Mit 5G nimmt die Digitalisierung Fahrt auf
30.08.2017
Autonomes Fahren, vollautomatisierte Produktion, komplizierte Eingriffe via Telemedizin – die Verwirklichung dieser Zukunftsvisionen rückt Stück für Stück näher. Eine Grundvoraussetzung dafür ist jedoch eine schnelle, zuverlässige sowie immer und überall verfügbare Internetverbindung. Der neue Mobilfunkstandard 5G soll dies möglich machen und beim schwedischen IT-Konzern Ericsson ist man führend in der Entwicklung.
Die Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft ist in vollem Gange und von vielem, was noch vor wenigen Jahren als Science-Fiction angesehen wurde, sind wir inzwischen nicht mehr allzu weit entfernt. Bereits heute lässt sich alles von Haushaltsgeräten über Heizungen bis zu großen Industriemaschinen fernsteuern, man kann seinen eigenen Gesundheitszustand oder diverse Umweltfaktoren rund um die Uhr überwachen und in komplexe virtuelle Welten eintauchen. Und die Entwicklung immer neuer digitaler Produkte und Dienste geht in hohem Tempo weiter.
Für die meisten Innovationen ist eine gute und zuverlässige Internetverbindung entscheidend, damit sie korrekt funktionieren können. Das Mobilfunknetz der Zukunft wird diese Anforderung erfüllen und damit die Möglichkeiten, was alles machbar ist, weiter vergrößern. „Mit 5G wird eine ganze Menge neuer Geschäftsmöglichkeiten für Unternehmen entstehen“, so Monika Byléhn, 5G-Marketingchefin bei Ericsson.
Geschäftschancen in zahlreichen Bereichen
Der Telekommunikationsriese Ericsson sieht großes Potenzial beispielsweise im Gesundheitswesen: Patienten werden Sensoren am Körper tragen und damit verschiedene Körperfunktionen in Echtzeit überwachen können, was die Selbstkontrolle deutlich vereinfachen und verbessern dürfte. Ärzte erhalten Zugang zu deutlich detaillierteren Informationen über ihre Patienten und können so zielgerichteter Diagnosen stellen sowie Therapien überwachen. Und mit der Technik der Zukunft wird sogar Tele-Roboterchirurgie möglich werden, bei der sich der behandelnde Arzt nicht mehr im gleichen Raum wie der Patient befinden muss – eine potenziell lebensrettende Innovation beispielsweise für Menschen in dünnbesiedelten Regionen, die weit vom nächsten Fachkrankenhaus entfernt wohnen.
Darüber hinaus gibt es zahlreiche weitere Bereiche, in denen der Umstieg auf 5G – was für die fünfte Generation der Mobilfunknetze steht, die nach dem heutigen 4G-Standard eingeführt werden soll – bisher Unmögliches möglich machen wird. Damit ein Verkehrssystem mit selbstfahrenden Fahrzeugen funktionieren kann, ist beispielsweise eine Vielzahl von Sensoren in Infrastruktur und Autos notwendig – Sensoren, die ständig mit dem Internet verbunden sein müssen, ohne allzu viel Energie zu verbrauchen. Das Gleiche gilt für die vollautomatisierten Fabriken, Bergwerke, Häfen, Lager usw. der Industrie 4.0. Und natürlich wird sich auch die Art und Weise, wie Privatpersonen miteinander kommunizieren und das Internet nutzen, mit den Möglichkeiten, die die neue Technik bietet, weiterentwickeln.
An die Industrie angepasst
„Das Design der bisherigen Mobilfunknetzgenerationen wurde vor allem auf die Bedürfnisse von Privatpersonen ausgerichtet. Diesen wird 5G ebenfalls Rechnung tragen, aber nun designen wir das Netz auch zu großen Teilen für die Industrie und die übrige Wirtschaft. Das stellt völlig neue Anforderungen an die Architektur“, erklärt Jan Häglund, Technikchef für Ericssons Produkte für das Verbindungsnetz.
Zu den neuen Anforderungen, die 5G erfüllen können soll, gehört unter anderem, dass die Zahl der mit dem Netz verbundenen Einheiten aller Voraussicht nach exponentiell zunehmen wird. Das Datenvolumen, welches diese Geräte versenden und empfangen werden, wird wiederum stark variieren – von den extrem kleinen Informationseinheiten einzelner Sensoren bis hin zu großen Datenmengen für Videostreams oder Virtual Reality. Die allgemeine Verfügbarkeit des Netzes wird zunehmen müssen und einige der künftigen Anwendungsbereiche werden sehr kurze Antwortzeiten und eine hohe Zuverlässigkeit erfordern. Außerdem will man erreichen, dass der Energieverbrauch und gerne auch die Nutzungskosten für den Endnutzer weiter sinken.
