
Schweden wartet auf sichtbaren Aufschwung und hofft auf 2026
20.08.2025
In seiner Konjunkturanalyse vor der Sommerpause gab sich Prof. Hubert Fromlet, Senior Advisor der Deutsch-Schwedischen Handelskammer noch hoffnungsvoll, dass in diesem Jahr unter sehr günstigen Voraussetzungen ein BIP-Wachstum von 1,5 Prozent erreicht werden könnte. Erwünschte positive Entwicklungen seitens der USA und Russlands oder auch der schwedischen Haushalte blieben jedoch aus.
Somit dürfte es erst in 2026 zu einem sichtbaren Aufschwung in Schweden kommen. Aber auch diese Konjunkturerholung lässt sich nur verwirklichen, wenn eine Zuspitzung der globalen Konflikte vermieden werden kann und die schwedischen Verbraucherinnen und Verbraucher wieder hoffnungsvoller in die Zukunft schauen.
„Besseres Wachstum will die Regierung daher vor allem durch konsumstimulierende Maßnahmen erreichen.“
Besseres Wachstum will die Regierung daher vor allem durch konsumstimulierende Maßnahmen erreichen. Solide finanzpolitische Freiräume hierfür sind sicherlich vorhanden, auch im Wahljahr 2026. Bei Ausnutzung dieser Freiräume könnte Schweden im nächsten Jahr ein Wachstum des BIP von guten 2-2,5 Prozent erreichen.
Der Wahlkampf beginnt
Im Gegensatz zu Deutschland ging es in Schweden während der Sommerferien relativ ruhig zu, obwohl es auch hierzulande innerhalb der Regierung zu Meinungsverschiedenheiten in der Israel-Politik kam – allerdings bei weitem gelassener als in Deutschland.
Wirtschaftspolitisch wurde in den letzten Wochen nur sehr wenig diskutiert – mit Ausnahme der Frage, in welchem Ausmaß Finanzministerin Elisabeth Svantesson im nächsten Jahr die Konjunktur anfachen kann und will. Schließlich ist 2026 ein Wahljahr, und die Konjunktur ist noch immer nicht angesprungen, vor allem aufgrund des nach wie zögerlichen Konsums privater Haushalte. Daher ist zu erwarten, dass die Regierung zusammen mit der rechten Stützpartei „Sverigedemokraterna“ („Schwedendemokraten“, SD) in erster Linie mehr Bewegung in den privaten Konsum bringen will, der zudem auch das größte Aggregat des BIP ausmacht.
Aber wie hoch können die Stimulanzmaßnahmen ausfallen, in Schweden „Raum für Reformen“(„reformutrymme“) genannt? Das staatliche Konjunkturinstitut hat hierzu für 2026 eine Summe von 34 Milliarden SEK (rund 3,05 Milliarden Euro) an akzeptablen ungedeckten Staatsausgaben errechnet, wobei „reformutrymme“ eigentlich kaum Reformen im deutschen Sinne entspricht, sondern eher Ausgabensteigerungen. 34 Milliarden – nota bene ohne neue Verteidigungskosten – entsprechen in etwa 0,5 Prozent des BIP. Kritiker*innen meinen hierzu, dass 50 Milliarden statt 34 Milliarden durchaus angemessen wären.
Es bleibt abzuwarten, was die Haushaltsverhandlungen der Regierung mit den Schwedendemokraten in den nächsten Wochen ergeben werden. Wie angedeutet, dürften Ausgabensteigerungen zugunsten der privaten Haushalte im Vordergrund stehen.
„Innerhalb dieses Segments befindet sich schließlich auch die schwedische Wählerschaft.“
Innerhalb dieses Segments befindet sich schließlich auch die schwedische Wählerschaft. Schon am 22. September wird der Haushaltsentwurf für 2026 dem Parlament und der Öffentlichkeit vorgestellt. Das bedeutet, dass der schwedische Wahlkampf schon in Kürze beginnen wird – fast ein ganzes Jahr vor dem nächsten Wahltag am 13. September 2026.
Wie geht es der schwedischen Konjunktur derzeit?
Auch in Schweden gibt es noch immer keine deutlichen Zeichen für eine Konjunkturwende. So ist das BIP in Q2 nach vorläufigem Ergebnis um 0,2 Prozent im Vergleich zu Q1 gefallen, was aber immerhin einem Anstieg von 0,9 Prozent im Vorjahresvergleich entspricht. Bruttoinvestitionen und privater Konsum entwickelten sich nach wie vor schwach, während der ordentliche Nettoexport zumindest den BIP-Rückgang einigermaßen dämpfte. Allerdings sahen die Auftragseingänge in der Industrie im Juni etwas freundlicher aus – wie gegen Ende des zweiten Quartals auch der private Konsum.
Für Juli gibt es bislang nur wenige offizielle Konjunkturstatistiken, und zwar zur Inflation und Arbeitslosigkeit. Gemäß der traditionellen Berechnung stiegen die Konsumentenpreise (KPI) im Juli um 0,2 Prozent im Vormonats- und um 0,9 Prozent im Vorjahresvergleich. Weniger günstig nahm sich dagegen die Inflation gemäß der für die Reichsbank relevanten Definition KPIF (KPI mit konstanter Zinssatzbasis) mit einem Jahresanstieg von 3,0 Prozent aus, also deutlich über dem Ziel von 2 Prozent. Daher hat der Zinsoptimismus der Märkte zuletzt deutlich abgenommen.
„Hier hat die schwedische Regierung nach wie vor ein offensichtliches Problem.“
Was die Arbeitslosigkeit betrifft, wurde im Juli bei den Arbeitsämtern eine Quote von 7,1 Prozent notiert. Dies ist kein gutes Ergebnis im Vergleich zu 6,8 Prozent im Vorjahr. Und noch immer liegt die Arbeitslosigkeit für Jugendliche zwischen 18 und 24 Jahren bei 8 Prozent. Hier hat die schwedische Regierung nach wie vor ein offensichtliches Problem.
Deutliche Konjunkturerholung in 2026 durchaus möglich
Trotz der nach wie vor unbefriedigenden aktuellen Konjunkturlage erscheinen die Aussichten für 2026 dennoch deutlich günstiger – allerdings nur, wenn sich die globale Situation zumindest nicht verschlechtert und die erwartete Konsumbelebung der schwedischen Regierung nicht allzu bescheiden ausfällt. Ansonsten ist im nächsten Jahr ein Anstieg des BIP in Höhe von 2-2,5 Prozent durchaus möglich – zumindest solange im Wahlkampf von den maßgeblichen Parteien keine unrealistischen und wachstumsfeindlichen Versprechen abgegeben werden.
Hubert Fromlet
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