
Hubert Fromlet. Foto: Magnus Hjalmarson Neideman/SvD/TT
Die Krone schwächelt mal wieder
06.12.2024
Auch zuletzt zeigte sich die Schwedenkrone wieder von ihrer schwachen Seite – ganz im Gegenteil zu den Prognosen der meisten Ökonominnen und Ökonomen noch vor einigen Monaten oder im letzten Jahr. Sie erklären ihre häufigen Fehleinschätzungen zumeist eher technisch, beispielsweise mit unerwarteten Verschiebungen der Währungsströme, meint Senior Advisor Prof. Hubert Fromlet.
Ein derartiger Ansatz hat jedoch ein Manko. Er berücksichtigt nicht – oder kann nicht berücksichtigen – welche (unerwarteten) Faktoren derartige Verschiebungen der Währungsströme letztendlich auslösen.
Unterbewertet – aber dennoch zumeist ziemlich schwach
Schon seit langer Zeit hadern viele schwedische Ökonomen und auch zum Teil die Politik mit dem Schicksal der ihrer Meinung nach von den Märkten „ungerecht“ behandelten Schwedenkrone – obwohl diese Kritiker zumeist selbst als Marktteilnehmer oder Anhänger der Marktwirtschaft unterwegs sind.
„Bei Fehleinschätzungen kommt es aber dann normalerweise ziemlich schnell zu Korrekturen.“
Natürlich ist auch mir als ehemaliger Chef-Volkswirt bei einer großen schwedischen Bank nicht entgangen, dass sich Finanzmärkte mit ihren Bewertungen zunächst nicht immer gleich richtig positionieren. Bei Fehleinschätzungen kommt es aber dann normalerweise ziemlich schnell zu Korrekturen.
Angesichts dieser letztgenannten Tatsache, muss man sich unweigerlich fragen, warum die Devisenmärkte die Krone schon seit langer Zeit so „ungerecht“ behandeln – als ob einheimische und ausländische Devisenhändler mit den positiven schwedischen Grunddaten nicht umgehen könnten.
Dieser Meinung über die Fehleinschätzung der Devisenmärkte scheint auch Finanzministerin Elisabeth Svantesson zu sein. So kommentierte sie beispielsweise im August 2023 ihr Unverständnis für die auch zu dieser Zeit offenbare Schwäche der Schwedenkrone mit dem Hinweis auf die stabilen und starken öffentlichen Staatsfinanzen und die vielen starken schwedischen Unternehmen – Faktoren, die ihres Erachtens eigentlich für eine stärkere schwedische Währung sprechen sollten, allerdings ohne dies zeitlich zu präzisieren.
Erfahrung von den Devisenmärkten besagt hierbei aber mehr als deutlich, dass das Wort „eigentlich“ bei Währungserwartungen nie vorkommen sollte. Bei „eigentlich“ liegt man erfahrungsgemäß oft falsch.
„Im Laufe von 2024 hat sich die schwedische Krone bislang um 4 Prozent abgeschwächt – und um nahezu 10 Prozent in den letzten fünf Jahren.“
Im Laufe von 2024 hat sich die schwedische Krone bislang um 4 Prozent abgeschwächt – und um nahezu 10 Prozent in den letzten fünf Jahren. Natürlich haben sich aber zwischenzeitlich auch Phasen der Erholung eingefunden. Vom längerfristigen Trend her betrachtet hat sich jedoch die Krone offensichtlich alles andere als stark entwickelt. Folglich existieren meines Erachtens auch Einflussfaktoren, die sich außerhalb der naheliegenden Analysemethoden der Märkte bewegen.
Diese Einflussfaktoren haben hierbei nur wenig oder nichts mit den normalerweise von Währungsexperten benutzten Analysemethoden zu tun. Deren Verfahrensweisen müssen logischerweise nicht verkehrt sein, nehmen sich aber oft unvollständig aus.
Psychologie kann viel auf Finanzmärkten bedeuten
Ein großes Problem beim Erstellen von Währungsprognosen besteht in der Nichtberücksichtigung von Psychologie und unerwarteten Ereignissen – beispielsweise in der Politik – die im Prinzip immer wieder auftauchen können. Diese Faktoren lassen sich einfach nicht in die gängigen Prognosemodelle miteinbeziehen. Eventuell kann uns hier KI zukünftig etwas weiterhelfen, was allerdings noch in den Sternen steht.
Auch können sich bei Währungsentwicklungen historische Erfahrungen auftun, die sich vielleicht doch langsamer vergessen lassen als dies allgemein angenommen wird. Ein historischer Malus, der auf die Abwertungszeiten der siebziger, achtziger und frühen neunziger Jahre zurückgeht, könnte nach wie vor hin und wieder die Schwedenkrone (etwas) belasten. Dies lässt sich aber nicht genauer belegen.
Ich bleibe bei meiner Schlussfolgerung, dass einigermaßen zuverlässige Währungsprognosen eigentlich nicht möglich sind (wie seit einigen Jahren in meiner Artikelsammlung für die Deutsch-Schwedische Handelskammer mehrmals beschrieben, beispielsweise hier). Dennoch sollten Wirtschafts- und Devisenentwicklungen regelmäßig verfolgt werden, um ein eigenes Gefühl für Währungen entwickeln zu können – in unserem Fall für die Schwedenkrone und den Euro.
Hubert Fromlet
Kontakt
