En läkare sitter framför en tv-skärm och håller upp en hand. På tv:n syns en annan kvinna som också håller upp handen i rehabiliteringssyfte.

Reha-Termine beim Arzt können in Schweden schon teilweise per Video abgehalten werden.

Foto: Jan Lindmark/Västerbottens läns landsting

Vorreiterland Schweden: So geht Telemedizin

09.11.2016

Während Deutschland in der Digitalisierung des Gesundheitswesens bislang vor allem großes Potenzial sieht, macht Schweden schon eine Weile vor, wie es funktionieren könnte. Bis Ende 2017 soll es die landesweite elektronische Patientenakte geben. Darüber hinaus können erste Virtual Care Rooms in dünn besiedelten Gebieten den Gang zum Arzt ersetzen.

Schweden ist Vorreiter in Sachen Digital Health. Etwa 95 Prozent aller Rezepte werden elektronisch direkt an die Apotheken weitergeleitet oder sind diesen über eine zentrale Datenbank zugänglich. Im Herbst 2015 hat die Regierung der Provinz Stockholm außerdem rund 100 Ambulanzwagen mit neuen IT-Systemen ausgestattet, mit denen Rettungsteams Vitaldaten von Patienten von unterwegs versenden und Notaufnahmen somit frühzeitig vorbereitet werden können.

Ein wichtiges Element in der E-Health-Strategie Schwedens ist die umfassende Einführung einer nationalen Patientenakte. Hierbei werden die Daten aus den Quellsystemen mittels eines Patientenmanagementsystems virtuell zusammengeführt und können – online und passwortgeschützt– nicht nur von Ärzten, sondern auch von Pflegern und Apothekern abgerufen werden.

Datenschutz im Fokus

Der Datenbankservice soll bis spätestens Jahresende 2017 das ganze Land abdecken. Ein Problem ist allerdings der Datenschutz. Trotz des 2008 in Kraft getretenen Gesetzes zum Schutz von Patientendaten seien Informationen mancherorts nur unzureichend geschützt, verlautet es aus Fachkreisen. Patienten mit Personenschutz sind davon besonders betroffen, also Personen, die unter einer realen Bedrohung leben. Für sie darf daher keine elektronische Krankenakte geführt werden.

Die Provinzen Stockholm und Västra Götaland wollen in den nächsten vier bis fünf Jahren jeweils knapp 240 Millionen Euro in ein neues Pflegeinformationssystem investieren. Es soll die Kommunikation zwischen Anbietern im Gesundheitswesen, vor allem zwischen den Kommunen, verbessern.

Den Markt für medizinische Softwaresysteme teilen sich in Schweden fünf Anbieter weitgehend untereinander auf: die US-amerikanische Cerner, die deutsche CompuGroup Medical, die norwegische EVRY sowie die schwedische Cambio Healthcare Systems und die Bezirksverwaltung Norrbotten. Auf andere entfallen nur rund drei Prozent des Marktes. Knapp ein Drittel der Anwender nutzt deutsche Software, vor allem das Informationssystem TakeCare der CompuGroup Medical (knapp 23 Prozent), mit dem sich Patientendaten sektorenübergreifend verwalten lassen.

Virtuelle Arztbesuche keine Zukunftsvision

Ein noch relativ neuer Trend im vernetzten Gesundheitswesen sind Virtual Care Rooms. Hinter dem Aufbau solcher Behandlungsräume in dünn besiedelten Landstrichen, in denen kein Arzt physisch zugegen ist, steht vor allem das Unternehmen Nordic Health Innovation.

In so einem Raum, der sich zum Beispiel in einem Schulgebäude befindet, gibt es eine Liege, eine Tasche mit Nadeln und die Ausrüstung für eine Vernetzung mit dem Krankenhaus. Benötigt der Patient etwa Blutverdünner, gelangt er mit seiner ID-Karte, vergleichbar mit dem Personalausweis, an die erforderlichen Utensilien. Die Blutwerte werden an die Datenbank eines Gesundheitszentrums geschickt. Drei Virtual Care Rooms existieren bereits. Acht weitere sind in Mittel- und Nordschweden geplant.

Behandlung via Videolink

Auch in Großstädten ist die Fernpflege auf dem Vormarsch. So behandelt die Karolinska-Universitätsklinik in Stockholm einige Patienten via Videolink für Ipad und Iphone. „Ein Patient mit Herzinsuffizienz kann verreisen und sich dennoch mit uns ‚treffen‘“, sagt der Arzt Michael Melin.

In vielen Provinzen wird auch für den Videobesuch eine Patientengebühr fällig. Der Behandelnde entscheidet, für welche Besuche der Patient zahlen muss – langfristig wird diese Gebühr genauso hoch sein wie die normale Arztgebühr.

Ferner stehen Medical-Apps, die der medizinischen Diagnose oder Therapie von Patienten dienen, hoch im Kurs. Sie befinden sich zwar noch in der Entwicklungsphase, erste Analysen deuten aber auf eine hohe Zufriedenheit in den Testgruppen hin.

 

Den ausführlichen Überblick zum Thema Telemedizin in Schweden finden Sie bei Germany Trade & Invest.