Rüdiger Grube, Vorstandsvorsitzender Deutsche Bahn, war Gastredner im Technischen Museum Stockholm.

Olof Persson, Präsident der Deutsch-Schwedischen Handelskammer, begrüßte die Gäste zu dieser Ausgabe von Tyskland i dialog.

Das Auditorium des Technischen Museums war voll besetzt mit Vetretern von Mitgliedsunternehmen und geladenen Gästen.

Moderator Ulf Wickbom und Rüdiger Grube

Unter den Gästen (v.r.n.l.): Göran Wollmer, Schenker Rail, Eva Sjögren, Enercon, und Martin Creydt, Scandic

Die Diskussionsteilnehmer: Olof Persson, Anna H Kramers, Rüdiger Grube, Anna Johansson und Torbjörn Suneson

Im Anschluss an die Rede von Rüdiger Grube folgte eine angeregte Podiumsdiskussion

Ralph Tischer, Geschäftsführer Deutsch-Schwedische Handelskammer, Rüdiger Grube und Hans-Theodor Kutsch, Vizepräsident DSHK

Martin Creydt, Scandic, Franz Zinsberger, Boerhinger Ingelheim, und Gerd Hagmeyer, Sipri

Nina Beer, Gerätebau Felix Schulte, im Gespräch mit Thomas Mielke, Leinonen Sweden AB.

Peter Holms, Safera, Ninni Löwgren Tischer, Deutsch-Schwedische Handelskammer, und Helena Davidson Warvås, DB Schenker

Charlie Hahne, Polaris, im Gespräch mit Sara Stjärne, ERV.

Kerstin Fuchs, Svenska Handelsbanken

Lars G Josefsson, Bosch, Tobias Freienstein, Mercedes-Benz Schweden, Markus Bokelmann, E.ON Schweden, Ralph Tischer, DSHK

John Hede und Ulf Arnesjö, beide Schaeffler, und Dirk Kaestner, Hapag-Lloyd, im Gespräch mit Sophia Loader, DSHK.

Deutsche Bahn-Chef fordert mehr Investitionen in die Infrastruktur

30.04.2015

In Deutschland, Schweden und ganz Europa sind große Investitionen in die Infrastruktur vonnöten, um in Sachen Wettbewerbsfähigkeit nicht zurückzufallen. Dies forderte Dr. Rüdiger Grube, Vorsitzender des Vorstands der Deutschen Bahn AG, auf dem wirtschaftspolitischen Gesprächsforum der Deutsch-Schwedischen Handelskammer, Tyskland i dialog, gestern in Stockholm.

„Länder, die in eine moderne Infrastruktur investieren, stärken ihre Position im globalen Wettbewerb. Noch haben wir eine sehr gute Infrastruktur in Deutschland und Schweden, aber um dieses Niveau halten zu können, müssen wir in den nächsten Jahren kräftig investieren. Wenn wir das nicht tun, besteht das Risiko, dass wir zurückfallen“, erklärte Dr. Rüdiger Grube.

Der Chef des DB-Konzerns war zur Jahrestagung der Deutsch-Schwedischen Handelskammer nach Stockholm gekommen, um über zukünftige Herausforderungen und Möglichkeiten für die Transport- und Logistikbranche in Europa zu sprechen. Die Deutsche Bahn AG ist eines der weltgrößten Unternehmen in diesem Bereich, hat insgesamt etwa 310.000 Mitarbeiter und bietet Transportlösungen unter anderem mit Zügen, Bussen, Lkws, Pkws und sogar Fahrrädern an.

Kooperation auf Steinzeitniveau

In seiner Rede vor dem voll besetzten Auditorium im Technischen Museum Stockholm sprach sich Rüdiger Grube für mehr Liberalisierung und mehr Zusammenarbeit über die Nationsgrenzen aus.

„Es gibt immer noch sehr große Unterschiede zwischen den europäischen Ländern, was Voraussetzungen und Regeln angeht – besonders bei der Bahn. Ich bin jetzt seit sechs Jahren in der Eisenbahnbranche tätig. Als ich angefangen habe, bekam ich beinahe einen Schock, als mir klar wurde, dass sich die Kooperation zwischen den Ländern noch auf Steinzeitniveau bewegt. Alle Staaten und alle Bahnunternehmen haben ihre eigenen Standards und es besteht fast keine Zusammenarbeit untereinander. In der Branche sind wir noch sehr sehr weit von einem gemeinsamen Binnenmarkt entfernt.“

Rüdiger Grube forderte mit Nachdruck eine Öffnung der nationalen Transportmärkte in Europa. Schweden ist für ihn in dieser Hinsicht ein Vorreiter, da man bei der Liberalisierung des Bahnverkehrs bereits sehr weit vorangekommen ist – was unter anderem dadurch zum Ausdruck kommt, dass ausländische Unternehmen wie die Deutsche Bahn hier Ausschreibungen gewinnen und Verbindungen betreiben können.

Der Markt kann nicht alles lösen

Dass eine weitere Liberalisierung der richtige Weg sei, um das Verkehrssystem effektiver und wettbewerbsfähiger zu gestalten, stieß jedoch nicht überall auf Zustimmung. Bei der angeregten Podiumsdiskussion nach Grubes Vortrag sprachen sich sowohl Schwedens Infrastrukturministerin Anna Johansson als auch der amtierende Generaldirektor der schwedischen Verkehrsbehörde (Trafikverket) Torbjörn Suneson für eine stärkere Regulierung, vor allem des Bahnverkehrs, aus.

