Viele Fragezeichen in der schwedischen Politik
29.10.2025
Als ob die internationalen Konflikte nicht schon kompliziert genug für die schwedische Wirtschaft wären, kommt jetzt auch zunehmender politischer Dissens in Schweden hinzu.
Schweden hat derzeit eine bürgerliche Minderheitsregierung, die sich vor allem in Haushaltsfragen auf die Zusammenarbeit mit den rechten Schwedendemokraten (SD) stützt. Meinungsumfragen weisen schon heute auf schwierige parlamentarische Verhältnisse nach den Reichstagswahlen im nächsten Jahr hin, obwohl derartige Stimmungsbarometer noch mit gebührender Vorsicht interpretiert werden sollten. Mitte Oktober ergaben Meinungsumfragen von Verian folgende Verteilung der Wählersympathien (in Prozent):
Tidö-Allianz (bürgerliche Regierung plus Schwedendemokraten, SD):
- Moderaterna (m) – konservativ/liberal: 17,9
- Kristdemokraterna (kd) – konservativ: 4,2
- Liberalerna (L) – liberal/konservativ: 2,6
- Sverigedemokraterna (SD) – rechts/konservativ: 20,1
Opposition:
- Socialdemokraterna (s): 34,8
- Vänsterpartiet (v) – links: 7,5
- Miljöpartiet (mp) – grün: 5,8
- Centern (c) – bürgerlich: 4,7
Gemäß der jüngsten Meinungsumfrage von Verian befindet sich die sogenannte Tidö-Allianz offensichtlich noch immer deutlich in der Minderheit, mit 44,8 Prozent gegenüber 52,8 Prozent für die Opposition. Bei den Wahlen von 2022 lag das Verhältnis noch bei 49,5 zu 48,9 Prozent. Im Laufe des letzten Jahres waren vor allem Socialdemokraterna die Gewinner, während Miljöpartiet, Centern und Liberalerna am deutlichsten an Wählersympathien verloren.
Viel politische Unsicherheit im Wahljahr 2026
Dennoch ist das Rennen im Hinblick auf die Wahlen am 13.September 2026 noch nicht vorbei. Zum einen sind momentan einige Parteien nicht allzu weit von der vierprozentigen Sperrklausel entfernt, zum anderen dürfte es sich für die Sozialdemokraten wohl als sehr schwierig erweisen, akzeptable Kompromisse mit der Linkspartei und vor allem mit den Grünen zu finden.
„Das Rennen im Hinblick auf die Wahlen am 13.September 2026 ist noch nicht vorbei.“
Seitens der Linkspartei sind schon seit geraumer Zeit deutliche Ambitionen in Richtung rot-grüner Koalition mit eigener Ministerbeteiligung zu vernehmen, was bei vielen Sozialdemokraten nicht gerade gut ankommt.
Weiterhin dürften sich eventuelle Koalitionsverhandlungen im nächsten Jahr zwischen Sozialdemokraten und Grünen als besonders schwierig erweisen. Dies betrifft unter anderem grüne Positionen gegen den Ausbau der Kernkraft und Verschärfungen der Kriminalpolitik sowie für eine großzügigere Flüchtlingspolitik.
Überdies erscheint noch unklar, auf welcher Seite sich das Zentrum (c) nach den nächsten Wahlen positionieren will. Immerhin ist Centern ideologisch nach wie vor eine bürgerliche Partei.
Auch in Schweden drohen im nächsten Jahr also sehr schwierige Regierungsverhandlungen im rot-grünen Lager. Noch ist aber eine Fortsetzung der jetzigen bürgerlichen Regierungskoalition mit rechter Stützpartei (SD) im Bereich des Möglichen. Sowohl außen- als auch innenpolitisch wird die schwedische Wirtschaft 2026 höchstwahrscheinlich mit viel politischer Unsicherheit konfrontiert.
Lichtblicke beim privaten Konsum
Schwedens Hoffnungen für einen deutlichen Konjunkturaufschwung im nächsten Jahr ruhen vor allem auf dem wiedererstarktem privaten Konsum.
Jüngst hat sogar Zentralbankchef Erik Thedéen verlauten lassen, dass sich der schwedische Konsum endlich wieder etwas günstiger entwickelt – verbunden mit der realistischen Hoffnung, dass 2026 ein beachtlicher Teil des 50-Milliarden Konjunkturstimulus der Regierung in den privaten Konsum fließen wird.
Allerdings lässt sich im Konsumzusammenhang ein unangenehmer Wermutstropfen ausmachen – die immer noch viel zu hohe Arbeitslosigkeit, die sich im September auf nach wie vor viel zu hohe 8,7 Prozent belief.
Das ist nicht gerade ein Hit für die Regierung im schwedischen Wahlkampf im Hinblick auf die Wähler! Allerdings gehört die Arbeitslosigkeit zu den im Konjunkturzyklus späten Indikatoren (lagging indicators). Etwas freundlichere Zahlen für die Arbeitslosigkeit sind 2026 daher noch zu erreichen.
Hubert Fromlet
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