Tysk-Svenska Handelskammarens ordförande Jan Brockmann

Präsident im Gespräch: So wird sich die Handelskammer entwickeln

09.11.2023

Im Mai hat Jan Brockmann das Amt des Präsidenten der Deutsch-Schwedischen Handelskammer übernommen. In einem aktuellen Interview gibt er die Richtung der Kammer vor, betont die langfristigen Auswirkungen der Energiepolitik und erklärt, wie die Jahre in Schweden seine Führungsqualitäten bereichert haben.

Nach der Herbstsitzung des Vorstands in München hat die Redaktion ein Interview mit dem neuen Präsidenten der Handelskammer, Jan Brockmann, geführt, der das Amt im Mai übernommen hatte. Für viele Mitgliedsunternehmen ist er bereits ein bekanntes Gesicht. Seit 2015 ist er aktives Mitglied des Kammervorstands, zuerst in seiner Rolle als Chief Operations und Technology Officer der AB Electrolux in Schweden, und jetzt als CEO der Bosch Home Comfort Group. Der gebürtige Hamburger spricht damit auch fließend Schwedisch.

Jan Brockmann, wie ist es Ihrer Meinung nach um die deutsch-schwedische Wirtschaft bestellt?

Die anhaltende Rezession mit steigenden Zinsen beeinträchtigt die meisten unserer Mitgliedsunternehmen in irgendeiner Weise. Gleichzeitig sind viele Unternehmen aber auch optimistisch. Die Elektrifizierung kommt gut voran. Die größte Sorge gilt den hohen Energiepreisen in Deutschland und auch der Tatsache, dass es derzeit keine Lösung für eine nachhaltige Energieversorgung gibt. Die Energiepolitik könnte zu einem langfristigen Problem werden, zumindest für deutsche Unternehmen.

Warum wird die Deutsch-Schwedische Handelskammer gebraucht?

„Die Handelskammer ist eine äußerst wichtige Organisation, die seit über 70 Jahren besteht und verschiedenen Veränderungen in der Welt standgehalten hat."

Die Handelsbeziehungen sind wichtiger denn je. Die Welt um uns herum hat sich schnell verändert, nicht zuletzt die politische Situation und die Sicherheitslage. Schweden und Deutschland haben in vielen Fragen die gleichen Ansichten, z.B. in Bezug auf das Klima, die Infrastruktur und die Bedeutung von Innovationen. Die Handelskammer ist eine äußerst wichtige Organisation, die seit über 70 Jahren besteht und verschiedenen Veränderungen in der Welt standgehalten hat.

Wie wollen Sie die Handelskammer weiterentwickeln?

Die Handelskammer ist ein starker Partner für deutsch-schwedische Geschäftsbeziehungen, eine wirtschaftlich robuste und stabile Organisation, die sowohl deutsche als auch schwedische Unternehmen aus verschiedenen Branchen vertritt und unterstützt. Es ist eine Ehre für mich, Präsident der deutsch-schwedischen Handelskammer zu sein.

Ein Fokus liegt auf unserer Arbeit im Bildungsbereich. Wir werden die Ressourcen aufstocken und unsere Initiativen für Schulen und Universitäten unter dem Dach „Talentförderung“ zusammenfassen. Dazu gehört die Sprachinitiative "Deutsch - ditt val!", die sich an Schulen in Schweden richtet und darauf abzielt, das Interesse am Deutschlernen in der Schule zu steigern. Des Weiteren bieten wir Studenten, die Praktika in unseren Mitgliedsunternehmen absolvieren wollen, Stipendien an.

„Der Auftrag der Handelskammer ist klar: der Ausbau der deutsch-schwedischen Handelsbeziehungen"

Der Auftrag der Handelskammer ist gemäß unserer mehr als 70 Jahre alten Satzung klar: der Ausbau der deutsch-schwedischen Handelsbeziehungen. Um die jeweils andere Geschäftskultur zu verstehen, ist die Verbesserung der Sprachkenntnisse in der Geschäftswelt ein wichtiger Aspekt, ebenso die Erhöhung der Mobilität zwischen den beiden Ländern. Aus diesem Grund entwickeln wir unsere Stipendien.

