Andreas Renschler auf dem Podium bei Deutschland im Dialog

Andreas Renschler war Gastredner bei Deutschland im Dialog im Anschluss an die Jahrestagung der Deutsch-Schwedischen Handelskammer.

Andreas Renschler vor dem voll besetzten Hörsaal im Stockholmer Filminstitut

Volles Haus beim Seminar im Stockholmer Filminstitut.

Andreas Renschler, Lena Erixon, Henrik Henriksson und Torbjörn Lindahl

v.l.: Andreas Renschler, Lena Erixon, Henrik Henriksson und Torbjörn Lindahl.

Andreas Renschler, Lena Erixon und Henrik Henriksson

Henrik Henriksson fordert ein gerechteres Regelwerk für die verschiedenen Kraftstoffe.

Forschung und Zukunftsinvestitionen sind entscheidend für das Erreichen der Klimaziele, sagte Lena Erixon.

Ulf Wickbom leitete die Podiumsdiskussion kompetent und humorvoll.

Staffan Bohman auf dem Podium bei Deutschland im Dialog

Staffan Bohman, neu gewählter Kammerpräsident, begrüßte die Teilnehmer.

Colin Stewart von Vattenfall auf den Zuschauerrängen der Jahrestagung

Während der gesamten Veranstaltung herrschte gute Stimmung. Hier Colin Stewart, Vattenfall.

Monica Lindstedt, Staffan Bohman und Anna Storm

Monica Lindstedt (li.) und Anna Storm wurden zusammen mit Staffan Bohman neu in den Vorstand gewählt.

Olof Persson, Ralph-Georg Tischer und Hans-Theodor Kutsch

v.l.: Olof Persson, bisheriger Präsident der Deutsch-Schwedischen Handelskammer, Ralph Tischer, Geschäftsführer, und Hans-Theodor Kutsch, Vizepräsident.

Andreas Renschler und Leif Östling von Svenskt Näringsliv.

Olof Persson, Jan Brockmann und Andreas Renschler

Andreas Renschler im Gespräch mit Olof Persson und Vorstandsmitglied Jan Brockmann.

v.l.: Olof Persson, Andreas Renschler, Staffan Bohman und Ralph Tischer.

Nach dem Seminar gab es Zeit für persönliche Gespräche. Hier Ewa Johansson von Tacton.

Auch Hans Olofsson von Scania war beim Get-Together dabei.

Andreas Renschler: Smarte Mobilität macht die Welt besser

27.04.2017

Von Menschen verursachte Fehler, ineffektiv verteilte Ressourcen und negative Auswirkungen auf die Umwelt – die Digitalisierung kann alle diese Mängel des heutigen Verkehrssystems beseitigen. Dies sagte Andreas Renschler, Chef der Truck- und Bus-Sparte von Volkswagen und Scanias Aufsichtsratsvorsitzender, bei Deutschland im Dialog im Anschluss an die Jahrestagung der Deutsch-Schwedischen Handelskammer vergangenen Montag. Er beschrieb, wie Mobilität in den nächsten 20 Jahren deutlich effektiver, sicherer und umweltfreundlicher werden wird.

„Für die Wirtschaft der Zukunft bilden Daten die Grundlage. Geschäftsmodelle, die auf die Nutzung von Daten aufgebaut sind, florieren und werden künftig noch weiter wachsen. Mithilfe von Daten und den richtigen Werkzeugen können wir ein effektiveres und harmonischeres Verkehrssystem kreieren“, sagte Andreas Renschler.

In seiner Rede beim Deutschland im Dialog-Seminar im Stockholmer Filminstitut gab er den über 200 Gästen aus Mitgliedsunternehmen der Deutsch-Schwedischen Handelskammer, Transportbranche und Presse einen Einblick, wie die smarten und nachhaltigen Mobilitätslösungen der Zukunft aussehen könnten und was erforderlich ist, um diese Wirklichkeit werden zu lassen. Vieles ist bereits heute vorhanden.

„An Lösungen für die großen Herausforderungen, die wir aktuell im Verkehr sehen, sind wir näher dran, als man vielleicht glauben mag. Scania testet beispielsweise bereits jetzt autonom fahrende Lkw in abgegrenzten Bereichen wie Bergwerken oder Häfen. Bald werden wir die ersten ‚Lkw-Platoons‘ auf öffentliche Straßen bringen, die Container zwischen mehreren Häfen in Singapur hin- und hertransportieren. Dabei fährt ein Lkw mit Fahrer vorweg, der die Strecke und die Geschwindigkeit vorgibt. Bis zu drei weitere folgen in geringem Abstand vollkommen automatisiert. Dies werden wir schon ab 2020 in großem Stil auf unseren Straßen sehen. Daten und die neuen technischen Möglichkeiten gestatten es uns, in völlig neuen Bahnen zu denken“, sagte Andreas Renschler.

