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DB Schenker: Die Umstellung wird durch die allgegenwärtigen Krisen beschleunigt

Auf der schwedischen Insel Gotland elektrifiziert DB Schenker seine gesamte Fahrzeugflotte. Das Unternehmen versteht sich in Sachen Nachhaltigkeit als Pionier in der Transportbranche. So ersetzt DB Schenker in der Region alle ansässigen Fahrzeuge durch vollelektrische und hybride Alternativen und etabliert dort eine fossilfreie und nahezu emissionsfreie Distribution.

Im Interview mit der Deutsch-Schwedischen Handelskammer erklärt Magnus Strand, CEO von DB Schenker Schweden, wie der Übergang zu einem nachhaltigen Logistiksektor durch die allgegenwärtigen Krisen beschleunigt wird.

Deutsch-Schwedische Handelskammer: Was hat die Branche in den letzten zwei Jahren besonders ausgezeichnet?

Magnus Strand: Die Pandemie hatte enorme Auswirkungen auf den Verkehrssektor. Alle Transportwege waren betroffen, zunächst vor allem der Landverkehr, denn durch die vielen Lockdowns, die zu weitreichenden Einschränkungen der betrieblichen Aktivitäten führten, kam Europa schlichtweg zum Erliegen. In den ersten Jahren der Pandemie waren auch die Auswirkungen auf den Luftverkehr enorm: Passagierflüge fielen praktisch aus und mit ihnen 80 bis 90 Prozent der Luftfrachtkapazität. Die Lockdowns in China hatten dramatische Auswirkungen auf den Welthandel: Die Produktion konnte das Land nicht verlassen, die Schiffe fuhren leer. Diese Unterbrechung dauert bis heute an. Wir erleben einen Schifffahrtsmarkt, der durch weltweite Kapazitätsengpässe mit mehr Turbulenzen als je zuvor gekennzeichnet ist.

Dennoch hat DB Schenker diese große Krise sehr gut gemeistert. Hier spielen mehrere Faktoren eine Rolle: Wir haben Stabilität und eine lange Geschichte. Unsere Infrastruktur ist gut ausgebaut. Wir haben die Kapazitäten und die kritische Masse, um schwierige Situationen zu meistern und unseren Kunden jederzeit zu helfen. Was die Ergebnisse betrifft, stimmen die Zahlen uns zuversichtlich. Gleichzeitig möchte ich darauf hinweisen, dass viele Herausforderungen auf uns zukommen. Wir müssen eben wachsam sein.

DB Schenker ist in der Ukraine tätig. Wie ist die Situation dort? Laufen die Transporte? Und wie ist Schweden von der Situation betroffen?

Der anhaltende Krieg Russlands gegen die Ukraine hat den Konzern direkt und indirekt betroffen. Wir haben beschlossen, den Betrieb in Russland einzustellen, während die Transporte in die Ukraine nach einer anfänglichen Schließung zum Schutz unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wieder aufgenommen wurden. Gleichzeitig dürfen wir nicht vergessen, dass sich dieses Land im Krieg befindet, mit allen Schwierigkeiten, die sich daraus ergeben.

Im Allgemeinen ist Schweden nicht annähernd so stark vom russischen Gas abhängig, wie z.B. Deutschland und daher im Energiebereich nicht so stark betroffen. Die indirekte Auswirkung ist jedoch klar: Die Gasknappheit in Europa führt zu einem Anstieg der Energiepreise, der sich wiederum auf den schwedischen Strommarkt niederschlägt.

Darüber hinaus sind wir als Unternehmen betroffen, wenn der Weltmarkt ins Wanken gerät. Die Energiekrise und die steigenden Treibstoffpreise wirken sich direkt auf die Spediteure aus. Parallel dazu gibt es mit Corona und einer Inflation, die in die Höhe schießt, viele Herausforderungen. DB Schenker ist stark und stabil, leidet aber natürlich massiv unter der sinkenden Kaufkraft und dem damit verbundenen Nachfragerückgang: Der E-Handel ist rückläufig. Viele kehren zum Kaufverhalten vor der Pandemie zurück und die Konjunktur verlangsamt sich. Wir, und mit wir meine ich die Gesellschaft als Ganzes, haben unbestreitbar schwere Zeiten vor uns.

DB Schenker hat sich zum Ziel gesetzt bis 2040 frei von fossilen Brennstoffen zu sein. Wie sehen Sie die Verantwortung von DB Schenker als eines der weltweit führenden Transportunternehmen?

