Der Text "Schweden unter der Lupe" vor der Skyline von Stockholm

Aktuelles und Prognosen: Schwedens Zentralbank informiert vielschichtig

05.10.2021

Die schwedische Zentralbank hat einen neuen geldpolitischen Bericht veröffentlicht. Hier präsentiert und interpretiert Prof. Hubert Fromlet, Senior Advisor der Deutsch-Schwedischen Handelskammer, einige der für Unternehmen relevanten Inhalte.

Hin und wieder weise ich auf interessante schwedische Konjunkturberichte und -prognosen hin, wie etwa die geldpolitischen Berichte der schwedischen Zentralbank (Sveriges Riksbank). Diese werden fünfmal pro Jahr als wichtiger Input für die geldpolitischen Beschlüsse des exekutiven Direktoriums angefertigt und sind für die Allgemeinheit zugänglich.

Einige der Diagramme, Lageberichte und Prognosen sind auch für die Unternehmerschaft von Interesse, wie etwa zu den Bereichen Konjunktur, Kapazitätsauslastung, Arbeitsmarkt, Produktivität, Inflation, Löhne, Zinsen und Schwedenkrone.  

Beispiele aus dem aktuellen Bericht

Hier werden einige Beispiele aus dem aktuellen Monetary Policy Report vom 21. September 2021 vorgestellt. Hinweis: eigene Übersetzungen, zum Teil etwas gekürzt.

Zur aktuellen, insgesamt ordentlichen Konjunktur

„Gutes Wachstum im zweiten Quartal und ein BIP-Wachstum von 0,9 Prozent im Vergleich zum Vorquartal. Wachstumstreiber waren vor allem Konsum und Investitionen. Dagegen schwächten sich Exporte und Industriekonjunktur zuletzt etwas ab – liegen aber inzwischen wieder über Prä-Corona-Niveau. Auch für die nächste Zeit ist mit gedämpfter Export- und Industriekonjunktur zu rechnen – unter anderem infolge des Mangels an Halbleitern und anderen Zwischenprodukten sowie stark ansteigenden Energiepreisen.”

Schlussfolgerung: Hier haben wir konkrete Beispiele für die These, dass mikroökonomische Trends makroökonomische Effekte auslösen können.

Zur aktuellen, etwas überschießenden Inflation

Wie in zahlreichen anderen Ländern hat sich der Druck auf die Preise auch in Schweden zuletzt spürbar erhöht, nicht zuletzt als Folge der Konjunkturerholung und kräftig anziehender Energiepreise. Schwedens oberste Inflationswächter bei der Reichsbank fügen außerdem hinzu, dass „stark ansteigende Kosten für Fracht, Rohstoffe und Halbfabrikate sowie Produktionsengpässe auf Kunden abgewälzt wurden und somit zu erhöhtem Inflationsdruck beigetragen haben”.

„Da die Inflationsentwicklung die Lohnentwicklung beeinflusst, macht es Sinn, die Inflationsentwicklung in Schweden näher zu beobachten.”

Schlussfolgerung: Die schwedische Zentralbank sieht die in den letzten Monaten zunehmende Inflation primär als ein temporäres Problem und prognostiziert für 2022 ein erneutes Einpendeln der Inflationsrate auf etwa 2 Prozent. Ich bin mir da allerdings nicht so sicher, zumal die Monetarisierung der Volkswirtschaften in Schweden und vielen anderen Ländern in absehbarer Zeit wohl langsam zurückgefahren wird. Da die Inflationsentwicklung die Lohnentwicklung beeinflusst, macht es Sinn, die Inflationsentwicklung in Schweden näher zu beobachten.

Zur zukünftigen Lohnentwicklung

Gemäß Reichsbank ist in den nächsten Jahren mit leicht höheren Lohnsteigerungen für die gesamte Volkswirtschaft zu rechnen, in Höhe von etwa 3 Prozent nach 2022.

Schlussfolgerung: 3-prozentige Lohnerhöhungen bedeuten bei gleichzeitiger Inflation um die 2 Prozent Reallohnsteigerungen von knapp 1 Prozent – in der Tat recht dürftig für die meisten Arbeitnehmer. Es bleibt abzuwarten, was an Einkommensverstärkung über die Finanzpolitik hinzukommt.

Zur Entwicklung der stabilisierten Krone

Die Reichsbank erklärt, dass man sich bei der Analyse der Krone in erster Linie an einem gewichteten Währungskorb der 32 wichtigsten Handelspartner (KIX) orientiert, wobei der Euro am schwersten wiegt (etwa 50 Prozent). Die Reichsbank berichtet, dass sich die Krone gemäß KIX-Index in absehbarer Zeit durchaus stabil entwickeln sollte, was auch 2021 bislang der Fall war – allerdings mit zeitweiliger Volatilität.

Schlussfolgerung: „Währungsprognosen” sollten nie besonders genau beachtet werden, da sie keine durchdachten Prognosen sein können, sondern nur technisches Hilfsmittel für die volkswirtschaftliche Gesamtrichtung. Auch der Reichsbank fehlt es an geeigneten Methoden und Instrumenten für gute Währungsprognosen. 

Zu den aufgeschwommenen Bilanzsummen von Zentralbanken

Die rapide Monetarisierung der USA und der Euroländer sowie Schwedens wird deutlich illustriert. Am expansivsten war die Europäische Zentralbank.

Schlussfolgerung: Seit Ausbruch von Covid-19 sind die Bilanzsummen zahlreicher Zentralbanken geradezu explodiert (im Falle Schwedens etwas weniger stark). Man sollte sich Sorgen darüber machen, ob die starke monetäre Aufblähung vieler Volkswirtschaften zur Bildung von Blasen an Immobilien-, Aktien- und Anleihenmärkten beigetragen hat oder es tun wird. 

Prognosen der Reichsbank – Arbeitslosigkeit beunruhigt

Zuletzt noch einige aktuelle Prognosen (Annahmen) der Reichsbank für Schweden und die Geldpolitik der nächsten drei Jahre:

Veränderungen in % 2019 2020 2021 2022 2023
BIP 2,0 -2,8 4,7 3,6 2,0
Import 2,1 -5,7 7,6 4,5 3,4
Export 6,0 -4,6 7,1 4,1 3,4
KPI 1,8 0,5 2,0 2,1 1,8
SEK (KIX-Index) 122,1 118,5 114,3 114,5 113,8
Arbeitslosigkeit 6,8 8,3 8,8 7,6 7,2
Leitzins, Repo (Q3) -0,3 0 0 0 0
Stundenlohn
(National Mediation Office)
2,6 2,1 2,8 2,7 2,8
Produktivität (total) 2,2 0,8 2,1 0,3 1,1

„Alles deutet auf eine wirtschaftliche Entwicklung mit guter Balance hin. Sorgen bereitet die Entwicklung der Arbeitslosigkeit und der gesamtwirtschaftlichen Produktivität.”

Schlussfolgerung: Die oben gezeigten Tabellenwerte und auch die meisten anderen im Monetary Policy Report veröffentlichten Zahlen deuten auf eine schwedische Wirtschaftsentwicklung mit durchschnittlich guter Balance hin. Sorgen bereitet weiterhin die Entwicklung der Arbeitslosigkeit und der gesamtwirtschaftlichen Produktivität.  
 

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Hubert Fromlet

Affiliierter Professor an der schwedischen Linné-Universität und Senior Advisor der Deutsch-Schwedischen Handelskammer

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