Lehrerin Ina Tzacheva zusammen mit einigen Teilnehmern des Pilotprojekts von Scania in Oskarshamn.

Foto: Lernia

Schwedische Wirtschaft engagiert sich für Flüchtlinge

01.04.2016

Damit Flüchtlinge an ihrem neuen Wohnort schnell den Einstieg in den Arbeitsmarkt schaffen, bedarf es aktiver Integrationsarbeit. In Deutschland zeigt die Wirtschaft mit ihrer breit aufgestellten Initiative Wir zusammen, wie sich Unternehmen in dieser Frage engagieren können. Aber auch in Schweden gibt es zahlreiche Projekte, um Asylsuchenden den Weg in den ersten Job zu ebnen.

Mit der aktuellen Flüchtlingskrise stehen Schweden und Europa vor einer historischen Herausforderung. Viele Menschen aus Syrien, dem Irak, Afghanistan und anderen Ländern sind 2015 und in den Jahren davor nach Schweden gekommen. Pro Einwohner gerechnet hat das Land europaweit sogar die meisten Flüchtlinge aufgenommen.

Nun gilt es diejenigen, die hier sind, und die, die noch kommen werden, zu integrieren. Bis ein Asylbewerber den Einstieg in den lokalen Arbeitsmarkt gemeistert hat, vergehen jedoch oft Jahre. Um den Weg zum ersten Job zu verkürzen, engagieren sich nun viele schwedische Unternehmen, oft in Zusammenarbeit mit den zuständigen staatlichen Stellen, in verschiedenen Integrationsprojekten.

100 Flüchtlinge pro Unternehmen

Eine groß angelegte Initiative der Regierung ist beispielsweise der sogenannte 100-Club (100-klubben). Die schwedische Arbeitsagentur (Arbetsförmedligen) stellt besondere Unterstützung für diejenigen Unternehmen zur Verfügung, die bereit sind, in einem Zeitraum von drei Jahren mindestens 100 Flüchtlinge bei sich aufzunehmen.

Man möchte damit den Menschen, die in Schweden nach einer Perspektive suchen, die Möglichkeit geben, eine Ausbildung zu erhalten und einen Beruf auszuüben. Hierfür bieten die Unternehmen Anstellungen, Praktika oder Erstausbildungen an. Unter den teilnehmenden Firmen sind auch einige Mitglieder der Deutsch-Schwedischen Handelskammer, zum Beispiel E.ON, Volvo, Vattenfall und H&M.

Scania stellt ein

Andere Unternehmen entscheiden sich dafür, unabhängig vom 100-Club eigene Initiativen zu ergreifen. Das Geschäft von Scania beispielsweise, ebenfalls Mitglied und Premiumpartner der Deutsch-Schwedischen Handelskammer, läuft so gut, dass das Unternehmen vor Kurzem über 150 neue Mitarbeiter am südschwedischen Standort Oskarshamn einstellte. In Zusammenarbeit mit der Arbeitsagentur, dem Personaldienstleister Lernia und der Kommune Oskarshamn hat sich Scania dafür stark gemacht, dass darunter auch Flüchtlinge sind, denen man so den Zugang zum Arbeitsmarkt ermöglichen kann.

Nach dem Abschluss des Anwerbungsprozesses ermöglichte die Kommune den Asylsuchenden den schnellen Umzug nach Oskarshamn. Daraufhin erhielten die auserwählten Kandidaten eine angepasste Ausbildung, um sie auf eine Anstellung vorzubereiten. So durchliefen mehrere syrische Flüchtlinge eine intensive Berufsausbildung mit technischem Hintergrund sowie einen Schwedischkurs. Zehn der Kandidaten wurden schließlich in der Produktion weiterbeschäftigt.

Praktika für neue Talente

In eine etwas andere Richtung geht die Initiative Welcome Talent, die von dem sozialen Netzwerk Linkedin in Schweden gestartet wurde. Asylsuchende sollen hierbei mit freien Praktikumsplätzen und Jobs in Verbindung gesetzt werden. Für schwedische Unternehmen soll es gleichzeitig einfacher werden, passende Talente unter den Neuankömmlingen zu finden.

Für die Initiative arbeitet Linkedin mit der Universität Stockholm und Unternehmen wie Swedbank, Spotify, Happyr und der regionalen Handelskammer in Stockholm zusammen. Unternehmen können Ausschreibungen für Praktikumsplätze mit dem Hashtag #welcometalent versehen und dann kostenlos auf der Plattform hochladen. Bei den ausgeschriebenen Positionen darf Schwedisch als Muttersprache keine Voraussetzung sein, höchstens „gute Kenntnisse“ dürfen verlangt werden.

Henkel kooperiert mit Hilfsorganisationen

Auch der Henkel-Konzern, der sich in Deutschland unter anderem an der IntegrationsinitiativeWir zusammen beteiligt, zeigt in Schweden Engagement in der Flüchtlingskrise. Henkel Nordenhat beispielsweise eine Zusammenarbeit mit dem Schwedischen Roten Kreuz und der Stockholmer Stadtmission initiiert. Man organisiert regelmäßig Kleidersammlungen und spendet Hygieneartikel aus der eigenen Produktion.

Zudem kommt der aktuellen Situation auch Henkels MIT-Initiative (Make an Impact of Tomorrow)  zugute. Angestellte sowie Rentner, die früher einmal im Unternehmen gearbeitet haben, haben dabei die Möglichkeit, finanzielle Unterstützung für eigene soziale Projekte zu beantragen. Im letzten Jahr ging ein Teil dieser Gelder an Flüchtlingsunterkünfte, die direkt mit finanziellen Mitteln oder indirekt mit Arbeitszeit unterstützt wurden.