


Hans Dieter Pötsch, Aufsichtsratsvorsitzender der Volkswagen AG, war Ehrengast auf der Jahrestagung der Deutsch-Schwedischen Handelskammer am 10. April 2025 in Stockholm.

"Wir befinden uns in turbulenten Zeiten. Aber es gibt dennoch eine gute Nachricht aus Deutschland: Eine Regierungsbildung ist in Sicht", so Matthias Heiden, Präsidiumsmitglied der Deutsch-Schwedischen Handelskammer bei der Jahrestagung 2025.

Hans Dieter Pötsch: „Ein wettbewerbsfähiges, nachhaltiges und souveränes Europa aufbauen.“
11.04.2025
Unter dem Titel „Die europäische Industrie im globalen Wettbewerb“ fand am Donnerstag die Jahrestagung der Deutsch-Schwedischen Handelskammer statt. Hauptredner Hans Dieter Pötsch, Aufsichtsratsvorsitzender der Volkswagen AG, sprach im Zuge dessen von Herausforderungen, aber auch von Chancen.
In einer der komplexesten Holzkonstruktionen, in der „Trähallen“ des „Tekniska Museet“ in Stockholm, richtet sich der VW-Aufsichtsratsvorsitzende Hans Dieter Pötsch an das Publikum und begann auch gleich mit einem Verweis auf die deutsche Politik.
„Zeitenwende“ – dieser Begriff fiel früh. Ursprünglich nutzte ihn Bundeskanzler Olaf Scholz in einer Regierungserklärung vom 27. Februar 2022, um im Kontext des russischen Angriffskrieges einen Paradigmenwechsel zu benennen. Für Pötsch handelt es sich bei der „Zeitenwende“ um „eine Ära, die sich auszeichnet durch rasante Transformation, sich verändernde Allianzen und die dringende Notwendigkeit, neu zu denken und umzugestalten.“
„Vor allem erschüttern geopolitische Entwicklungen die globale Ordnung. Das Machtverhältnis verschiebt sich, und Allianzen, die einst stabil schienen, werden neu verhandelt – oder sogar aufgegeben.“
Solche Veränderungen führen laut Pötsch zu Herausforderungen: „Vor allem erschüttern geopolitische Entwicklungen die globale Ordnung. Das Machtverhältnis verschiebt sich, und Allianzen, die einst stabil schienen, werden neu verhandelt – oder sogar aufgegeben.“
Entsprechend brauche man starke und verlässliche Partnerschaften mehr denn je. Jene zwischen Deutschland und Schweden, eine die von gegenseitigem Respekt, gemeinsamen Werten und tiefgreifender Zusammenarbeit geprägt sei, nannte Pötsch als ein solches Beispiel. Und betonte die Stärken Europas: Denn auch wenn man im Bereich der E-Mobilität und Digitalisierung mit neuen Mitbewerbern konfrontiert sei, steht für ihn fest: „Europa mangelt es nicht an Wissen oder Innovationspotenzial“.
Industrie als Rückgrat des europäischen Modells
Von diesem Ausgangspunkt aus betrachtet, war für Pötsch auch klar, wohin die Reise gehen solle: „Europa – und insbesondere Deutschland und Schweden – müssen klare Ziele definieren, um diese Transformation erfolgreich zu meistern.“ Zudem sei es unverzichtbar, dass „die Industrie – verankert in Forschung, Entwicklung und Produktion – das Rückgrat des europäischen Modells“ bleiben müsse. Diese Industrie müsse global wettbewerbsfähig, geopolitisch relevant und umweltfreundlich nachhaltig sein.
„Ein Markt wie jener Europas, mit rund 450 Millionen Menschen, eröffne immense Möglichkeiten.“
Schließlich erwähnte Pötsch noch das Thema, an dem momentan kaum jemand vorbeikommt: die US-Zölle. Viele Expertinnen und Experten befürchteten „weltweit steigende Preise und eine wirtschaftliche Rezession“. Pötsch teile diese Bedenken.
