Panelen på Tysk-Svenska Handelskammarens seminarium i Almedalen 2018
Dr. Holger Bingmann beim Seminar der Deutsch-Schwedischen Handelskammer während der Almedalen-Woche 2018

Dr. Holger Bingmann, BGA-Präsident.

Holger Bingmann och Ulf Wickbom på Tysk-Svenska Handelskammarens seminarium i Almedalen 2018
Annika Winsth beim Seminar der Deutsch-Schwedischen Handelskammer während der Almedalen-Woche 2018

Annika Winsth, Chefvolkswirtin Nordea.

Johan Svenningsson beim Seminar der Deutsch-Schwedischen Handelskammer während der Almedalen-Woche 2018

Johan Svenningsson, Geschäftsführer Uniper Schweden.

Staffan Bohman beim Seminar der Deutsch-Schwedischen Handelskammer während der Almedalen-Woche 2018

Staffan Bohman, Präsident Deutsch-Schwedische Handelskammer.

Podiumsteilnehmer und Zuhörer beim Seminar der Deutsch-Schwedischen Handelskammer während der Almedalen-Woche 2018

Das Seminar im Zelt von Volkswagen war gut besucht.

Ulf Wickbom beim Seminar der Deutsch-Schwedischen Handelskammer während der Almedalen-Woche 2018

Ulf Wickbom, Moderator.

Ralph-Georg Tischer beim Seminar der Deutsch-Schwedischen Handelskammer während der Almedalen-Woche 2018

Ralph-Georg Tischer, Geschäftsführer der Handelskammer, hieß alle Teilnehmer willkommen.

Teilnehmer im Regen beim Seminar der Deutsch-Schwedischen Handelskammer während der Almedalen-Woche 2018

Die Besucher kamen trotz des leichten Regens, der über Visby hereingezogen war.

Gäste im Gespräch beim Get-Together der Deutsch-Schwedischen Handelskammer während der Almedalen-Woche 2018

Nach dem Seminar fand das traditionelle deutsch-schwedische Get-Together statt.

Gäster i samtal på Tysk-Svenska Handelskammarens mingel i Almedalen 2018
Gäster i samtal på Tysk-Svenska Handelskammarens mingel i Almedalen 2018
Gäster i samtal på Tysk-Svenska Handelskammarens mingel i Almedalen 2018
Buffet beim Get-Together der Deutsch-Schwedischen Handelskammer während der Almedalen-Woche 2018

Partner waren Hannover Messe, SAP, Siemens, Volkswagen, Uniper und Deutsche Botschaft.

Deutsch-schwedisches Panel in Almedalen: Wir brauchen mehr Europa

06.07.2018

Internationale Handelskonflikte, Regierungskrise in Deutschland, der kommende Brexit – all diese Faktoren verunsichern und bremsen aktuell die Wirtschaft. Um das Wachstum wieder anzukurbeln, gilt es nun, mehr auf europäische Lösungen und neue Abkommen mit Partnern, die auch wirklich zusammenarbeiten wollen, zu setzen. Dies erklärte BGA-Präsident Dr. Holger Bingmann auf dem Almedalen-Seminar der Deutsch-Schwedischen Handelskammer vergangenen Montag.

„Was wir in den letzten Monaten erlebt haben – dass die USA unter Donald Trump aus dem Pariser Abkommen zum Klimaschutz und dem Iranabkommen ausgestiegen sind, Strafzölle eingeführt haben und so weiter – das hat die Weltpolitik in erheblichem Maße verändert. Keine dieser Entscheidungen basiert auf volkswirtschaftlichen Erkenntnissen, sondern hier handelt es sich um eine Attacke, die von Emotionen getrieben ist. Die Unsicherheit, die diese Politik verbreitet, hemmt die Wirtschaft und vor allem kleine und mittelgroße Unternehmen. Die Unternehmer verlieren das Vertrauen in die konjunkturelle Entwicklung und wissen nicht so recht, in welche Richtung sie gehen und was sie tun sollen“, sagte Dr. Holger Bingmann.

Der Präsident des deutschen Bundesverbands Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen war Gastredner des wirtschaftspolitischen Seminars, das die Deutsch-Schwedische Handelskammer am 2. Juli im Rahmen der alljährlichen Almedalen-Woche in Visby auf Gotland veranstaltete. In seinem einleitenden Vortrag brachte er seine Sorge über die Auswirkungen von Trumps America-first-Politik für die Weltwirtschaft zum Ausdruck und zeigte sich gleichzeitig skeptisch, dass diese tatsächlich den vom US-Präsidenten gewünschten Effekt haben wird:

„Sollen wir in Europa wirklich zu unseren Unternehmen gehen und diese bitten, schlechtere Produkte herzustellen? Und glauben Sie echt, dass wir auf der 5th Avenue in New York weniger europäische Autos sehen werden, wenn diese 10 Prozent mehr kosten?“

Dennoch werde Trump aller Wahrscheinlichkeit nach an seinem eingeschlagenen Kurs festhalten, prophezeite Bingman und erntete bei dieser Einschätzung Zustimmung von den übrigen Teilnehmern der sich an seinen Vortrag anschließenden deutsch-schwedischen Podiumsdiskussion.

