Formschwäche in Schwedens Wirtschaft hält an

26.05.2023

Die globale Konjunktur entwickelt sich derzeit nur träge. Diese Beurteilung schließt Schweden ein. Zuletzt wurden die meisten schwedischen Konjunkturprognosen eher in Molltönen präsentiert. Auch die aktuellen Statistiken geben kaum Anlass für einen baldigen, nennenswerten Stimmungsumschwung. Hierzu bräuchte man mehr positive Nachrichten – nicht nur aus der Ukraine, den Vereinigten Staaten und Deutschland, sondern direkt auch aus Schweden. Auch ist Schwedens derzeitige Wachstumsschwäche teilweise psychologisch bedingt. Gerade in diesem Punkt muss sich einiges zum Positiven ändern, meint Prof. Hubert Fromlet, Senior Advisor der Deutsch-Schwedischen Handelskammer.

Fakten und Umfragen

Bekannterweise hinken Statistiken den Fakten regelmäßig hinterher, zumeist mit zwischen sechs und acht Wochen. Für die interessierten, zeitlich aber anderweitig sehr engagierten Managerinnen und Manager lassen sich aber viele relevante Eckdaten aus der umfassenden und kostenlosen Statistikdatenbank von Trading Economics herunterladen – für fast einzelne 200 Länder und für Schweden.

Zu den folgenden gesammelten Konjunkturindikatoren kann beispielsweise konstatiert werden:

A. Statistik:

  • BIP
    Q1: +0,2 % im Vergleich zum Vorquartal >> im Verlauf erneute Abschwächung     
    Q1: +0,3 % im Vergleich zum Vorjahresquartal
     
  • Auftragseingänge Industrie
    März: -9,3 % im Vorjahresvergleich
  • Industrieproduktion
    März: -2,8 % im Vormonatsvergleich 
    >> aber sehr gespalten
  • Einzelhandel
    März: -11,6 % im Vorjahresvergleich
    März: -1,6 % im Vormonatsvergleich

Anmerkung: Hier werden aus Platzgründen lediglich Monatszahlen notiert. Bei Trading Economics gibt es jedoch auch längere Zeitreihen, die sich für genauere Analysen noch besser eignen.

Schlussfolgerung: Schwedens Wachstumsschwäche ist statistisch noch nicht überwunden. Daher sollte man sich zur Zeit primär um die verschiedenen schwedischen Stimmungsindikatoren kümmern. Allerdings gehören zu einer ordentlichen Analyse mehr als eine Beobachtung.

„Insgesamt dominiert noch immer das schwächelnde schwedische Konjunkturbild. Diese Einschätzung wird sowohl durch Statistik als auch durch aktuelle Umfragen eindeutig bestätigt.“  

B. Stimmungsindikatoren:

Schwedens Wachstumsschwäche ist offensichtlich statistisch noch nicht überwunden. Daher sollte man sich zur Zeit primär um die verschiedenen Stimmungsindikatoren von Einkäufern (PMI) und des staatlichen, aber neutralen Konjunkturinstituts kümmern (”Business Tendency Survey” und ”Consumer Tendency Survey”). Diese Konstellationen werden in den folgenden beiden aktuellen Diagrammen sehr gut veranschaulicht.

Einkäuferindex (Purchasing Manager Index, PMI) für Schweden

Einkäuferindex (Purchasing Manager Index, PMI) für Schweden

 

Konsumklima-Index für Schweden (Consumer Confidence Index)

Konsumklima-Index für Schweden (Consumer Confidence Index)

 

Schlussfolgerung: Die wichtigsten schwedischen Barometerzahlen bestätigen in etwa die bereits beschriebenen statistischen Schlussfolgerungen und erklären somit auch teilweise die zuletzt ziemlich düsteren Konjunkturprognosen für 2023 – mit mal wieder besseren Aussichten für das folgende Jahr.

Rezession in Deutschland

Laut aktueller Bekanntgabe des deutschen Statistischen Bundesamts ist Deutschlands BIP im ersten Quartal 2023 um 0,3 Prozent gefallen. Damit sind die Kriterien einer sogenannten technischen Rezession erfüllt – quasi als Vorboten einer „richtigen“ Rezession über das ganze Jahr hinweg.

Die ständigen Unstimmigkeiten zwischen vor allem Grünen und Liberalen in der deutschen Ampelregierung als anhaltender Bremsklotz für eine Konjunkturwende sollte hierbei nicht übersehen werden. Politische Einigkeit sieht anders aus. Kommt es zur Regierungskrise?

Dies alles sind schlechte Nachrichten für Schweden, da Deutschland als europäischer Konjunkturmotor auch weiterhin ausfallen wird. Es ist derzeit nur schwerlich erkennbar, welche Faktoren Deutschland bis Ende des Jahres wieder auf eine besssere Wachstumsbahn bringen könnten – und wie Schweden letzten Endes aus eigener Kraft ohne internationale Hilfestellung wieder sichtbares gesamtwirtschaftliches Wachstum erzielen könnte.

Schlussfolgerungen auf Unternehmensebene

Insgesamt dominiert noch immer das schwächelnde schwedische Konjunkturbild. Diese Einschätzung wird sowohl durch Statistik als auch durch aktuelle Umfragen eindeutig bestätigt.

Allerdings wirkt die Lage in der Industrie ziemlich gespalten. Einzelnen Unternehmen und auch Branchen scheint es gemäß des Konjunkturinstituts durchaus ordentlich bis gut zu gehen. Hingegen scheinen viele Dienstleistungsunternehmen mit Verbindungen zum privaten Konsum und zum schwachen Wohnungsbausektor weiterhin von der schlechten Stimmung bei Schwedens privaten Haushalten negativ beeinflusst zu werden.

Damit scheint klar, dass Schwedens Wirtschaft – insgesamt betrachtet – noch immer nicht ihre beschwerliche Talsohle durchschritten hat. Einzelne Unternehmen können aber ihre eigene Konjunktur durchaus anders empfinden. Derartige Abkopplungen sollten regelmäßig geprüft werden.
 

Kontakt

Hubert Fromlet

Affiliierter Professor an der schwedischen Linné-Universität und Senior Advisor der Deutsch-Schwedischen Handelskammer

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