v.l.n.r.: Anna-Britta Åkerlind (Gemeinderätin Örnsköldsvik), Claes Fredriksson (CEO Liquid Wind), Anders Christian Nordstrøm (COO Ørsted P2X), Kristina Säfsten (CEO von Övik Energi), Anna Dahlberg (Staatssekretärin im Büro des schwedischen Ministerpräsidenten)

Sauberer Kraftstoff aus Schweden

Am 24. Mai erfolgte im nordschwedischen Örnsköldsvik der erste Spatenstich für Europas größtes Elektrokraftstoffprojekt. Hier wird das schwedische Unternehmen Liquid Wind erneuerbares Methanol im kommerziellen Maßstab produzieren, um den wachsenden Bedarf an sauberen Kraftstoffalternativen in der Schifffahrt zu decken. Deutschland ist für das schwedische Unternehmen nicht nur ein potenziell großer Markt, sondern auch die Heimat vieler Partner und Lieferanten von Liquid Wind.

Im Interview mit der Deutsch-Schwedischen Handelskammer sprach Finanzchefin Emma Rönnmark über die Strategie sowie Erfolge des in Göteborg ansässigen Unternehmens und wie es war, mit der Schifffahrtsbranche technologisches Neuland zu betreten.

Deutsch-Schwedische Handelskammer: Erzählen Sie uns von Ihrer Geschäftsidee und was sie so erfolgreich macht!

Emma Rönnmark: Liquid Wind entwickelt, finanziert und optimiert groß angelegte kommerzielle Bauprojekte zur Herstellung von Elektrokraft. Dies wird durch die Integration bereits bewährter Technologien unserer Partner und die Replikation der Prozesse praktisch überall dort möglich, wo die erforderlichen Ressourcen wie erneuerbarer Strom aus Wind und biogenes CO₂ verfügbar sind. Wir sind mit rund 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie starken Investoren wie Alfa Laval, Uniper, HyCap, Siemens Energy, Topsoe und Carbon Clean in Dänemark, Finnland und dem Vereinigten Königreich vertreten.

„Unsere Erfolge beruhen darauf, dass für die Umstellung von fossilen auf erneuerbare Energien alternative Kraftstoffe benötigt werden."

Unsere Erfolge beruhen darauf, dass für die Dekarbonisierung der Schifffahrt ein alternativer Kraftstoff benötigt wird. Liquid Wind bietet eine Lösung für dieses Problem. Am 24. Mai wurde der Grundstein für Liquid Winds erstes und größtes E-Methanol-Projekt, die FlagshipONE in Örnsköldsvik, gelegt.

Liquid Wind hat vor kurzem mehrere Anträge für den Bau von großen Elektrokraftstoffanlagen in Nordschweden eingereicht. Warum ist diese Region besonders günstig und was sind die Pläne für die Zukunft?

Das ist richtig. Es gibt viele Faktoren, die in dieser Region zusammentreffen. Nordschweden eignet sich besonders gut für Produktionsanlagen, da mehrere Städte Zugang zu Ökostrom und zu biogenem Kohlendioxid aus biobetriebenen Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen haben. Viele Orte verfügen über eine gut entwickelte Infrastruktur mit Häfen und Schienenverkehr sowie über technisches Know-how. Die Gemeinden und Behörden sind außerdem mit dem Bau von Industrieanlagen bestens vertraut, und es gibt detaillierte Pläne und Standortbewertungen.

Sie arbeiten mit mehreren schwedischen Kommunen zusammen. Welche Vorteile hat dieser Ansatz?

Liquid Wind hat einen gemeinschaftlichen Ansatz. Gemeinsam können wir in einer Region eine neue Industrie, die zu einer fossilfreien Gesellschaft beiträgt, aufbauen. Dazu benötigen wir Fachkräfte, Investoren, Zugang zu Rohstoffen, geeignete Standorte und insbesondere Zugang zu Ökostrom. Darüber hinaus sind wir auf biogenes Kohlendioxid, zum Beispiel aus Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen, für die Produktion von E-Methanol angewiesen, und viele dieser KWK-Anlagen sind in kommunaler Hand. Wir arbeiten mit „Carbon Capture and Utilization“ (CCU), das heißt, wir fangen Kohlendioxid ein und verwenden es dann zur Herstellung von E-Methanol für die Schifffahrt als Ersatz für fossile Brennstoffe.

Warum haben Sie sich auf die Schifffahrt spezialisiert?

Mehr als 99 Prozent der Schifffahrt nutzt heute fossile Brennstoffe. Deshalb ist in diesem Sektor eine schnelle Umstellung auf erneuerbare Energien so wichtig.

Nach Angaben der UN-Unterorganisation UNCTAD erfolgt rund 90 Prozent des globalen Handels über den Seeweg.

„Statistiken des Europäischen Rates zufolge, sind Schiffe für 13,5 Prozent der Verkehrsemissionen in der EU verantwortlich.“

Statistiken des Europäischen Rates zufolge, sind Schiffe für 13,5 Prozent der Verkehrsemissionen in der EU verantwortlich. Die Treibhausgasemissionen aus in Schweden getankten Kraftstoffen für den internationalen Schiffs- und Luftverkehr, auch bekannt als internationales Bunkern, sind zwischen 1990 und 2021 um mehr als 150 Prozent gestiegen. Der größte Anteil an diesen Emissionen entfällt auf den Schiffsverkehr, wie aus Statistiken des schwedischen Umweltamtes (Naturvårdsverket) hervorgeht.

Vor einigen Jahren gaben Sie bekannt, dass Sie sechs Standorte in Skandinavien errichten wollen, bevor Sie andere Märkte in Betracht ziehen. Wann ist eine Expansion auf globaler Ebene geplant?

Wir haben aussichtsreiche Projekte in der Pipeline, die in den nordischen Ländern entwickelt werden. Unser Ziel ist es, bis 2026 zehn Projekte zu fördern.

Zu Ihren Investoren gehören große deutsche Unternehmen wie Siemens Energy und Uniper. Welche Rolle spielt Deutschland für Ihr Unternehmen, jetzt und in Zukunft?

Deutschland ist der Heimatstandort mehrerer unserer Partnerunternehmen und ein Land mit starker Industrie und langer Erfahrung in den Bereichen Standardisierung und Automatisierung. Es ist auch ein wichtiger Standort für mehrere unserer Zulieferer, zudem gibt es einige Schifffahrtsunternehmen, die zur Erreichung ihrer Klimaziele auf grünen Elektrokraftstoff umsteigen müssen.

Ihr Unternehmen ist kürzlich Mitglied der Deutsch-Schwedischen Handelskammer geworden, was uns sehr freut! Was erwarten Sie von der Mitgliedschaft?

Wir erwarten eine enge Zusammenarbeit mit anderen Mitgliedern in Fragen zur Energiewende. Mehrere Mitglieder arbeiten aktiv an der Emissionsreduktion im maritimen Sektor, und wir wollen hier einen Beitrag leisten. Es gibt auch viele gemeinsame Fragen in Bezug auf die Energiesysteme unserer Länder, die Digitalisierung und die Standardisierung in der Industrie. Meiner Erfahrung nach führt der Austausch von Erfahrungen und das Ansprechen von Problemen oft zu Lösungen und neuen Formen der Zusammenarbeit, und darauf freuen wir uns.