
Merck Schweden: Joachim Alexandersson (Leiter der Abteilung PA und Kommunikation), Lovisa Fridström (Leiterin der Abteilung Business Planning & Implementation, Commercial EMEA Life Science), Anders Wesslau (Geschäftsführer).


Preisgekröntes Büro in Schweden in Frösundavik, vor den Toren Stockholms.
Merck wächst in Schweden mit seiner innovativen Forschung
02.07.2024
Merck ist das älteste Pharma- und Life-Science-Unternehmen der Welt, dessen Wurzeln bis ins Jahr 1668 zurückreichen. Im Interview mit der Deutsch-Schwedischen Handelskammer spricht der Geschäftsführer des Unternehmens in Schweden über die Superkraft, die die Forschung antreibt und eine Voraussetzung für die Innovationskraft des Unternehmens ist.
Mit einem Jahresumsatz von rund 17 Milliarden Euro und 66.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in 67 Ländern ist Merck eines der 20 weltweit führenden Unternehmen in der pharmazeutischen Industrie.
Merck ist in drei Geschäftsbereiche gegliedert: „Healthcare“ mit den Schwerpunkten Arzneimittel und Biotechnologie, „Life Science“ mit dem Angebot, Produkte und Lösungen für Forschung und Industrie zu finden und „Electronics“, der Materialen und Technologien für die Elektronik der Zukunft entwickelt. Insbesondere ist Merck für seine Medikamente zur Behandlung von Krebs, Multiple Sklerose und Unfruchtbarkeit bekannt.
Heute ist Merck ein börsennotiertes Unternehmen, das sich mehrheitlich im Besitz der Familie befindet. In Schweden ist Merck seit 1969 etabliert und beschäftigt über 80 Mitarbeitende in seinen drei Geschäftsbereichen. Aber Merck exportiert schon länger nach Schweden. Der erste dokumentierte Verkauf von Merck-Produkten nach Schweden fand bereits im Jahr 1855 statt.
Neugierde hat das Unternehmen weit gebracht
„Neugierde ist unser Antrieb. Sie hat uns seit unserer Gründung vor über 350 Jahren begleitet.“
Anders Wesslau, Geschäftsführer der Merck-Gruppe in Schweden, beschreibt Neugierde als die treibende Kraft des Unternehmens: „Wir sind stolz auf unsere lange Tradition in der Forschung und Entwicklung, die für Menschen und Patienten einen Unterschied macht. Unsere Vision ist, das Leben der Menschen zu verbessern und zu verlängern. Unser Antrieb ist die Neugier – unser Hashtag lautet alwayscurious. Sie hat uns seit unserer Gründung vor über 350 Jahren begleitet. Eine sich ständig verändernde Welt spornt uns an, zu forschen, zu Innovationen beizutragen und mit anderen zusammenzuarbeiten, um die Technologien und Behandlungen von morgen zu entwickeln.“
Laut Anders Wesslau spiegelt sich der Familienbesitz in der Kultur des Unternehmens wider: „Es besteht der Wunsch, anderen zum Erfolg zu verhelfen. Wir sind nicht in Quartalsprozessen gefangen, sondern wollen sowohl Produkte als auch Mitarbeitende weiterentwickeln. Wir glauben fest daran, wissenschaftliche Exzellenz mit Unternehmergeist und Nachhaltigkeit zu kombinieren.“
Merck wächst in Schweden
Das Unternehmen ist bestrebt, in Schweden weiterzuwachsen und zur Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit des Landes beizutragen. Durch strategische Partnerschaften mit schwedischen Universitäten, Instituten und dem Gesundheitswesen fördert Merck die Forschung und Entwicklung in den Bereichen Arzneimittel und Biotechnologie.