Sorgen um die deutsche Politik

Die USA sind jedoch nicht der einzige Risikofaktor, der dem Panel derzeit die Sorgenfalten auf die Stirn treibt. Auch die politische Situation in Deutschland – mit zuerst extrem langwierigen Koalitionsverhandlungen und zuletzt einem mehrere Wochen andauernden Streit zwischen den Unionsparteien – wurde in der Diskussion aufgegriffen.

„Der aktuelle Machtkampf zwischen CDU und CSU gehört zum Schlimmsten, was Deutschland derzeit passieren konnte. Das wird das Vertrauen in unser politisches System schwächen. Zuvor hatten wir bereits sechs Monate Stillstand, als man über die neue Regierungskoalition verhandelt hat. Macron hat vergangenes Jahr eine großartige Rede über die Zukunft Europas gehalten, aber Deutschland konnte nicht darauf reagieren, weil es keine beschlussfähige Regierung gab. Wir haben viel Zeit verloren, als Europa uns gebraucht hätte, und der Konflikt zwischen den Koalitionsparteien schwächt uns erneut. Wir können uns keine weiteren Schwächen leisten“, erklärte Dr. Holger Bingmann.

Bingmann betonte, dass er weiterhin der Meinung sei, dass Angela Merkel die richtige Person ist, um die Probleme zu lösen und Deutschland voranzubringen. Zusammen mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron bilde sie ein „fantastisches“ Duo, das viel für Europa erreichen könne. Notwendig sei jetzt vor allem, dass man sich aktiv für das europäische Projekt einsetze.

„Wir brauchen Europa. Es wird schwierig und teuer werden, der Europäischen Union neues Leben einzuhauchen, aber die Kosten hierfür werden viel niedriger sein, als wenn wir auf uns alleine gestellt wären. Wir können uns den Luxus nicht leisten, auf den Luxus zu verzichten, den uns die EU ermöglicht! Bisher mussten wir nie wirklich für Europa kämpfen und all die guten Dinge verteidigen, die mit der Zusammenarbeit auf europäischer Ebene verbunden sind, aber das sollten wir absolut tun“, sagte Dr. Holger Bingmann.

Mehr EU, trotz aller Mängel

Die übrigen Diskussionsteilnehmer stimmten Bingmann darin zu, dass es nun gelte, für die EU zu kämpfen und mehr auf die Zusammenarbeit auf europäischer Ebene zu setzen – auch wenn diese aktuell nicht gerade perfekt funktioniert.

„Die EU bringt definitiv mehr Vorteile mit sich, als dass sie ein Problem darstellt – trotz zahlreicher fundamentaler Mängel. Es wurde jetzt mehrere Jahrzehnte lang in das europäische Projekt investiert und es ist absolut so, dass nicht alle dieser ‚Investitionen‘ von Erfolg gekrönt waren. Die EU muss sich künftig aus bestimmten Bereichen zurückziehen und wir müssen etwas gegen das Demokratiedefizit tun. Aber die Meinungsumfragen zeigen, dass mehr und mehr Menschen in Europa für die EU sind und den Nutzen der Zusammenarbeit erkennen – auch in Schweden. Daher verstehe ich nicht, warum die Schwedendemokraten im aktuellen Wahlkampf angekündigt haben, dass sie eine Volksabstimmung über die schwedische EU-Mitgliedschaft abhalten wollen. Das Ergebnis steht doch bereits fest: Der EU gehört die Zukunft“, erklärte Staffan Bohman, Vorsitzender des Aufsichtsrats von unter anderem Electrolux und Höganäs sowie Präsident der Deutsch-Schwedischen Handelskammer.

Außer einem verstärkten Fokus auf Europa sind neue und intensivierte Kooperationen mit Ländern und Regionen, die wirklich mit uns zusammenarbeiten wollen, eine weitere Antwort auf den Protektionismus, der sich aktuell in der Welt ausbreitet. Dr. Holger Bingmann nannte unter anderem Saudi-Arabien, Südamerika, Japan und Australien als mögliche neue Partner, die Interesse an Handelsabkommen mit der EU bekundet hätten.

