Freiwillige verteilen Essen am Malmöer Hauptbahnhof.

Foto: News Oresund/Flickr.com

Schweden zeigt Solidarität mit Flüchtlingen

30.09.2015

Hunderttausende Menschen sind derzeit auf der Flucht und jeden Tag kommen weitere Flüchtlinge in Europa an. Allein in Schweden werden momentan pro Tag 1.200 Asylanträge gestellt. Die humanitäre Krisensituation, in der sich Menschen aus Syrien und zahlreichen anderen Ländern befinden, bewegt nicht nur Privatpersonen, sondern auch die schwedischen Unternehmen.

Das Engagement für Flüchtlinge ist in der schwedischen Bevölkerung zurzeit sehr groß. Bei den Hilfsorganisationen laufen die Telefone warm. Laut Cecilia Naucler, Pressesprecherin der schwedischen Abteilung von Save the Children (Rädda Barnen), handelt es sich um den größten Andrang an hilfsbereiten Menschen seit der Tsunamikatastrophe im Jahr 2004. Bei einer mehrstündigen Spendengala zugunsten des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen, UNHCR, am Dienstagabend in Stockholm kamen über 40 Millionen Schwedische Kronen (4,25 Millionen Euro) zusammen. 

Bekannte Unternehmen zeigen sich solidarisch

„Die Situation ist akut und die gesamte Gesellschaft muss sich jetzt engagieren“, sagte Carl Bennet in einem Interview mit der Zeitung Svenska Dagbladet. Mit seiner Spende von 250.000 Schwedischen Kronen (ca. 26.500 Euro) war er einer der ersten bedeutenden Unternehmer, der sich in der Flüchtlingsfrage positionierte.

Bennet meint aber, dass man es nicht nur bei Geldspenden belassen dürfe, sondern die Gesellschaft müsse sich aktiv für die Integration der vielen Flüchtlinge einsetzen. Dabei schlägt er unter anderem vor, dass schwedische Unternehmen Arbeits-, Praktikums- oder Ausbildungsplätze für die Neuankömmlinge schaffen sollten. 

Mit Jacob Wallenberg meldete sich im Svenska Dagbladet auch ein Vertreter der bedeutendsten schwedischen Unternehmerfamilie zu Wort: „Niemand kann sich angesichts dieser humanitären Krise nicht betroffen fühlen”, sagte Wallenberg. In seinem Unternehmen Investor diskutiert die Geschäftsführung derzeit, welche Schritte die Firma außer ihrer Geldspende von 250.000 Kronen noch einleiten könnte, um die Situation der Flüchtlinge zu verbessern.

Matratzen und Decken von Ikea

Die Wohltätigkeitsorganisation Ikea Foundation hat seit dem Jahr 2010 rund 1,4 Milliarden Schwedische Kronen (ca. 148 Millionen Euro) an UNHCR gespendet. Damit liegt die Stiftung unangefochten an der Spitze, was Spenden an Hilfsorganisationen anbelangt. Das Unternehmen hat seit Beginn des Syrienkrieges außerdem etwa 125.000 Matratzen und Decken in verschiedene syrische Flüchtlingslager geschickt.

Die schwedischen Gewerkschaften haben ebenfalls ihre Geldbeutel geöffnet und zahlen große Summen an verschiedene Hilfsorganisationen. Die Metallgewerkschaft IF Metall und der Dachverband LO spenden beispielsweise zusammen etwa 550.000 Schwedische Kronen (ca. 58.000 Euro). Hingegen ermöglicht die Akademikerorganisation Saco eine etwas andere Form von Wohltätigkeitsarbeit. Hier dürfen die Angestellten pro Monat vier Stunden ihrer bezahlten Arbeitszeit bei einer Hilfsorganisation tätig sein.

Kreative Initiativen kleiner Unternehmen

Die Art und Weise der Wohltätigkeitsarbeit in kleineren schwedischen Unternehmen unterscheidet sich etwas von der der größeren Akteure. Als beispielsweise der Geschäftsführer der Webagentur B3IT Connexions, Jonas Elgquist, seine Angestellten informierte, dass er die geplante Firmenreise nach Rom absagen und das Geld an eine Hilfsorganisation spenden werde, erntete er eine Menge Lob in den schwedischen Medien.

Die schwedische Mode- und Einrichtungskette Indiska ermöglichte ihrerseits ihren Kunden, den Einkaufsbetrag auf eine gewünschte Summe aufzurunden und den Aufschlag so der Hilfsorganisation Radiohjälpen zu spenden. Bei der Lakrisfabriken im südschwedischen Helsingborg ging der ganze Tagesumsatz, den das Unternehmen am 11. September einfuhr, ungekürzt an drei verschiedene Hilfsorganisationen.

„Zusammen sind wir stark”

Im westschwedischen Borås haben sich unterdessen 19 verschiedene Unternehmen unter dem Motto „Zusammen sind wir stark” zusammengefunden und die sogenannte Borås-Initiative ins Leben gerufen. Dabei haben die Unternehmen zusammen mit der lokalen Tageszeitung ein Spendenkonto eröffnet, auf das jedermann bis zum 16. September eine frei wählbare Summe einzahlen konnte. Bereits bei der Gründung hatten die Unternehmen als Grundsumme 1,9 Millionen Schwedische Kronen (ca. 200.000 Euro) eingezahlt. Mit ihrer Aktion wollen sie solidarisch ein Zeichen für die Integration von Flüchtlingen setzen. Schlussendlich konnten sie etwa 2,7 Millionen Kronen (ca. 280.000 Euro) an UNHCR überweisen.

Auch Lundalogik, Software-Lieferant und Mitgliedsunternehmen der Deutsch-Schwedischen Handelskammer, hatte sich zur Unterstützung von Flüchtlingen eine eigene Initiative ausgedacht. Kunden konnten für einen Abend Support-Aufträge einreichen und selbst entscheiden, was sie für die Lösung ihrer Probleme zahlen wollten. Lundalogik-Mitarbeiter arbeiteten während dieser Zeit ehrenamtlich und die so erzielten Einnahmen gingen an ebenfalls UNHCR. Auf diese Weise kamen immerhin 120.000 Kronen zusammen, was etwa 13.000 Euro entspricht.

Steigender Export und Wachstum

Laut einer Studie der Delegation für Migrationsstudien, einer von der schwedischen Regierung beauftragten unabhängigen Forschungskommission, wird die schwedische Wirtschaft langfristig von der hohen Einwanderung profitieren. Laut den Autoren Andreas Hatzigeorgiou och Magnus Lodefalk führt die Migration primär zu einer verstärkten Internationalisierung der Bevölkerung. Dies dürfte wiederum einen positiven Effekt auf den schwedischen Export- und Arbeitsmarkt haben und dadurch der schwedischen Wirtschaft zu zusätzlichem Wachstum verhelfen.

Laut dem Branchenverband der schwedischen Lebensmittelindustrie, kurz Li, ist bereits jetzt jeder fünfte Angestellte in der Lebensmittelindustrie im Ausland geboren. Außerdem werde jedes fünfte Start-Up-Unternehmen von einer Person mit Migrationshintergrund gegründet. Der Branchenverband ist der Überzeugung, dass Faktoren wie Vielfalt und vor allem Offenheit unerlässlich sind für ein weiteres Wachstum der schwedischen Wirtschaft. Die Möglichkeit, freien Handel zu betreiben und dabei auch Arbeitskräfte aus anderen Ländern anzuwerben, sei für die Zukunft Schwedens von großer Bedeutung.

Jedoch bestehen natürlich auch Herausforderungen, was die Integration der Migranten in den Arbeitsmarkt angeht. Laut Almi Väst, einer Organisation, die unter anderem Unternehmer mit Migrationshintergrund berät, waren viele der ankommenden Flüchtlinge vor dem Verlassen ihrer Heimat selbstständige Unternehmer. Jedoch müssten sie sich nun zunächst mit der schwedischen Kultur und Sprache sowie mit den hier geltenden Regeln und Gesetzen vertraut machen. „Man muss die Motivation der Migranten bewahren, denn eine Arbeit kann oft der einzige Weg zur Integration in die Gesellschaft sein”, sagt Sara Wallin, Geschäftsführerin von Almi Väst in der Zeitung Borås Tidning.

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Malin Johansson

Leiterin Corporate Communication

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