Lösungen bereits verfügbar

Auch was die Umstellung zu einem saubereren und klimaschonenderen Transportsektor angeht, sind viele Lösungen bereits heute verfügbar. Dass ihnen bisher noch nicht der richtige Durchbruch gelungen ist, liegt zu einem großen Teil an den gesetzlichen Regulierungen, die es zu den verschiedenen Antriebsformen und Treibstoffen gibt, so Henrik Henriksson, Geschäftsführer und Konzernchef von Scania, bei der Podiumsdiskussion im Anschluss an Andreas Renschlers Rede:

„Fossile Treibstoffe werden nicht in gleichem Maße unter die Lupe genommen wie Bio-Kraftstoffe. Wenn wir ein Regelwerk hinbekämen, das für erneuerbare Alternativen die gleichen Voraussetzungen schafft wie für fossile, könnten wir die Fossilfrage mit einem Mal lösen. Es ist zum Beispiel unbegreiflich, dass Bioethanol gleichermaßen besteuert wird wie Trink-Alkohol. So schafft man keine nachhaltige Mobilität. Dann gibt es natürlich auch viele, die sagen, dass es nicht genug Ackerfläche gibt, um Essen für alle Menschen und gleichzeitig Pflanzen für die Kraftstoffproduktion anzubauen. Aber das stimmt nicht. In Europa bezahlen wir ja Bauern dafür, dass sie bestimmte Flächen brach liegen lassen. Da gibt es große Areale, die man nutzen könnte.“

Henriksson und die anderen Diskussionsteilnehmer betonten übereinstimmend, dass viele verschiedene Kraftstoffvarianten notwendig sind, um die Umstellung auf klimafreundliche Mobilität zu schaffen. Schwere Lkw werden beispielsweise auf überschaubare Zeit auf langen Strecken noch nicht alleine mit Stromantrieb fahren können. Die dafür notwendigen Batterien wären so schwer, dass die Lastkapazitäten und damit auch die Effektivität drastisch sinken würden. Stattdessen könnten Biogas, Brennstoffzellen, Erdgas oder Hybridlösungen bessere Alternativen darstellen – und Batterien für kurze Strecken wie beispielsweise im Innenstadtverkehr.

„Nullvision“ für Emissionen

Die Herausforderung, von fossilen Ressourcen wegzukommen und die Emissionen kräftig zu senken, erfordert enge Zusammenarbeit, meinte die Generaldirektorin der schwedischen Verkehrsbehörde Trafikverket, Lena Erixon.

„Wir haben hier in Schweden eine eindeutige ‚Nullvision‘ für schwere Verkehrsunfälle. Seit diese eingeführt wurde, ist die Zahl der Unfälle mit Todesfolge drastisch gesunken, obwohl das Verkehrsaufkommen in der gleichen Zeit zugenommen hat. Geschafft haben wir das durch Forschung und Investitionen in die Infrastruktur. Zusammen haben wir eine große Veränderung hinbekommen. Das Gleiche können wir nun auch in der Nachhaltigkeitsfrage tun. Hersteller wie Scania tun bereits viel, wir tun viel und andere auch, aber wir könnten noch viel mehr gemeinsam schaffen. Die schwedische Regierung hat sehr ambitionierte Klimaziele aufgestellt. Um diese zu erreichen, müssen wir zusammenarbeiten, Mut beweisen, verschiedene Lösungen zu testen, Lehren daraus ziehen und sie dann auf breiter Front implementieren. Es gibt hier keine Wunderwaffe, deshalb ist es wichtig, dass wir die Herausforderung Schritt für Schritt angehen“, sagte sie.

Kürzere Innovationszyklen vonnöten

Alle diese Veränderungen brauchen Zeit. Die Frage ist jedoch, ob es momentan nicht zu langsam vorangeht – sowohl im Hinblick auf den Klimawandel, der eine schnelle Umstellung notwendig macht, als auch in Sachen Digitalisierung, die es Start-up-Unternehmen mit datenbasierten Geschäftsmodellen und kurzen Entscheidungswegen ermöglicht, schnell zu wachsen und den etablierten Akteuren Marktanteile abzujagen.

„Heutzutage dauert es viel zu lange, bis Forschungsergebnisse aus den Universitäten in marktreife Produkte umgesetzt werden. Wir können uns einfach keine Forschungsprogramme mehr leisten, die sich über zehn Jahre erstrecken, bevor sie brauchbare Ergebnisse produzieren. Stattdessen müssen wir eine Form für eine engere Zusammenarbeit zwischen Hochschulen und Wirtschaft finden, bei der man ständig Kontakt hält und so die Zeit verkürzt, in der Innovationen entstehen“, sagte Torbjörn Lundahl, der bei Ericsson das schwedische Forschungs- und Industriekooperationsprogramm für den neuen Mobilfunkstandard 5G leitet.