Großes Potential in der Nachbarschaft

Er rief jedoch auch dazu auf, nicht die eigenen Nachbarländer zu vergessen – Länder, die als Investitionsziel vielleicht nicht immer besonders „sexy“ gewesen seien, in denen es aber weiterhin eine ganze Menge ungenutztes Potenzial gebe. Johan Svenningsson, Schweden-Chef des Energiekonzerns Uniper, nahm diesen Gedanken auf und unterstrich, dass ein verstärkter Austausch zwischen Schweden und Deutschland viele Möglichkeiten für die Wirtschaft biete:

„Wir müssen die enge deutsch-schwedische Zusammenarbeit im Industriebereich fortsetzen. Das German Swedish Tech Forum ist eine sehr gute Plattform, wo sich unsere Länder treffen und voneinander lernen können. Es gibt zahlreiche Kooperationen, die wir weiterentwickeln und von denen beide Seiten profitieren können. Was die Elektrifizierung des Transportbereichs oder die Digitalisierung der Industrie angeht, werden zwischen den Ländern bereits jetzt viele interessante Gespräche geführt. Darüber hinaus sind wir der Ansicht, dass auch das Energiesystem ein Bereich ist, in dem wir stärker zusammenarbeiten könnten. Schweden könnte zum Beispiel noch mehr Strom aus nicht-fossilen Quellen exportieren und Deutschland und anderen Ländern in Mitteleuropa so ermöglichen, aus der Kohle auszusteigen.“

Auch Staffan Bohman war der Meinung, dass schwedische Unternehmen generell gute Chancen hätten, in Deutschland weiter zu wachsen. Es sei jedoch notwendig, dass mehr Schweden Deutsch lernen. Hierbei kann die Deutsch-Schwedische Handelskammer weiterhelfen, unter anderem durch die kürzlich ins Leben gerufene Initiative Deutsch – Ditt val! in Zusammenarbeit mit der Deutschen Botschaft Stockholm sowie durch andere, von der Kammer verwaltete Sprach- und Talentstipendien.

Bildung und Austausch für die Zukunft

Überhaupt sei Bildung der Schlüssel für die Bewältigung der in der Zukunft bevorstehenden Herausforderungen. Dies betonte Annika Winsth, Chefvolkswirtin der nordeuropäischen Großbank Nordea, die zum Ausdruck brachte, dass Deutschland und Schweden viel voneinander lernen könnten.

„Wir brauchen mehr breit aufgestellte Bildung, die uns auf die Zukunft vorbereitet. Viele Leute haben heute Angst vor Robotern oder Menschen aus anderen Ländern. Bildung ist die beste Medizin gegen diese Angst. Und wenn wir uns die Ergebnisse von Bildungsvergleichen anschauen, liegt Deutschland inzwischen vor Schweden, sowohl was schulische als auch Hochschulbildung angeht. Wir sollten also von Deutschland lernen – auch in Sachen Integration. In Deutschland lernt man die Sprache auf dem Arbeitsmarkt, in Schweden muss man sie lernen, bevor man anfangen kann zu arbeiten. Das ist einfach nur dumm. Auf der anderen Seite sind wir in Schweden im Dienstleistungssektor besser aufgestellt. Da können sich die Deutschen einiges von uns abschauen“, erklärte sie.

Die Podiumsteilnehmer waren sich darin einig, dass es schlussendlich nicht die Politiker sein werden, die für die Integration von Flüchtlingen sorgen werden, sondern die Unternehmen. Als Antwort auf die abschließende Frage von Moderator Ulf Wickbom, um welche Themen es wohl bei einer ähnlichen Runde in fünf Jahren gehen würde, brachte Annika Winsth die Hoffnung zum Ausdruck, dass wir über Migration und Integration dann nicht mehr als Probleme sprechen werden und dass bis dahin zahlreiche geschätzte Unternehmer und Mitarbeiter in unsere alternden Gesellschaften in Europa eingewandert sein werden. Und Dr. Holger Bingmann schloss die Diskussionsrunde mit dem Wunsch nach einem – trotz aller internationalen Konflikte – verstärkten Wissensaustausch auf Unternehmensebene ab.

„Ich hoffe, dass wir in fünf Jahren gelernt haben werden, voneinander zu lernen. Wir sollten uns von Unternehmen wie Amazon und Alibaba inspirieren lassen, anstatt Angst vor ihnen zu haben. Wenn Konkurrenten besser sind als wir selbst, sollten wir Lehren daraus ziehen. Für neue und bessere Lösungen sollte man immer offen sein.“

 

Partner der Veranstaltungen der Deutsch-Schwedischen Handelskammer während der Almedalen-Woche 2018 waren SAP, Siemens, Volkswagen, Uniper, die Deutsche Botschaft Stockholm sowie die Hannover Messe, bei der Schweden 2019 Partnerland sein wird.