
Sie wollen ins Kanzleramt einziehen: Olaf Scholz, Annalena Baerbock und Armin Laschet.
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Vor der Bundestagswahl: Das fordern schwedische Unternehmen von der nächsten deutschen Regierung
23.09.2021
Die Deutsch-Schwedische Handelskammer hat einige ihrer schwedischen Mitgliedsunternehmen mit Geschäftstätigkeit in Deutschland gefragt, welche politischen Themen, Maßnahmen und Veränderungen für sie und ihre Branchen in der nächsten Legislaturperiode besonders wichtig sind.
Deutschland ist Schwedens größter Handelspartner und die Volkswirtschaften beider Länder sind eng miteinander verknüpft. Klar also, dass die Bundestagswahl am Sonntag auch schwedische Unternehmen beschäftigt. Doch welche Themen stehen aus schwedisch-deutscher Sicht im Mittelpunkt?
Robert Bergqvist, Senior Economist bei SEB, einer der führenden Banken Nordeuropas mit umfassender Geschäftstätigkeit in Deutschland:
„Die nächste Bundesregierung sollte sich dafür einsetzen, dass die EU den Weg hin zu mehr Digitalisierung weitergeht und sich in Bezug auf die aktuelle industrielle Revolution einem positiven und konstruktiven Wettbewerb mit Ländern wie den USA und China stellt. Darüber hinaus sollte man zielgerichtet daran arbeiten, dass die EU ihre Klimaziele erreicht. Handelspolitik und geopolitische Fragen sind immer enger miteinander verflochten.
Die neue politische Führung in Berlin wird hoffentlich dazu beitragen können, dass wirtschaftliche und politische Interessen nicht zu stark miteinander verschmelzen – weder in Deutschland noch auf EU-Ebene. Zudem sollte man dem entgegenwirken, dass sich die EU in Richtung einer strategischen Autonomie bewegt, mit der der Handel mit Ländern und Unternehmen außerhalb der Union zurückgehen würde. Eine vorausschauende, berechenbare Wirtschaftspolitik kann dazu beitragen, Unternehmen und Haushalten in Deutschland und anderen Ländern Entscheidungen zu erleichtern. Dies wirkt sich auch positiv auf das Wirtschaftswachstum aus.“
Henrik Gustafsson, Manager Global Public Affairs beim Nutzfahrzeughersteller Scania, der zum Traton-Konzern gehört:
„Die öffentliche Förderung, die es in Deutschland für den Kauf von Elektro-Lkw und den Ausbau der Ladeinfrastruktur gibt, stimmt uns sehr positiv. Auch die Investitionen in elektrische Straßen sind für Scania wichtig, denn wir wollen den Wandel hin zu einem nachhaltigen Transportsystem aktiv mitgestalten. Daher haben wir auch eigene, wissenschaftlich basierte Klimaziele aufgestellt.
In Schweden tut sich einiges in Sachen Ladeinfrastruktur und Elektro-Lkw, aber Deutschland ist uns noch einen Schritt voraus. Politische Entscheidungen werden dort zügig getroffen und man sorgt für eine ordentliche Finanzierung, was den Übergang zu elektrifizierten Schwertransporten angeht. Wir hoffen, dass die Förderung von Elektro-Lkw und Ladeinfrastruktur auch von der neuen deutschen Bundesregierung fortgesetzt wird.“
Johan Beckmann, Head of Global Sales and Marketing bei Binogi AB, einem Produzenten von digitaler Lernsoftware mit Tochtergesellschaft in Essen:
„Als während der Pandemie die Schulen geschlossen waren und der Unterricht anderweitig durchgeführt werden musste, hatte das große Auswirkungen auf das deutsche Bildungswesen. In manchen Ländern verlief der Übergang zum Homeschooling schnell und reibungslos, in Deutschland hingegen waren die Schulen im Allgemeinen nicht digitalisiert. Das hat die schwierige Situation noch verschlimmert.
Bundesbildungsministerin Anja Karliczek hat erklärt, dass mindestens 25 Prozent der Grundschüler aufgrund der Pandemiesituation Lernrückstände aufweisen. Nun stellt die Bundesregierung 2 Milliarden Euro zur Verfügung, um diese Lücken zu schließen. Wir bei Binogi sind stolz darauf, einen Teil zur Lösung dieses Problems beitragen zu können. Die Schulen, Lehrerinnen und Lehrer sowie Schülerinnen und Schüler müssen dazu jedoch erst einmal in der Lage sein, online auf den Unterricht und die Lernmaterialien zugreifen zu können. Die Digitalisierung der deutschen Schulen ist absolut notwendig!
Die neue Bundesregierung muss den Aufbau einer angemessenen Infrastruktur, zum Beispiel WLAN, fortsetzen. Auch der Zugang zu und die Nutzung von bereitgestellten Fördermitteln, wie etwa dem Digitalpakt, muss erleichtert werden. Darüber hinaus braucht es Mittel für Inhalte und Funktionalität, damit deutsche Schulen von ihrer digitalen Infrastruktur auch wirklich profitieren können.“
Patrik Larm, Country Manager Germany von Scrive, einem Anbieter von E-Signatur-Lösungen:
„Wir hoffen, dass die neue Bundesregierung die Digitalisierung weiter beschleunigen wird. Dazu gehört aus unserer Sicht auch eine Lockerung der deutschen Vorschriften für elektronische Signaturen und Identitätsprüfungen. Dadurch könnten das Regelwerk an das der übrigen EU-Länder angeglichen werden. Außerdem würde den Unternehmen damit angesichts neuer Voraussetzungen die Arbeit erleichtert, beispielsweise wenn man weniger physische Meetings abhält.“
Nils Lekeberg: Geschäftsführer und Gründer der Enjay AB, ein Umwelttechnikunternehmen, das Energierecycling in Bereichen mit besonderen Herausforderungen, wie Restaurantbelüftung, ermöglicht:
„Als GreenTech Unternehmen liegt unser Fokus auf Themen, die die Umstellung zur Null-Emission vorantreiben und die jetzige Regierung hat bereits im vergangenen Jahr viele weitreichende und in der Tat mutige Entscheidungen getroffen. Unsere Hoffnung ist, dass auch die neue Regierung den eingeschlagenen Weg weiter beschreitet und auf diesem Momentum aufbaut, sowohl zu Gunsten der deutschen Umwelt im Allgemeinen als auch um all die neuen Unternehmen, die im Zuge der aktiven Arbeit in Richtung Null-Emissionen gegründet werden, zu unterstützen.
Für uns geht es darum, auch weiterhin die deutsche Energiewende im Blick zu behalten, insbesondere mit ganz konkreten Bemühungen Energieeffizienz zu fördern und dies als Garant für die Umstellung zu einem elektrifizierten Energiesystem zu nutzen. Die jetzige Regierung hat unter anderem durch die Zusammenarbeit mit DENEFF gezeigt, dass ein gegenseitiger Austausch zwischen Energieeffizienz und Elektrifizierung um das Null-Emissionen-Zeil zu erreichen, bedeutsam ist. Obwohl wir heute noch weit von dem Ziel entfernt sind, wird es keine schnellen Lösungen geben. Effizienz und Elektrifizierung muss gewährleistet werden, und das eine kommt nicht ohne das andere aus.“
* DENEFF tritt als unabhängiges, branchenübergreifendes Netzwerk von Unternehmen und Organisationen für eine ambitionierte und effektive Energieeffizienzpolitik ein.