„Skandinavien ist führend im Bereich Life Science. Hier ist man mutig und erprobt gerne neue Technologien und Methoden.“
„Skandinavien ist führend im Bereich Life Science. Hier ist man mutig und erprobt gerne neue Technologien und Methoden. Nicht zuletzt in den Regionen Göteborg und Stockholm gibt es eine Vielzahl von Innovationen und patientenorientierter Forschung. Das bedeutet, dass ein hohes Maß an Wissen und gute Fachkenntnisse vorhanden sind“, meint Anders Wesslau.
Die Flexibilität der schwedischen Forschung und die vorteilhafte Kultur für innovationsorientierte Unternehmen hebt Wesslau ebenfalls hervor: „In Schweden ist es nicht so kompliziert wie in anderen Ländern. Die Labore können sich bei Bedarf schnell anpassen und es gibt Zugang zu hervorragender Technologie. Wir schätzen auch die enge Zusammenarbeit zwischen der Forschung, den Universitäten und uns als Unternehmen, wenn wir beispielsweise an verschiedenen Projekten am Karolinska Institut in Stockholm arbeiten.“
„KI hilft uns, Krankheiten zu verstehen“
Merck nimmt sich die Themen Klima und Nachhaltigkeit zu Herzen. Das Unternehmen verfügt über eine umfassende Nachhaltigkeitsstrategie und hat sich anspruchsvolle Ziele gesetzt, um zu einer nachhaltigen Zukunft beizutragen. Bis 2030 strebt Merck an, Nachhaltigkeit in allen Wertschöpfungsketten zu integrieren, bis 2040 Klimaneutralität zu erreichen sowie den Ressourcenverbrauch zu reduzieren. Diese Arbeit hat zu mehreren Top-Rankings für nachhaltige Unternehmen geführt.
Anders Wesslau meint, dass das Unternehmen eine „Leuchturmperspektive“ besitzt, die danach strebt, in der Branche führend zu sein, Standards zu setzen und ein Vorbild für andere zu sein, indem der Fokus auf Innovationen sowie fortschrittliche und zukunftsorientierten Strategien gelegt wird. Vor allem im Beriech Künstlicher Intelligenz (KI) hat Merck eine herausragende Stellung. So wird KI beispielsweise eingesetzt, um Prozesse zu optimieren und Lösungen zu finden.
„KI kommt in vielen Bereichen zum Einsatz, unter anderem beim Verstehen von Krankheiten.“
„KI kommt in vielen Bereichen zum Einsatz, unter anderem beim Verstehen von Krankheiten, bei der so genannten Target-ID, bei der Entwicklung künftiger Medikamente – neue Moleküle und Antikörper – und bei der Suche nach geeigneten Patientinnen und Patienten für die Durchführung von klinischen Studien“, erläutert Wesslau.
Die Vorschriften müssen vereinfacht werden
Allerdings muss vieles verbessert werden, damit forschende Pharmaunternehmen ihre Wettbewerbsfähigkeit gegenüber anderen Teilen der Welt, vor allem den USA und China, steigern können. Anders Wesslau verweist auf die neue EU-Arzneimittelgesetzgebung, die nach dem Willen der Pharmaindustrie einen längeren Patentschutz vorsieht als derzeit vorgeschlagen. Außerdem müssen die klinischen Studien in Schweden besser strukturiert und koordiniert werden, damit Schweden keine Chancen verpasst und ins Hintertreffen gerät. Schweden hat traditionell eine herausragende Rolle gespielt, und es ist wichtig, die Wettbewerbsfähigkeit nicht zu gefährden.
Anders Wesslau bemerkt: „Unsere schwedischen Betriebe werden von Betrieben in anderen Ländern überholt, weil wir nicht schnell genug sind, klinische Studien durchzuführen“. Die Endscheidungsgewalt im schwedischen Gesundheitswesen liegt bei den Regionen selbst, und hier müsse Schweden seine Life-Science-Strategie überdenken, meint er. Allgemein sollten Vorschriften vereinfacht werden, um die Trägheit bei Investitionsentscheidungen zu verringern.
