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Zahlreiche Neuregelungen im schwedischen Arbeitsrecht
16.12.2016
2016 gab es einige wichtige Gesetzesänderungen auf dem Gebiet des Arbeitsrechts in Schweden. Der Fokus des Gesetzgebers lag darauf, die Zunahme der Krankschreibungen einzudämmen. Im neuen Jahr erwarten uns weitere Änderungen, die dem Arbeitgeber große Verantwortung auferlegen. Diese betreffen vor allem die Förderung der Gleichstellung zwischen Mann und Frau auf dem Arbeitsmarkt, die Arbeit gegen Diskriminierung sowie den erweiterten Schutz für sogenannte Whistleblower.
Präzisierte Verantwortung für Arbeitsumwelt
Neue Vorschriften des schwedischen Zentralamts für Arbeitsumwelt (Arbetsmiljöverket) traten am 31. März 2016 in Kraft. Diese präzisieren die Verantwortung des Arbeitgebers für die organisatorische und soziale Arbeitsumwelt am Arbeitsplatz. Ziel ist, ungesunde Arbeitsbelastungen und kränkende Ungleichbehandlung härter anzugehen. Bei Arbeitgebern mit mehr als zehn Arbeitnehmern gilt, dass die internen Ziele für die organisatorische und soziale Arbeitsumwelt schriftlich festzulegen sind und die Kompetenz der Vorgesetzten, mit diesen Themen tatkräftig umzugehen, sicherzustellen ist.
Als Aufsichtsbehörde führt das Zentralamt Kontrollen an Arbeitsplätzen durch und kann gegen Verstöße vorgehen. Bei Nichteinhaltung kann die Behörde den Arbeitgeber auffordern, Maßnahmen zu ergreifen oder diesem sogar verbieten, den Betrieb fortzuführen bis Maßnahmen ergriffen wurden. Verstöße können darüber hinaus mit hohen Zwangsgeldern geahndet werden. Bei Verstößen, die zum Tod, Körperverletzung oder Krankheit eines Arbeitnehmers führen, können dem Arbeitgeber Geldbußen in Höhe von bis zu 10 Millionen Kronen oder sogar Gefängnis drohen.
Verschärfung des Kündigungsschutzgesetzes
Um dem Missbrauch von befristeten Anstellungen vorzubeugen, trat am 1. Mai 2016 eine Änderung des schwedischen Kündigungsschutzgesetzes (lag (1982:80) om anställningsskydd) in Kraft. Die Fälle, in denen befristete Anstellungen in unbefristete übergehen, sind nun für die sogenannte „allgemeine Befristung“ (allmän visstidsanställning) erweitert. Zu beachten ist, dass diese Gesetzesänderung auch für befristete Anstellungen, die vor dem 1. Mai 2016 eingegangen wurden, gelten kann.
Maßnahmen gegen geschlechtsspezifische Gehaltsunterschiede
Unsachliche Gehaltsunterschiede zu identifizieren und zu korrigieren ist ein wichtiger Teil einer erfolgreichen Gleichstellungsarbeit, die Grundpfeiler des schwedischen Arbeitsmarktmodells ist. Bis dato galt, dass ein Arbeitgeber mit mindestens 25 Arbeitnehmern alle drei Jahre eine Gehaltsstrukturanalyse (lönekartläggning) durchführen muss, um Gehaltsunterschiede zwischen Männern und Frauen, die die gleiche oder ähnliche Arbeit leisten, aufzudecken und zu mindern. Am 1. Januar 2017 tritt eine Gesetzesänderung im schwedischen Antidiskriminierungsgesetz (diskrimineringslag (2008:567)) in Kraft, nach welcher Arbeitgeber mit mindestens zehn Arbeitnehmern jährlich eine Gehaltsstrukturanalyse erstellen und bewerten sowie einen Handlungsplan aufstellen müssen. Auch Arbeitgeber mit weniger als zehn Arbeitnehmern sollen gegen Diskriminierung und auf Gleichstellung hinarbeiten, müssen dies aber nicht schriftlich dokumentieren.
Systematische Arbeit gegen Diskriminierung
Als vorbeugende Arbeit gegen Diskriminierung und zur Förderung gleicher Rechte und Möglichkeiten ungeachtet des Geschlechts, von geschlechtsüberschreitender Identität, ethnischer Zugehörigkeit, Religion oder Weltanschauung, Behinderung, sexueller Identität sowie Alter schreibt das schwedische Antidiskriminierungsgesetz positive Maßnahmen vor. Arbeitgeber mit mindestens 25 Arbeitnehmern müssen ihre Arbeit hinsichtlich aller dieser Diskriminierungsgründe schriftlich dokumentieren.
Die systematische Arbeit mit positiven Maßnahmen soll als ein stetiger und fortwährender Prozess durch Analysen, Maßnahmen und Nachverfolgung durch den Arbeitgeber erfolgen. Sie betrifft die Bereiche Arbeitsverhältnis, Arbeitsumwelt, Gehalt und sonstige Anstellungsbedingungen, Rekrutierung, Beförderung, Ausbildung und sonstige Kompetenzentwicklung sowie Möglichkeiten, die Arbeit mit Elternschaft zu vereinen. Auch die Geschlechtsverteilung auf Leitungsebene wird umfasst.
Verstöße gegen diese Vorschriften oder jene bezüglich der Gehaltsstrukturanalysen können über den schwedischen Ombudsmann für Gleichstellung (Diskrimineringsombudsmannen) an den Beirat gegen Diskriminierung (Nämnden mot diskriminering) gemeldet werden. Dieser kann Zwangsgelder verhängen, bis die gemeldeten Mängel behoben sind.
Whistleblower ab Januar gesetzlich geschützt
Ab dem 1. Januar 2017 sind Arbeitnehmer, die gravierende Missverhältnisse am Arbeitsplatz aufdecken, durch das neue Whistleblowergesetz (lag (2016:749) om särskilt skydd mot repressalier för arbetstagare som slår larm om allvarliga missförhållanden) vor Repressalien geschützt. Unter Missverhältnissen versteht man Gesetzesverstöße, die mit Gefängnisstrafen sanktioniert sind, oder damit vergleichbare Missverhältnisse wie zum Beispiel Kränkungen von Grundrechten und Grundfreiheiten, Korruption, Umweltschäden usw. Als Repressalien werden Maßnahmen des Arbeitgebers, die für den Arbeitnehmer zu negativen Konsequenzen führen können, angesehen. Verstöße gegen das Gesetz können mit Schadensersatzansprüchen geahndet werden.
Was bedeuten diese Neuregelungen für Sie als Arbeitgeber konkret? Welche Verantwortung tragen Sie und welche Maßnahmen müssen Sie in Ihrem Unternehmen durchführen? Unsere Rechtsabteilung hilft Ihnen weiter.
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