„Dem Beispiel Gotlands, ein Platz, der genau die richtige Größe für das Angebot hat und sowohl städtische als auch ländliche Gebiete umfasst, werden in Zukunft viele weitere folgen.“

Ich denke, wir haben auf jeden Fall die Verantwortung mit gutem Beispiel voranzugehen. Wir sind führend bei Landtransporten in Schweden und unsere Kunden erwarten, dass unsere Nachhaltigkeitsarbeit an vorderster Front steht. Derzeit erleben wir einen beschleunigten ökologischen Wandel als Folge der Krisen in unserer Welt. Unsere Ambitionen werden durch die steigenden Kraftstoffpreise und die daraus resultierenden höheren Transportkosten nicht beeinträchtigt. Wir wollen an der Spitze stehen, wie unsere Investition auf der Insel Gotland zeigt, wo wir eine Elektrofahrzeugflotte mit insgesamt drei Elektro-Paketautos, vier Elektro-Lkws und zwei Hybrid-Lkws angeschafft haben. Ich sehe darin eine klare Fortsetzung des Weges zu einem fossil- und emissionsfreien Verkehrssystem. Dem Beispiel Gotlands, ein Platz, der genau die richtige Größe für das Angebot hat und sowohl städtische als auch ländliche Gebiete umfasst, werden in Zukunft viele weitere folgen.

Was bedeutet es, Teil eines so großen deutschen Konzerns zu sein?

Teil von DB Schenker zu sein ist eine enorme Stärke. Das Unternehmen ist eine der größten Transport- und Speditionsgruppen der Welt. Für uns in Schweden ist es eine zusätzliche Stärke, da Deutschland Schwedens größter Handelspartner ist. Wir haben eine fantastische Geschäftsbeziehung und ich wage zu behaupten, dass wir den besten Service in Schweden haben, wenn es um Deutschland geht. Auf der anderen Seite bringen große Konzerne immer ihre Herausforderungen mit sich, aber im Großen und Ganzen überwiegen die Vorteile bei weitem.

Dieses Jahr feiert DB Schenker sein 150-jähriges Bestehen. Was sagt Ihnen ein Blick in die Kristallkugel? Wo werden das Unternehmen und die Branche in 50 Jahren stehen, wenn Sie 200 Jahre feiern?

DB Schenker hat zwei Weltkriege miterlebt und nun haben wir wieder einen Krieg in Europa, den viele für ausgeschlossen hielten. Damit meine ich, dass es schwierig ist, 50 Jahre in die Zukunft zu schauen, in eine Zeit, über die wir sehr wenig wissen. Ich bin jedoch überzeugt, dass wir im Laufe der nächsten Jahre große Veränderungen erleben werden, mit neuen Verkehrsmustern und neuen Fertigungstechnologien. Man braucht nur zurückzublicken, um zu sehen, wie viel bis zu unserer heutigen Zeit passiert ist. Vor 50 Jahren wurden zum Beispiel fast alle unsere Kleidungsstücke in Schweden hergestellt. Heute sehen wir, dass die Produktion fast ausschließlich in Niedriglohnländern stattfindet. Gleichzeitig beginnen die Unternehmen die Produktion nach Hause zu verlagern.

„Ein Beispiel dafür ist die neue robotergestützte Fabrik von Adidas in Deutschland.“

Ein Beispiel dafür ist die neue robotergestützte Fabrik von Adidas in Deutschland. Nachhaltigkeitsfragen werden den Weg weisen. Wir brauchen Elektrifizierung. Wir brauchen eine Produktion, die frei von fossilen Brennstoffen und Emissionen ist. Zum 200. Geburtstag wird DB Schenker weiterhin ein starkes und wettbewerbsfähiges Unternehmen sein. Größer und stärker denn je in einer Branche, die von neuen globalen Transportmustern gekennzeichnet ist. 

Am 11. September gehen die Schweden zur Wahl. Was erwarten Sie von der neuen schwedischen Regierung?

Wir wollen klare und langfristige Regelungen in einer Reihe von Bereichen wie Nachhaltigkeit, Steuern und Elektrifizierung. Im Moment herrscht große Unsicherheit darüber, wie die Infrastruktur aussehen wird, was zum Teil mit der Energiekrise, die wir gerade erleben, zusammenhängt. Ich wünsche mir konkrete Antworten auf wichtige strategische Fragen. Wir sind bereit für Veränderungen, aber wenn es um Investitionen geht, die mindestens zehn Jahre lang tragfähig sein müssen – kein Unternehmen will auf technologische Sackgassen setzen – möchte ich klare Handlungspläne sehen, die die Logistik der Zukunft der Umwelt zuliebe fördern. Die Politik muss in einer Reihe von Bereichen mehr tun, um sicherzustellen, dass die technologischen Lösungen, in die die Unternehmen investieren – ob es sich nun um Batterien oder Wasserstoff handelt – auch wettbewerbsfähig sind.

Schließlich hoffe ich, dass die nächste Regierung ernsthaft versteht, wie wichtig eine sichere Gesellschaft für uns alle ist. Große und kleine Unternehmen sind von der gegenwärtigen Unsicherheit stark betroffen.

DB Schenker ist seit der Gründung der Deutsch-Schwedischen Handelskammer im Jahr 1951 Mitglied der Kammer und gehört zu ihren Premiumpartnern. Das Angebot des Unternehmens reicht von Landtransporten, internationaler See- und Luftfracht über Beratungsdienste bis hin zu Lager- und Logistiklösungen. In Schweden beschäftigt das Unternehmen rund 4.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und ist an etwa 50 Standorten vertreten. Im Hauptsitz von DB Schenker in Göteborg befindet sich auch das Büro der Deutsch-Schwedischen Handelskammer für Westschweden.