Und doch endete seine Rede mit einem versöhnlichen Ton: Ein Markt wie jener Europas, mit rund 450 Millionen Menschen, eröffne immense Möglichkeiten. In diesem Sinne sagte er: „Es ist unsere Aufgabe, ein wettbewerbsfähiges, nachhaltiges und souveränes Europa aufzubauen.“
Diskussion rund um Trumps Zölle
Auch die anschließende Diskussion drehte sich rund um Trump, die Zölle und die Stellung Europas in dieser wirtschaftlichen Wetterlage. Moderatorin Therese Larsson Hultin, Auslandsanalystin bei der schwedischen Tageszeitung Svenska Dagbladet, begann mit der Frage, wie Trumps Zölle die Autoindustrie beeinflussten, woraufhin Pötsch antwortete: „Das Hauptproblem ist die Unsicherheit. Aus unternehmerischer Perspektive ist es schwierig, Referenzpunkte für eine Strategie zu finden.“
„Ich glaube, Europa verhält sich richtig. Wir machen klar, dass wir verhandeln wollen und dass, sollten diese Verhandlungen zu keinen Ergebnissen führen, wir Schritte einleiten müssen.“
Dass sich die Situation im US-Zoll-Wirrwarr zeitnah ändern würde, wischte Christian Danielsson, der schwedische Staatssekretär im Büro der EU-Ministerin Jessica Rosencrantz, mit einem „wir werden sehen“ zur Seite, machte zugleich aber klar: „Ich glaube, Europa verhält sich richtig. Wir machen klar, dass wir verhandeln wollen und dass, sollten diese Verhandlungen zu keinen Ergebnissen führen, wir Schritte einleiten müssen.“
„Die europäische Wettbewerbsfähigkeit, das ist alles, worauf wir unsere Anstrengungen richten.“
Mikael Bäck, VP Corporate Officer bei Ericsson sah in der Krise aber auch eine Chance: „Sie beschleunigt womöglich die Prozesse“ sagte er und erwähnte kurz zuvor „die europäische Wettbewerbsfähigkeit, das ist alles, worauf wir unsere Anstrengungen richten“.
Die etwas globalere Einschätzung zum Handelskampf gab Sylvia Schwaag Serger, Geschäftsführerin der Königlichen Akademie der Ingenieurwissenschaften (IVA). Auf Nachfrage von Larsson Hultin, wer denn zunächst nachgebe, US-Präsident Trump oder doch der chinesische Präsident Xi Jinping, sagte sie: „Falls Xi Jinping zuerst nachgibt, wird es im Einklang tiefer Analysen, rationaler Entscheidungsprozesse und Langzeitinteressen des Landes stattfinden.“
„Falls Xi Jinping zuerst nachgibt, wird es im Einklang tiefer Analysen, rationaler Entscheidungsprozesse und Langzeitinteressen des Landes stattfinden.“
Bei alledem kam zum Schluss auch die Thematik Nachhaltigkeit noch auf die Bühne. Ob diese, so die Frage der Dagbladet-Journalistin, bei all der Turbulenz denn auf der Strecke bleibe. Danielsson aber gab Entwarnung: „Grüner Wandel und Wettbewerbsfähigkeit sind zwei Seiten derselben Medaille“ und auch Pötsch schloss sich dem an: „Nachhaltigkeit ist nur in wirtschaftlicher Prosperität möglich“.
Apropos Prosperität: In dieser Sache waren sich dann alle Diskussionsteilnehmenden einig: Dass Europa in fünf Jahren besser dastünde als es das jetzt tut.
Matthias Heiden, Mitglied des Präsidiums der Deutsch-Schwedischen Handelskammer, dankte den Partnern der Jahrestagung: SEB, Scania, Volkswagen Group Sweden, D-fine, TÜV Süd sowie Carspect.