Prof. Hubert Fromlet kommentiert für die Deutsch-Schwedische Handelskammer

Platzt Schwedens Immobilienblase?

18.10.2017

Der schwedische Markt für Wohnimmobilien läuft schon seit etlichen Jahren auf Hochtouren – unterstützt von der guten Konjunktur, der deutlich verbesserten Entwicklung am Arbeitsmarkt, äußerst niedrigen Zinsen sowie einer extremen Angebotslücke an einigermaßen erschwinglichen Wohnungen und Häusern. Zunächst machten sich die Angebotsengpässe in erster Linie in den Groß- und Universitätsstädten bemerkbar, später dann auch landesweit.

Schon seit mehreren Jahren wird unter Experten lautstark diskutiert, wie dem Preisboom Einhalt geboten werden könnte. Die schwedische Notenbank (Sveriges Riksbank) sieht sich hierfür kaum in der Pflicht und verweist seit längerer Zeit auf dementsprechende Verpflichtungen der Politik und der Finanzaufsichtsbehörde (Finansinspektionen). Als Notenbank sei man primär für das Erreichen des 2-prozentigen Inflationsziels verantwortlich – das heißt unter den ökonomischen Voraussetzungen der letzten Jahre nur sekundär oder überhaupt nicht für eine an Konjunktur und Immobilienpreise angepasste Zinspolitik.

Den relativ bescheidenen Preiseindämmungsmaßnahmen war bis Ende des Spätsommers nur wenig Erfolg beschieden, unter anderem wegen der nach wie vor dominierenden Niedrigzinspolitik der Zentralbank und auch der anhaltend positiven Konjunkturmeldungen. In der Stockholmer Innenstadt wurden teilweise Quadratmeterpreise von über 100 000 Kronen erzielt. Die vor einiger Zeit eingeführten Mindestbareinlagen für Immobilienkredite (15 Prozent) konnten dem Preisboom nicht entgegentreten.

Umschwung nach der Sommerpause

Dennoch veränderte sich die Stimmung an Schwedens Immobilienmärkten kurz nach der Sommerpause, rein praktisch ausgedrückt in längerer Verweildauer bei neu angebotenen Verkaufsobjekten. Hinzu kommt eine zuletzt allgemein gestiegene Verunsicherung wegen möglicher staatlicher Interventionen wie einem verschärften Amortisationszwang für Immobilienkredite und einer Reduzierung der steuerlich absetzbaren Schuldzinsen, aber auch wegen der geopolitischen Spannungen und den immer deutlicheren Warnungen bekannter Analysten.

Die große Frage ist nun, ob die etwas gedämpfte Stimmung an vielen lokalen schwedischen Immobilienmärkten vorübergehender Natur ist. Oder erleben wir zurzeit den Beginn einer gemächlichen oder scharfen Rückbildung der offensichtlich vorhandenen Immobilienblase?

Preissturz würde Konjunktur dämpfen

Eine eindeutige Antwort hierauf ist derzeit nicht möglich. Eines ist jedoch sicher: Falls es zu einem dramatischen Absturz der Immobilienpreise kommen sollte, würde das auch den Konjunkturaufschwung stark beeinträchtigen.

In der Forschung nennt man dieses Phänomen negative Vermögenseffekte (negative wealth effects); das heißt, dass sich Haus- und Wohnungsbesitzer bei stark sinkenden Immobilienpreisen ärmer fühlen, auch wenn sie gar keine eigenen Verkaufspläne hegen. Ein derartiger Effekt kann zu Zurückhaltung beim Kauf von Konsumgütern führen und somit der gesamten Volkswirtschaft deutlich schaden.

Zu solch schlimmen Konsequenzen muss es aber beileibe nicht kommen. Doch soll mit dieser Analyse nahegelegt werden, den schwedischen Immobilienmarkt gut im Visier zu behalten – auch wenn man selbst nicht im Immobilienbereich tätig ist.

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Hubert Fromlet

Affiliierter Professor an der schwedischen Linné-Universität und Senior Advisor der Deutsch-Schwedischen Handelskammer

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