„Der Markt wird nicht alle Probleme lösen. Wir brauchen ein gewisses Maß an Regulierung, damit der Markt richtig funktioniert. Das Transportsystem muss überall da seinen Dienst tun, wo es gebraucht wird – nicht nur dort, wo die Nachfrage groß genug ist. In Schweden kann es sicher Konkurrenz auf der Strecke zwischen Stockholm und Göteborg geben, aber wer ist schon daran interessiert, den Verkehr auf dem Land zu übernehmen?“, gab Anna Johansson zu bedenken.

Die Ministerin und der Deutsche Bahn-Chef waren sich jedoch darin einig, dass die verstärkten Investitionen in Straßen, Schienen, Wasserwege und Flugplätze in Deutschland und Schweden sinnvoll sind und dass sowohl für Neubauten als auch für die bestehende Infrastruktur mehr Geld notwendig ist. Als Rüdiger Grube seine Vision einer Hochgeschwindigkeitsbahnstrecke zwischen Hamburg, Kopenhagen und Stockholm präsentierte, pflichtete ihm Anna Johansson bei, dass die Durchführung eines solchen Projekts „fantastisch“ wäre. Die aktuellen Prioritäten der Ministerin und ihrer Verkehrsbehörde liegen jedoch auf schnellen Verbindungen zwischen den schwedischen Ballungsräumen sowie bei der Wartung und Instandhaltung des bestehenden Bahnnetzes.

Digitalisierung entscheidend für Transportsektor

Neben Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur diskutierten die Podiumsgäste auch einen globalen Megatrend, der große Auswirkungen auf den Verkehrssektor hat: die Digitalisierung der Wirtschaft. Für die Deutsche Bahn ist der Übergang zu einem digitalisierten Betrieb eine priorisierte Frage, auf die der Konzernchef großen Wert legt.

„Ich wage zu behaupten, dass alle unsere Mitarbeiter wissen, dass dies ein wichtiges Thema ist und dass ich mich als Geschäftsführer persönlich darum kümmere. Unsere Vision ist es, eine treibende Kraft in Sachen Digitalisierung zu werden und nicht nur anderen zu folgen. Deshalb haben wir über 80 verschiedene Projekte gestartet, die uns neue Impulse geben sollen. Die Digitalisierung wird zu mehr Qualität und Effektivität im Mobilitätsbereich beitragen und wir gehen die Entwicklung mit einer optimistischen Grundeinstellung an“, sagte Rüdiger Grube.

Der DB-Konzern, der Transportsektor und die gesamte Gesellschaft stehen gerade erst am Anfang der digitalen Revolution. Eine große Zukunftsherausforderung wird darin bestehen, Daten von verschiedenen Verkehrsarten zusammenzuführen, um für den Reisenden oder die zu transportierenden Güter individuelle Lösungen von Tür zu Tür anbieten zu können.

Daten müssen harmonisiert werden

Olof Persson, Präsident der Deutsch-Schwedischen Handelskammer, erklärte: „Intelligente Transportsysteme (ITS) werden eine richtige Revolution herbeiführen. Indem man die vorhandenen Daten harmonisiert, wird man verschiedene Verkehrsarten verknüpfen und so ein ganzheitliches Bild für den jeweiligen Transport liefern können. An solchen Systemen wird bereits gearbeitet, aber noch werden in Apps und ähnlichem vor allem verschiedene ‚Mikro-ITS‘ erstellt. Diese haben bisher meist keinen größeren gesellschaftlichen Nutzen.“

„Die Digitalisierung ermöglicht es uns, Informationen über Fahrzeuge und Passagiere zusammenzuführen. Wir brauchen eine neue gemeinsame Plattform, eine Art Ökosystem, in dem Daten von den verschiedenen Akteuren im Transportsystem gesammelt und miteinander kombiniert werden können. Mithilfe eines solchen Systems könnte man beispielsweise genaue Prognosen dazu erstellen, wie lange eine bestimmte Fahrt dauern wird und welcher Verkehrsträger der geeignetste dafür wäre“, ergänzte Anna H Kramers, Leiterin Umweltstrategische Analysen an der Königlich Technischen Hochschule in Stockholm.

Intelligente Lösungen für ein intelligentes Transportsystem

Ein intelligentes Transportsystem könnte auch die Ticketbuchung für Reisen erleichtern, bei denen Ländergrenzen überschritten oder unterschiedliche Verkehrsarten genutzt werden. Außerdem würden vorhandene Ressourcen effektiver eingesetzt.

„Mit intelligenten neuen Lösungen wird man den in den Städten vorhandenen Raum auf bessere Art und Weise nutzen können. Selbstfahrende Autos werden beispielsweise weniger Platz benötigen. Fahrbahnen können schmaler werden, man kann enger aneinander parken und die Zahl der Autos kann ebenfalls sinken, wenn sie von mehreren Menschen gemeinsam genutzt werden. Wir bei der schwedischen Verkehrsbehörde versuchen diese Entwicklung zu unterstützen, wo wir nur können“, so Generaldirektor Torbjörn Suneson.

Der Bedarf jeglicher Art von Transporten wird auch künftig weiter zunehmen. Alle Diskussionsteilnehmer waren sich darin einig, dass mit Innovationen und Investitionen die Chance besteht, ein smarteres, effektiveres und nachhaltigeres Verkehrssystem für Menschen und Güter zu schaffen.