Frauen arbeiten öfter in niedrigen Positionen und schlecht bezahlten Branchen.

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Warum verdienen Frauen weniger als Männer?

11.03.2014

Der Durchschnittslohn von Frauen liegt sowohl in Deutschland als auch in Schweden deutlich unter dem der Männer. So verdient eine schwedische Frau durchschnittlich fast 14 Prozent weniger als ein schwedischer Mann. In Deutschland liegt der Abstand zwischen den Geschlechtern sogar bei 22 Prozent, was das Land im europaweiten Vergleich zu einem der Schlusslichter macht. Dabei könnten gerade auch die Arbeitgeber von einer Schließung der Gehaltslücke profitieren.

Jedes Jahr wird mit dem Aktionstag Equal Pay Day auf die fortbestehenden Lohnunterschiede zwischen den Geschlechtern hingewiesen. Dieses Jahr findet er am 21. März statt – dem Tag im Jahr, bis zu dem Frauen, im Vergleich zu Männern, theoretisch nicht bezahlt werden.

In Deutschland wird der Equal Pay Day vom Verband Business and Professsional Women (BPW) initiiert. Als Hauptgründe für die unterschiedlichen Durchschnittsgehälter nennt der BPW, dass Frauen öfter niedrigere Positionen, Teilzeitbeschäftigungen oder Minijobs innehätten. Außerdem würden sie häufiger in Niedriglohnbranchen, wie zum Beispiel dem Gesundheits- oder Sozialwesen, arbeiten.

Deutschland kann von Schweden lernen

Dieselben Gründe listet der schwedische Gewerkschaftsverband LO (Landsorganisationen i Sverige) auch für die Gehaltsunterschiede in Schweden auf. Trotzdem fällt der schwedische Gender Pay Gap um einiges niedriger aus als der deutsche. Ein Blick nach Skandinavien kann deshalb durchaus lehrreich sein, meint Christel Riedel, Projektleiterin für die Aktion Equal Pay Day in Deutschland.

„In Schweden gibt es eine ganz andere Vereinbarkeitsphilosophie, die viel tiefer in der Kultur verankert ist“, erklärt sie. In Deutschland bedeute ein Kind nach wie vor einen Karriereknick. Ein Wiedereinstieg in den Beruf finde für die Frau dann oft nur in Teilzeitarbeit oder Minijobs statt. Hauptverdiener bleibe der Mann: „Diese Mutter-zum-Kind-Philosophie, die wir haben, ist eine starke Wurzel der Lohnungleichheit."

Unternehmen wollen gut ausgebildete Mitarbeiter halten

Um die Gehaltsschere zwischen Männern und Frauen zu schließen, bedürfe es einer gleichberechtigten Eingliederung von Frauen in die Arbeitswelt. Angesichts der demografischen Entwicklung und des zunehmenden Fachkräftemangels liege dies auch immer stärker im Interesse der Unternehmen. „Viele Arbeitgeber erkennen langsam, dass sie ihre gut ausgebildeten Mitarbeiter nicht verlieren wollen, nur weil sie Eltern werden“, so Christel Riedel von BPW.

Uta Lewien, Referentin für Personalmarketing beim Elektrotechnikunternehmen Weidmüller, kann das bestätigen: „Als innovatives Unternehmen sind wir permanent auf qualifizierten Nachwuchs angewiesen. Frauenquote und Entgeltgleichheit sind in diesem Zusammenhang wichtige Argumente, um auch Frauen stärker für technische Berufsfelder zu gewinnen.“

Kostenlose Analyse der Lohnstruktur

Die deutsche Bundesregierung unterstützt Unternehmen in ihrem Bestreben nach Lohngerechtigkeit zum Beispiel mit der Initiative „Lohngleichheit im Betrieb – Deutschland“ (Logib-D), einer freiwilligen und kostenlosen Analyse, mit der Unternehmen ihre Gehaltsstruktur auf geschlechtsbezogene Unterschiede hin untersuchen lassen können.

Weidmüller hat sich Ende vergangenen Jahres dazu entschlossen, an der Analyse teilzunehmen, und wurde für ein sehr gutes Ergebnis mit dem Logib-D-Zertifikat für Lohngleichheit im Betrieb ausgezeichnet. „Wir bemühen uns, unseren Mitarbeitern maßgeschneiderte Karrierewege für alle Lebensphasen anzubieten, damit sie Familie und Beruf vereinbaren können“, erklärt Uta Lewien.

Als Beleg dafür nennt sie die gute Wiedereinstiegsquote. Vergangenes Jahr konnten alle Mitarbeiter nach der Elternzeit nahtlos ins Unternehmen zurückkehren. Um den Bedarf an Betreuungsplätzen, der dadurch entsteht, zu decken, kooperiert Weidmüller mit Kindertagesstätten, organisiert Betreuungsangebote für Randstunden und eine Notfallunterbringung im Krankheitsfall. „Eine gute Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist ein wichtiger Faktor zur Stärkung unserer Position als weltweit attraktiver Arbeitgeber“, meint Uta Lewien.

Generationenwandel könnte Gehaltsunterschiede reduzieren

Die Personalreferentin blickt positiv in die Zukunft: „Spürbare Trends in der Gesellschaft, wie zum Beispiel ‚Neue Väter zwischen Kind und Karriere‘, werden Veränderungen bringen und die Entgeltlücke weiter verringern“, glaubt sie.

Auch Christel Riedel von Business and Professional Women kann feststellen, dass junge, gut ausgebildete Frauen sich oft nicht mehr auf die Hinzuverdienerrolle reduzieren lassen wollen. „Allerdings stehen wir noch am Anfang dieser Entwicklung“, sagt sie. „Ein Politiker hat die neue Elternzeitregelung nach ihrer Einführung noch als ‚Wickelvolontariat‘ bezeichnet. In Schweden hingegen ist ‚pappaledighet' ein eingeübter Begriff, den jeder kennt.“

Gründe für die Gehaltsunterschiede:

  • Teilzeitarbeit: In Deutschland arbeiten 45% der Frauen und 8,5% der Männer Teilzeit. In Schweden sind es 36% der Frauen und 13% der Männer.
  • Elternzeit: In Deutschland bleiben mehr als 90% der Mütter und nur 7% der Väter nach der Geburt ein Jahr oder länger zu Hause. In Schweden beträgt die durchschnittliche Elternzeit 15,3 Monate bei Frauen und 3,8 Monate bei Männern.
  • Führungspositionen: In schwedischen Börsenunternehmen sind 22,3% der Stühle in Leitungsgremien mit Frauen besetzt. In den Aufsichtsräten der 30 deutschen DAX-Unternehmen sind 21,9% der Mitglieder weiblich. In den Vorständen liegt der Anteil aber nur bei 7,7%.

 

Statistiken zum Gender Pay Gap: