Drei Personen sitzen auf einer Couch und essen Chips

Foto: Orkla Confectionery & Snacks Sverige

Raus aus dem Anzug, rein ins Wochenende

04.11.2016

Langsam aber sicher lässt sich der bevorstehende Winter in Schweden nicht mehr wegleugnen. Mit Einbruch der kalten und dunklen Jahreszeit gehen die Schweden einem bestimmten Ritual wieder besonders gerne nach: „Fredagsmys“. Doch was verbirgt sich eigentlich dahinter?

Versucht man den Begriff wortwörtlich ins Deutsche zu übersetzen, kommt man auf eine Zusammensetzung der Wörter fredag (= Freitag) und mysa, was so viel bedeutet wie „es sich gemütlich machen“.

Wenn in Schweden von Fredagsmys die Rede ist, dann ist damit der gemütliche Wochenausklang im Familien- und Freundeskreis gemeint. 1994 wurde der Begriff zum ersten Mal in einer Göteborger Zeitung erwähnt. Richtig populär wurde das Konzept dann etwa ab der Jahrtausendwende.

Übergang vom Arbeitsalltag zum Wochenende

In vielen schwedischen Haushalten hat es sich seitdem eingebürgert, dass man den Freitagabend gemeinsam zu Hause verbringt. Termine, Einladungen und anderweitige Verpflichtungen werden abgesagt bzw. gar nicht erst angenommen.

Stattdessen machen es sich alle auf dem Sofa bequem und sehen sich zusammen ihr Lieblingsprogramm im Fernsehen oder einen guten Film an. Auf diese Weise wird mit der Arbeitswoche abgeschlossen und eine neue Phase, das Wochenende, eingeleitet.

Das macht insofern Sinn, als dass der Mensch dazu neigt, seine Zeit in Abschnitte einzuteilen, die markieren, wann etwas aufhört oder beginnt, weiß Charlotte Hagström. Die Dozentin für Ethnologie an der Universität Lund hat sich dem Thema aus wissenschaftlicher Sicht angenommen. „Wenn unser Alltag immer gleich wäre, würden wir das nicht aushalten. Es braucht Strukturen, die eine Trennung von Arbeitszeit und Freizeit zulassen.“

Fingerfood und Chips gehören dazu

Zu jedem richtigen Fredagsmys gehört auch, dass man zusammen etwas isst, das allen schmeckt. Besonders beliebt sind einfache Gerichte wie Pizza oder Tacos, die keinen großen Aufwand erfordern. Erwachsene trinken gerne ein Glas Wein, für die Kinder gibt es Limonade.

Für gewöhnlich werden auch jede Menge Süßigkeiten und Snacks gegessen, Chips sind ein Dauerbrenner. Die steigenden Verkaufszahlen zum Wochenende hin sprechen für sich: „70 Prozent der Snacks werden an Freitagen und Samstagen gekauft“, berichtet Stina Petrini von Orkla Confectionery & Snacks Sverige AB.

Die Chipsmarke OLW des Unternehmens ist in Schweden bekannt für ihre Fredagsmys-Werbung. „2009 waren wir auf der Suche nach einem Begriff, der auf einfache Weise das positive Gefühl von Gemeinschaft, Geborgenheit und Entspannung beschreiben konnte“, erklärt Stina Petrini. „Das Wort dafür wurde Fredagsmys. Zusammen mit der Werbeagentur Åkestam Holst entwickelten wir daraus ein Konzept.“

Moderne Tradition mit vielen Formen

Zusammen mit Menschen, die man gern hat, eingekuschelt auf dem Sofa vor dem Fernseher in Kombination mit ungesundem Essen vom Arbeitsalltag abschalten – so, oder so ähnlich würden die meisten Schweden ein gelungenes Fredagsmys vermutlich beschreiben. Auch Stina Petrini verbringt ihren Freitagabend gerne mit Familie und Freunden. Sie essen Fingerfood, sehen sich einen Film an und naschen dabei ihre Lieblingschips.

„Doch nicht alle verbringen den Abend auf dieselbe Art und Weise“, merkt Charlotte Hagström an. So braucht es nicht immer die unmittelbare Gesellschaft der Familie. Ein Fredagsmys über Skype mag für den einen oder anderen genauso gut funktionieren. „Es gibt kein richtiges oder falsches Fredagsmys“, betont die Wissenschaftlerin.

Sie selbst verbringt den Freitagabend am liebsten auf dem Sofa mit ihrem Mann und ihrem Hund bei einem Glas Wein und einem Film, Buch oder Computerspiel. Möglichst nichts soll an die Arbeit erinnern.

Kulturelle Besonderheit

Dass es keine wirklich gute Übersetzung für Fredagsmys im Deutschen gibt, könnte auch daran liegen, dass es in der deutschen Kultur keine vergleichbare Tradition gibt.

Stina Petrini ist dennoch der Meinung, dass es sich dabei keineswegs um ein spezifisch schwedisches Phänomen handelt: „Ich glaube nicht, dass Fredagsmys etwas ist, was wir nur in Schweden machen. Ihr nennt es einfach nur nicht so.“