In diesem Jahr hat Merck den Vorsitz der Arbeitsgruppe für Life Science der Handelskammer. Welche Themen sind für die Gruppe wichtig?
„Das wichtigste Thema, das es zu verfolgen gilt, ist Schwedens Engagement für Forschung und Entwicklung in Bezug auf die neue Arzneimittel- und Chemikaliengesetzgebung in der EU.“
„Das wichtigste Thema, das es zu verfolgen gilt, ist Schwedens Engagement für Forschung und Entwicklung in Bezug auf die neue Arzneimittel- und Chemikaliengesetzgebung in der EU. Schweden muss seine Konkurrenzfähigkeit innerhalb der EU gegenüber anderen Kontinenten, die wie beispielsweise die USA und China gerne günstige Anreize für Etablierungen bieten, verteidigen.“
Viele Ihrer Beschäftigten arbeiten in der medizinischen und akademischen Forschung in der Hightech- und Biotech-Branche. Können Sie uns etwas Neues erzählen, an dem Merck gerade arbeitet?
„Merck hat mehrere Medikamente und Behandlungen in der Entwicklung, die sich in verschiedenen Stadien der klinischen Prüfung befinden. Diese Prüfprogramme betreffen hauptsächlich therapeutische Bereiche wie Onkologie und Immunologie.
Eines der neusten Arzneimittelprojekte von Merck in der Onkologie ist ein oral zu verabreichender Wirkstoffkandidat, der Enzyme hemmt, die an der DNA-Reparatur und der Kontrolle des Zellzyklus beteiligt sind. Das Medikament hat in präklinischen Studien vielversprechende Ergebnisse gezeigt und ist kürzlich in Phase I der Erprobung bei Patienten mit soliden Tumoren eingetreten.
Krebs ist einer Ihrer Kompetenzbereiche, und Sie haben vor kurzem eine langfristige Zusammenarbeit mit Caris Life Science angekündigt, mit dem Ziel, sogenannte ADC-Behandlungen für Tumore zu entwickeln. Können Sie die Hoffnungen beschreiben, die mit dieser Technologie verbunden sind?
„ADC steht für Antibody Drug Conjugates und bedeutet, dass ein Antikörper mit einer Wirkstoffsubstanz (Payload) verbunden ist. Antikörper haben die Fähigkeit, sehr spezifische Payloads beispielsweise an Krebstumore abzugeben. Dabei kann es sich um zytotoxische Substanzen oder andere Stoffe handeln, die Krebszellen schädigen oder abtöten. Heute laufen mehrere hundert klinische Studien mit dem ADC-Konzept. Dabei stellt Merck die Technologie zur Verfügung, die den Antikörper mit seiner Payload 'verklebt'."
Das Unternehmen ist international unter dem Namen Merck bekannt. In den USA und Kanada ist Merck im Biopharmageschäft als EMD Serono, im Life-Science-Geschäft als MilliporeSigma und als EMD Performance Materials tätig.
Faktenbox
Die schwedische Pharmaindustrie in Zahlen:
Der Gesamtwert der schwedischen Arzneimittelexporte beträgt 153 Milliarden schwedische Kronen (ca. 13,5 Milliaren Euro).
Arzneimittel sind Schwedens zweitgrößter Exportartikel.
Der Export ist in den letzten 10 Jahren um 188 Prozent gestiegen.
Die Pharmaindustrie trägt 76,5 Milliarden SEK zum schwedischen BIP bei.
10 Milliarden SEK werden in die Forschung investiert.
In der Branche sind 15.000 Personen tätig, davon 3.000 in der Forschung. Sie hat die höchste Dichte an Forscher*innen von allen Industrien.
9,7 Prozent aller derzeitigen Gesundheitsausgaben werden für Arzneimittel ausgegeben.
Die Kosten für Arzneimittel belaufen sich auf 1 Prozent des BIP.
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