Hubert Fromlet. Foto: Magnus Hjalmarson Neideman/SvD/TT

Schwedische Wirtschaft schrumpft leicht – dennoch positive Signale

02.06.2025

Schwedens Bruttoinlandsprodukt schrumpfte im ersten Quartal 2025 um 0,2 Prozent. Trotz des Rückgangs bleibt aber ein moderates Jahreswachstum von 1,5 bis zu 1,75 Prozent möglich. Doch die anhaltenden geopolitischen Konflikte sorgen weiterhin für Verunsicherung. Selbst weitere Zinssenkungen dürften daran wenig ändern, meint Prof. Hubert Fromlet, Senior Advisor der Deutsch-Schwedischen Handelskammer.

Nicht gerade überraschend kam der tiefste Einschnitt im BIP für das erste Quartal bei den Bruttoinvestitionen mit knapp -4 Prozent sowohl im Vergleich zum Vorquartal, als auch zum entsprechenden Vorjahresquartal. Besonders schwach entwickelten sich hierbei die Bauinvestitionen.

Konsumenten und Investoren zaudern

Auch der für das BIP zentrale private Konsum enttäuschte wiederum im ersten Quartal. 0,2 Prozent weniger als im Vorquartal nimmt sich sicherlich schwach aus wie auch der bescheidene Anstieg von 0,2 Prozent im Vergleich zu Q1 2024.

Noch immer scheinen die privaten Haushalte ihre eigene finanzielle Situation relativ unsicher einzuschätzen. Dies erscheint logisch bei einem Rückgang der realen disponiblen Einkommen von 0,4 Prozent verglichen mit dem Q1 des Vorjahres. Wohl hatten auch alle geopolitischen Auseinandersetzungen einen bremsenden Einfluss auf die Konsumlaune. 

„Ob ein oder zwei weitere kleine Zinssenkungen der lahmen Konjunktur wirklich auf die Beine helfen können, erscheint zweifelhaft.“

Aufgrund dieser negativen exogenen Einflussfaktoren scheint es zweifelhaft, ob ein oder zwei weitere kleine Zinssenkungen – wie von den meisten schwedischen (Bank-)Ökonomen gefordert – der lahmen Konjunktur alleine wirklich auf die Beine helfen können. Wissenschaftliche Erkenntnisse demonstrieren vielmals, dass kleinere Zinssenkungen nur bei zusätzlicher finanzieller oder psychologischer Erleichterung beziehungsweise stabilem generellen Stimmungshoch stimulierend auf den privaten Konsum und gewisse Investitionen wirken können. Auch kann der Ausgangspunkt einer Zinssenkung relevant sein – mit besserem Effekt bei Senkungen von hohem Zinsniveau. 

Weiterhin sieht auch die Entwicklung des öffentlichen Konsums relativ bescheiden aus mit +0,1 Prozent im Vergleich zum Vorquartal und -0,2 Prozent zum entsprechenden Vorjahresquartal. Im Hinblick auf die starken Staatsfinanzen könnte die Regierung durchaus etliche öffentliche Engpässe finanziell besser ausstatten.

Exporte und Dienstleistungen in positivem Licht

Trotz aller Schattenseiten vermittelte die deutsche Konjunktur im ersten Quartal auch einige positive Eindrücke. Hierzu gehörten vor allem die Exporte mit +1,8 Prozent zum Vorquartal und +5,2 Prozent zum Vorjahresquartal, was frühere Beurteilungen guter schwedischer Wettbewerbsfähigkeit an dieser Stelle deutlich unterstreicht. 

Neben den Exporten sorgte – hier gemessen von der sogenannten Produktionsseite des BIP – auch die Produktion von Dienstleistungen für eine positive Entwicklung mit +1,1 Prozent im Vergleich zum Vorquartal und 2,9 Prozent zum Vorjahresquartal, ganz im Gegensatz zur Warenproduktion mit -2,8 Prozent zum Vorquartal und -2,2 Prozent zum Vorjahresquartal.

BIP-Wachstum von 1,5 Prozent noch möglich

Im ersten Quartal dieses Jahres haben sich somit für das BIP folgende Wachstumseffekte der Aggregate gezeigt (in Prozenteinheiten):

Nettoexporte (Exporte minus Importe): +0,8
Privater Konsum: -0,1
Öffentlicher Konsum: +/- 0
Bruttoninvestitionen: - 1,0
Lager: +/- 0
-------------
Summe: -0,3 und entspricht nach Auf- und Abrundungen dem oben genannten BIP-Rückgang von 0,2 Prozent. 

Wie geht es nun weiter? 

Am 23. Mai veröffentlichte ich einen Beitrag zum weiteren Konjunkturverlauf in diesem Jahr unter dem Titel „Leichte Erholung in Sicht?“. Schon damals stellte sich die zentrale Frage: Ist eine wirtschaftliche Erholung tatsächlich in Sicht – oder bleibt sie aus?

Die Entscheidung für das Fragezeichen im Titel war bewusst gewählt – und sie ist nach wie vor berechtigt. Denn auch heute, rund zwei Wochen später, lässt sich die für sichtbar bessere Konjunkturzeiten erforderliche geopolitische Entspannung noch immer nicht erkennen.

„Erhoffte Faktoren wie wirkliche Entspannung aus Trumps USA und Frieden in der Ukraine dürften eine gewichtigere Rolle für die zukünftige schwedische Konjunkturentwicklung spielen.“

Wie im Mai gilt auch weiterhin: „Vor allem die weitere geopolitische Entwicklung und die Konsumneigung der privaten Haushalte strahlen weiterhin viel Unsicherheit aus. Inwiefern finanzpolitische Expansion im Haushalt für das Wahljahr 2026 – präsentiert im Oktober dieses Jahres – und auch mögliche weitere kleinere Zinssenkungen die Konjunktur beflügeln können, bleibt abzuwarten. Erhoffte Faktoren wie wirkliche Entspannung aus Trumps USA und Frieden in der Ukraine dürften eine gewichtigere Rolle für die zukünftige schwedische Konjunkturentwicklung spielen.“

Dem ist auch heute nichts hinzuzufügen. Lasst uns dennoch hoffen, dass die Sommermonate trotz aller Zweifel mehr Licht als Schatten auf Politik und Konjunktur werfen werden. Noch kann es in 2025 beim schwedischen BIP für ein Plus von knapp 1,5 bis 1,75 Prozent reichen.

Hubert Fromlet

 

Kontakt

Hubert Fromlet

Affiliierter Professor an der schwedischen Linné-Universität und Senior Advisor der Deutsch-Schwedischen Handelskammer

Kontakt
Wir nehmen Anfragen ausschließlich von Unternehmen und Organisationen an.
Durch das Absenden des Formulars verarbeitet die Deutsch-Schwedische Handelskammer Ihre persönlichen Daten. Datenschutzerklärung | Deutsch-Schwedische Handelskammer
Geben Sie die Zeichen ein, die im Bild gezeigt werden.
Diese Frage dient dazu, zu testen, ob Sie ein menschlicher Besucher sind oder nicht, und um automatisierte Spam-Übermittlungen zu verhindern.

* Pflichtfeld