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Wohnungsbau belebt sich in Schweden
04.11.2015
In Schweden werden immer mehr neue Wohnhäuser gebaut. Eine derart starke Bauaktivität hat es zuletzt vor circa 20 Jahren gegeben. Die Nachfrage nach Wohnraum ist mittlerweile jedoch so intensiv geworden, dass die Belebung des Wohnungsbaus bei Weitem nicht ausreicht.
Nach einer Prognose des schwedischen Zentralamts für Wohnungs-, Bauwesen und Raumplanung (Boverket) werden in Schweden in diesem Jahr 47.500 neue Wohnungen gebaut. Für 2016 seien über 50.000 geplant. Vor allem in den Großstädten Stockholm und Göteborg werde der Wohnungsbau deutlich anziehen.
Doch reicht die Belebung keineswegs aus, um den steigenden Bedarf zu decken. Allein in der Hauptstadt-Provinz Stockholms län soll die Einwohnerzahl bis 2023 im Schnitt um mehr als 37.500 pro Jahr anwachsen – eine Schätzung, die noch aus der Zeit vor der aktuellen Flüchtlingskrise stammt. Um dem Bevölkerungswachstum Rechnung zu tragen, müssten in den nächsten fünf Jahren daher um die 70.000 Wohnungen jährlich gebaut werden, meinen einige Fachleute.
Lange Wartezeiten in Stockholm
Die Wohnungsnot ist vor allem in Stockholm enorm. Rund eine halbe Million Menschen stehen in der Hauptstadt auf einer Warteliste für eine mietpreisgebundene Wohnung, und die Wartezeiten betragen teilweise über 20 Jahre.
Ein florierender Wohnungsschwarzmarkt hat sich deshalb entwickeln können. Verzweifelte Interessenten würden laut Insidern bis zu 100.000 Schwedische Kronen (rund 10.500 Euro) Bestechungsgeld zahlen, um einen Vertrag direkt abschließen zu können.
Ein Buy-to-let-Segment (zur Miete überlassene Wohnimmobilien) existiert in Schweden quasi nicht. Die Möglichkeit, Wohnungen zu erwerben und sie dann zu vermieten, wird vom Gesetzgeber stark eingeengt. Gemietete Wohnungen können dagegen in Abstimmung mit dem Eigentümer für eine bestimmte Zeit untervermietet werden.
Preise schießen in die Höhe
Eine der Folgen der Wohnungsknappheit sind gewaltige Immobilienpreissteigerungen. Nicht nur Stockholm ist hiervon betroffen. Große Probleme gibt es auch in den populären Studentenstädten Uppsala, Lund und Luleå. Laut Boverket herrscht inzwischen in zwei Dritteln aller Gemeinden des Königreichs Wohnungsknappheit. Auch Einfamilienhäuser werden immer teurer.
Eine Untersuchung im Auftrag des Bauverbands Sveriges Byggindustrier kommt zu dem Ergebnis, dass der Wohnungsbau in Schweden beinahe vollständig von finanziellen Faktoren abhängt, insbesondere davon, dass private Haushalte Eigenkapital für Wohnungsbauinvestitionen aufbauen können. Die von der Regierung zunächst geplante, inzwischen aber wieder verworfene, Kreditrückzahlungsbestimmung hätte die Möglichkeiten dafür beschnitten. Und weder kommunale noch private Wohnungsbaugesellschaften hätten das nötige Kapital, um einen Rückgang im Eigentumswohnungs- durch einen vermehrten Mietwohnungsbau zu kompensieren.
Hürden für einen Bauboom sind auch Faktoren wie zähe Beschlussprozesse in den Kommunen und bei Behörden, kurzsichtige Rentabilitätsanforderungen bei den Bauunternehmen, die große Menge an Widerspruchsklagen sowie zu geringe Anreize, für ressourcenschwache Gruppen zu bauen.
Negative Auswirkungen für die Wirtschaft befürchtet
Sollten die Städte und Gemeinden das Wohnungsproblem nicht in den Griff bekommen, könnte das langfristig auch negative Folgen für die Wirtschaft haben. Viele Unternehmen möchten ihren Mitarbeitern bezahlbaren Wohnraum anbieten können. Den Großraum Stockholm zu verlassen, könnte dann eine Alternative sein.
Die schwedische Regierung will Kommunen, die mehr Geld für den Wohnungsbau ausgeben, 2016 mit 1,85 Milliarden Kronen (ca. 197 Millionen Euro) unterstützen. Darüber hinaus könnte es staatliche Investitionszuschüsse für den Bau umweltfreundlicher Mietwohnungen geben, wofür insgesamt 1,9 Milliarden (ca. 202 Millionen Euro) reserviert werden sollen. Außerdem will die Regierung die energetische Sanierung von Mehrfamilienhäusern mit 1 Milliarde (etwa 106,5 Millionen Euro) und den zügigen Bau von Studentenwohnungen mit 300 Millionen Kronen (knapp 32 Millionen Euro) fördern.
Den ausführlichen Artikel zum Thema finden Sie bei Germany Trade & Invest.