Eine weitere wichtige Entwicklung ist die Zusammenarbeit mit dem KI Park Berlin, die das Thema Künstliche Intelligenz für unsere Mitglieder in einem europäischen KI-Ökosystem vorantreibt.

Wir fördern auch Erneuerung und Diversifizierung innerhalb des Vorstands, damit seine Zuständigkeiten weiterhin die Ambitionen der Mitgliedsunternehmen und der Handelskammer widerspiegeln. Die Aufgabe des Vorstands besteht darin, die Handelskammer in einer sich wandelnden Welt zu beraten und zu unterstützen.

Um auf die deutsche Sprache zurückzukommen, warum ist es so wichtig, dass mehr Menschen in Schweden Deutsch lernen? „Reicht Englisch nicht aus?“, ist eine häufige Frage, die wir hören.

„Sprachkenntnisse sind sehr wichtig für Unternehmen. Mit der Sprache bekommt man auch ein Verständnis für die Kultur."

Sprachkenntnisse sind sehr wichtig für Unternehmen. Mit der Sprache bekommt man auch ein Verständnis für die Kultur. Deutsch ist die wichtigste Sprache in der EU. Unser Ziel ist es, Deutschland und Schweden zusammenzuhalten. Als ich mit meiner Familie in Schweden lebte, konnten wir uns durch das Erlernen der schwedischen Sprache in die kulturelle und soziale Gemeinschaft integrieren. Die Sprache ist für das bilaterale Verständnis der jeweils anderen Kultur von großer Bedeutung.

Welche Handelshemmnisse gibt es zwischen Deutschland und Schweden?

Innerhalb der EU sollte es keine Barrieren geben. Das stimmt aber nicht ganz, weshalb es die Deutsch-Schwedische Handelskammer gibt. Abgesehen von mangelnder Kenntnis der jeweils anderen Unternehmenskultur, die leider viele Geschäfte behindert, unterscheiden sich die Energiepolitiken der EU-Länder. Dies führt zu Preissteigerungen, die als Handelshemmnisse angesehen werden können. Im Bereich Elektrifizierung brauchen wir Planungssicherheit sowie gute und stabile Rahmenbedingungen, die es uns ermöglichen, im globalen Wettbewerb zu bestehen.

Sie waren 10 Jahre lang als Führungskraft in der Electrolux-Gruppe in Stockholm tätig. Gab es etwas, das Sie überrascht hat, als Sie nach Schweden gezogen sind?

Stockholm ist so eine schöne Stadt. Ich mochte die schwedische Offenheit, die flachen Hierarchien und das Teilen gemeinsamer Werte in der Geschäftskultur. Eine Herausforderung war, dass ich meine Rolle selbst definieren musste, während in Deutschland die Aufgaben von Anfang mehr vorgegeben sind.

Sie sind jetzt als CEO eines großen deutschen Unternehmens zurück in Deutschland. Was haben Sie von dem schwedischen Führungsstil mitgenommen?

„Eine kosmopolitischere Sichtweise auf die Arbeitswelt. Die neue Generation von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen erwarten mehr Flexibilität und Offenheit."

Eine kosmopolitischere Sichtweise auf die Arbeitswelt. Die neue Generation von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen erwarten mehr Flexibilität und Offenheit. Diese Werte habe ich mitgenommen, gleichzeitig die deutsche Klarheit behalten, die man braucht, wenn man in Deutschland arbeitet.

Möchten Sie uns abschließend noch einen Ihrer Lieblingsorte in Schweden verraten?

Unvergleichlich ist es, einen Toast Skagen im Gasthaus Grinda in den Stockholmer Schären zu essen.

Und ein Lieblingsort in Deutschland?

Das Restaurant Sansibar in Stuttgart, wo ich jetzt wohne. Das Original ist auf der Nordseeinsel Sylt zu finden.