Effektivere Ressourcennutzung
„5G wird deutlich energieeffektiver arbeiten als alle bisherigen Mobilfunkgenerationen. Zum Beispiel hat ein Mobilfunkmast bisher alle Informationen stets über sein gesamtes Abdeckungsgebiet hinweg verbreitet. Dabei wird ziemlich viel Energie verbraucht, die inneffektiv über ein großes Gebiet verteilt wird. Mit der 5G-Technik können wir die Energie künftig stattdessen auf dünne Strahlen konzentrieren und diese direkt auf jene Geräte im Abdeckungsgebiet richten, die die jeweiligen Informationen auch tatsächlich empfangen sollen. Das wird sehr viel Energie sparen und dazu führen, dass die vorhandenen Ressourcen effektiver genutzt werden können“, erklärt Joakim Sorelius, Chef im Bereich 5G-Architektur bei Ericsson.
Was die Möglichkeiten angeht, die Geschwindigkeit der Datenübertragung zu erhöhen und die Antwortzeiten im Netz zu reduzieren, dringt man inzwischen in Bereiche vor, wo der Abstand zum Datencenter, das die jeweiligen Informationen verarbeiten soll, immer wichtiger wird. Für manche der künftigen Anwendungsbereiche wird es deshalb vonnöten sein, dass die Netzinfrastruktur näher an den Standort des Nutzers verlagert wird. Laut Ericsson kann dieses Problem dadurch gelöst werden, dass man künftig verschiedene „logische Netze“ für verschiedene Anwendungsbereiche aufbaut, welche sich die Datencenterkapazität, die in der Nähe des Endnutzers verfügbar ist, teilen. Anstatt mithilfe von maßangefertigter Hardware können die Netze der Zukunft über Software gesteuert werden.
Zusammenarbeit über Branchengrenzen hinweg
Bereits heute gibt es zahlreiche Projekte und Kooperationen, im Rahmen derer man die neue Technik weiterentwickelt, testet und feinjustiert. Ericsson hat zum Beispiel zusammen mit Audi, BMW, Daimler und den IT-Unternehmen Huawei, Intel, Nokia und Qualcomm die „5G Automotive Association“ gegründet. Ziel dieser Zusammenarbeit ist es, Lösungen für die vernetzte Mobilität der Zukunft zu entwickeln und zu testen und damit zu einem intelligenteren und sichereren Verkehrssystem beizutragen.
Im Rahmen eines weiteren Kooperationsprojekts, unter anderem mit BMW, der Deutschen Bahn und sämtlichen deutschen Mobilfunknetzbetreibern, erforscht man in der Praxis auf einem Abschnitt der A9 in Bayern und der parallel dazu verlaufenden Hochgeschwindigkeitsstrecke der Bahn, wie 5G im Auto- und Zugverkehr der Zukunft von Nutzen sein kann. In Schweden hat Ericsson unter anderem ein Pilotprojekt mit Volvo, ABB, dem Bergbauunternehmen Boliden und dem Forschungsinstitut SICS Swedish ICT ins Leben gerufen. Mithilfe von 5G-Technik soll hier sowohl die Produktivität als auch die Sicherheit in Bergwerken erhöht werden. Und zusammen mit dem Mobilfunknetzbetreiber Telia will man ein erstes 5G-Netz in Stockholm aufbauen, das bereits im nächsten Jahr für Kunden zur Verfügung stehen soll.
Entscheidung über Standards 2018
Wichtig für alle Beteiligten ist nun, dass sich die Technik- und Telekommunikationsunternehmen der Welt auf technische Standards für 5G einigen, damit das neue Netz in einigen Jahren den kommerziellen Betrieb aufnehmen kann. Noch laufen die Verhandlungen.
„Nach dem aktuellen Zeitplan sollen die künftigen Standards etwa Mitte nächsten Jahres beschlossen sein. Wenn diese einmal festgelegt sind, können wir und alle anderen damit beginnen, konkrete Produkte herzustellen, die 5G nutzen können. Es wird allerdings eine Weile dauern, die gesamte Hardware, alle Chips, Mobiltelefone und die zugehörige Software fertig zu entwickeln und zu produzieren. Deshalb würde ich schätzen, dass 5G für den Endanwender erst ab 2019/20 Wirklichkeit wird. Als erstes wird es sicher Smartphones und Tablets geben, die mit den neuen Standards funktionieren, aber kurz darauf werden wir auch schon Lösungen für verschiedene industrielle Funktionen sehen“, meint Joakim Sorelius.
Enormes Potenzial für Betreiber
Für die Mobilfunknetzbetreiber bedeutet 5G zunächst einmal, dass man große Investitionen in neue Infrastruktur wird tätigen müssen. Diese Investitionen werden sich jedoch voraussichtlich innerhalb relativ kurzer Zeit bezahlt machen, da die Technik so viele neue Anwendungsbereiche und damit Einnahmequellen erschließt.
„Wir hier bei Ericsson haben vor Kurzem untersucht, was 5G eigentlich finanziell bedeuten kann. Nach unseren Studienergebnissen beträgt das Potenzial für zusätzliche Umsätze der Mobilfunknetzbetreiber im Jahr 2026 weltweit insgesamt 582 Milliarden Dollar. Allein hier in Schweden sehen wir ein Potenzial in Höhe von 4,8 Milliarden Dollar 2026. Verglichen mit den heutigen Umsätzen wäre das eine Steigerung um 57 Prozent. Die Möglichkeiten, die sich bieten, sind also enorm“, schließt Monika Byléhn ab.