. Der Besuch des deutschen Bundespräsidenten in der Esrange im September ist nur eines von vielen Beispielen dafür, wie wir aktiv daran arbeiten, die Beziehungen zwischen beiden Ländern zu stärken und gemeinsame Wege zu beschreiten, um die jeweiligen Raumfahrtstrategien in die Tat umzusetzen“, so Påhlsson.

Zusammenarbeit nördlich des Polarkreises

Isar Aerospace entwickelt seit 2018 Raketen und Raketentriebwerke. Um die Aktivitäten auf dem schwedischen Markt auszubauen, lässt sich das Münchener Unternehmen von der Deutsch-Schwedischen Handelskammer unterstützen. An die schwedische Tochtergesellschaft Isar Aerospace AB, die nördlich des Polarkreises ansässig ist, werden hohe Erwartungen gestellt.

Josef Fleischmann.

„Kiruna ist ein wichtiger Standort für Isar Aerospace“, erklärt Josef Fleischmann, COO. „Unsere Partnerschaft mit der SSC ist der Schlüssel zu unserem Ziel, 2022 unsere erste Rakete zu starten und damit einen weiteren Meilenstein in der deutsch-schwedischen Weltraumzusammenarbeit zu setzen.“

Schwedischer Astronaut sieht Potenziale

Der Astronaut und Professor für Raumfahrt an der Königlichen Technischen Hochschule Stockholm (KTH), Christer Fuglesang, betont ebenfalls das Potenzial der deutsch-schwedischen Zusammenarbeit:

„In diesem nächsten Schritt, den Esrange jetzt geht, sehe ich nur Vorteile. In Deutschland gibt es Unternehmen, die Raketen entwickeln. Was sie brauchen, sind Testanlagen und Stützpunkte, von wo aus sie starten können. Kiruna liegt geografisch relativ nahe und in der Esrange verfügt man sowohl über das Know-how als auch über die notwendige Infrastruktur.“

Auf die Frage nach der Bedeutung der Weltraumforschung fällt Fuglesangs Antwort schnell und eindeutig aus: „Die Forschung, die uns etwas über die Ursprünge des Universums und Ähnliches lehrt, ist die eine Seite. Ich stelle lieber Weltraumaktivitäten in den Mittelpunkt, bei denen es darum geht, wie wir die Infrastruktur optimieren und unter anderem Wettersatelliten oder die Kommunikation weiterentwickeln können. Zum Beispiel können Smartphones heutzutage mit Satelliten im Weltraum verbunden werden. Auch der Aufbau von Breitbandverbindungen ist ein wichtiger Bereich. Wenn es uns gelingt, kleine, relativ kostengünstige Satelliten in den Weltraum zu schicken, wird das riesige Vorteile mit sich bringen. Wir können hochaufgelöste Bilder von der Erde machen und so zum Beispiel bei Katastrophen schneller navigieren oder ein tieferes Verständnis für die Klimaprobleme entwickeln.“

Laut Fuglesang kann die schwedisch-deutsche Zusammenarbeit in der Raumfahrttechnik in zahlreichen Fragen intensiviert werden.

„Wenn schwedische Kompetenz und Tradition auf deutsche Hochtechnologie treffen, entstehen natürlich sehr interessante Dinge.“

„Schweden ist in vielen Bereichen führend und bei Weltraumaktivitäten blicken wir auf eine lange Tradition zurück. Wenn diese Kompetenz und Tradition auf deutsche Hochtechnologie treffen, entstehen natürlich sehr interessante Dinge. Mit der Testanlage ergeben sich große Chancen, insbesondere für deutsche Raketenhersteller. An der KTH haben wir Partnerschaften mit mehreren Akteuren in Deutschland, darunter mit dem Technologie- und Raumfahrtkonzern OHB, der seinen Hauptsitz in Bremen und eine schwedische Tochtergesellschaft, OHB Sweden, in Kista bei Stockholm hat“, erklärt Christer Fuglesang.

Doch in einem Bereich ist Deutschland Schweden voraus. „Wenn es um den Bau eigener Raketen geht, liegt Deutschland definitiv vor uns. Sicherlich spielt es auch eine Rolle, dass Geld für umfangreiche Investitionen in die hochtechnologische Weltraumindustrie vorhanden ist“, so Fuglesang.

„Davon abgesehen ist das Wichtigste, dass man sich trifft und Herausforderungen und Möglichkeiten bespricht. Vernetzung ist von entscheidender Bedeutung. Gerade bin ich auf dem Weg zur Universität Stuttgart, um mich mit gleichgesinnten Kolleginnen und Kollegen über die Entwicklung eines Systems von großen ‚Sonnensegeln‘ auszutauschen. Diese könnten ins All geschickt werden, um die globale Erwärmung abzumildern. Das Beispiel zeigt deutlich, wie wichtig ein aktiver und kreativer Austausch zwischen unseren Ländern ist“, rundet Christer Fuglesang ab.

Delegationsreise im Februar

Die Deutsch-Schwedische Handelskammer organisiert im Februar 2022 eine Delegationsreise mit Fokus auf Clusterarbeit zur Förderung von Innovationen und die Verknüpfung deutscher und schwedischer Kompetenzen im Bereich der Raumfahrt. Sie führen ein innovatives Unternehmen im Bereich Raumfahrttechnik und möchten teilnehmen? Kontaktieren Sie uns gern.