„In der digitalen Welt sollte man ‚alten’ Organisationen nicht den Auftrag geben, Veränderungsprozesse voranzutreiben. Mit der traditionellen Arbeitsweise, die wir in unserer und anderen Branchen bisher an den Tag gelegt haben, kann man keine neuartigen Geschäftsmodelle entwickeln. Daher ist es am besten, wenn man dafür neue Strukturen schafft“, fügte Andreas Renschler hinzu.

Ängste der Menschen ernst nehmen

Aber auch die besten technischen Lösungen erfordern, dass sie von den Menschen, die sie nutzen oder von ihnen profitieren sollen, angenommen werden. „Wir müssen immer und überall die Menschen mitnehmen. Große Umwälzungen wie die Digitalisierung, die Umstellung auf nachhaltiges Wirtschaften und andere Dinge, die momentan in der Welt vor sich gehen, machen vielen Leuten Angst. Diese Ängste müssen wir überwinden und den Menschen klarmachen, dass die Entwicklung eine Chance ist. Dies ist eine der größten und wichtigsten Aufgaben bei jeder Umwälzung“, betonte Andreas Renschler und erhielt dafür spontanen Applaus von den Zuhörern.

Er berichtete, dass Flugzeughersteller bereits heute Maschinen haben, die autonom ohne Pilot fliegen können, und fragte die Gäste der Veranstaltung, ob sie es wagen würden, in ein solches einzusteigen. Nicht allzu viele hoben ihre Hand.

„Ein Systemcrash ist irritierend, wenn der Computer zu Hause betroffen ist – aber wenn so etwas in einem selbstfahrenden Auto auf einer Autobahn passiert, sind die Folgen natürlich direkt erheblich schwerwiegender. Die Wahrheit ist jedoch, dass das Unfallrisiko viel höher ist, wenn Menschen Fahr- und Flugzeuge steuern. Der Fahrer ist die ‚Komponente‘ des Fahrzeugs, die am fehleranfälligsten ist. Heute sind über 90 Prozent aller Unfälle auf menschliches Versagen zurückzuführen. Wir arbeiten unermüdlich daran, unsere Fahrzeuge noch sicherer zu machen – da müssen wir irgendwann auch über die Rolle des Fahrers sprechen“, sagte Andreas Renschler.

Zusammenarbeit soll Richtung vorgeben

Für die Zukunft sollten wir uns also darauf vorbereiten, selbstfahrenden Autos, Bussen, Zügen und Flugzeugen zu begegnen, die laufend mit ihrer Umgebung kommunizieren und Personen und Güter auf eine effektive und umweltfreundliche Art und Weise von A nach B transportieren.

Sowohl in Deutschland als auch in Schweden arbeitet man daran, diese Vision Wirklichkeit werden zu lassen. Mithilfe des kürzlich ins Leben gerufenen German Swedish Tech Forum soll die Zusammenarbeit zwischen den Ländern intensiviert werden.

„Deutschland und Schweden haben beide Stärken in den Bereichen Transport/Automotive und Produktion. Hier haben wir die Möglichkeit, global die Richtung vorzugeben – und diese Chance sollten wir nutzen“, sagte Torbjörn Lundahl.

„Schweden ist stark in Sachen Innovation, aber wir sind nur ein kleines Land. Wir müssen näher an die herankommen, die auf Europa- und Weltebene die großen Entscheidungen treffen. Daher ist es gut, mit Deutschland zusammenzuarbeiten. Wir können gute Tandempartner werden“, betonte Henrik Henriksson.

„Es ist nur von Vorteil, wenn mehrere Länder daran arbeiten, Antworten auf die großen Fragen unserer Zeit zu finden. Ich bin schon viele Jahre in globalen Unternehmen tätig und habe gesehen, was passiert, wenn Menschen aus verschiedenen Kulturen und mit unterschiedlichen Erfahrungen zusammenarbeiten, um gemeinsame Ziele zu erreichen. So etwas setzt Kreativität und Kraft in einer Größenordnung frei, die ihresgleichen sucht“, schloss Andreas Renschler ab.

Deutschland im Dialog (Tyskland i dialog) ist das Forum der Deutsch-Schwedischen Handelskammer für wirtschaftspolitische Fragen. Hochrangige deutsche Vertreter aus Wirtschaft, Politik und Forschung diskutieren aktuelle Themen mit Entscheidungsträgern aus Schweden.